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Alt 06.03.2014, 17:47   #111
Josh Holiday
Junior Member
 
Registriert seit: 02/2014
Beiträge: 35
Ich seh schon, mit Diskussionen komme ich da nicht so richtig weiter... vielleicht sollte ich wirklich mal mit dem Beltz Verlag reden, und mein Wissen durchstrukturieren und dann sinnvoll gegliedert in ein Buch gießen...

Ich probier das mal zu beschreiben... mit "Quantifizierung" meine ich, dass wir die Schüler zu wandelnden Lexika oder Wörterbüchern trainieren. Aber sie "bilden" sich nicht. "Bilden" würde bedeuten, dass sie in die Lage kämen, selbständig das Gelernte anzuwenden, und auch in ihrer eigenen Lebenswirklichkeit, außerhalb der Schule zu erkennen.
Die Folge ist dann, dass sie durchaus gute Noten erreichen, aber die Unterrichtsinhalte als praktische Kompetenzen eigentlich "verpuffen". Sie machen nichtmal in demselben Fach den transfer zwischen zwei Unterrichtseinheiten. Beispiel: Gebrochen rationale Funktionen in Mathematik. Das sind Formeln in einem Bruch, also kann man die Bruchrechnung z.B. zum Kürzen anwenden. Da kommen die Schüler aber nicht drauf. Und das liegt daran, dass die Methodenkompetenz im Kapitel "Bruchrechnung" in der Mittelstufe weniger trainiert wurde, als die eigentliche Rechenoperation, die wegen des geringen Korrekturaufwandes und der leichteren Ergebnissicherung bis zum überdruß geübt wurde. Wissen nicht nur haben, sondern auch anwenden ist ja das Ziel (steht auch so ähnlich im Lehrplan).
Und die Schuld dafür hat nie der Schüler, sondern immer die Lehrkraft. Und wenn diese Schuld auffallend viele Lehrer trifft, dann ist an deren Ausbildung wohl etwas nicht richtig.

In Deutschland gibt es kaum Studien, die überhaupt nach sowas fragen. In anderen Ländern schon. Man muss ja das Rad nicht neu erfinden. Aber wir machen in der Bildungspolitik lieber die Fehler anderer Länder erstmal selbst, anstatt zu versuchen auch aus deren Fehlern zu lernen und es vielleicht gleich besser zu machen.

Der Punkt der Lernmotivation, du schreibst ich sei da Fachmann. Ich muss dich leider enttäuschen, ich hatte dazu 2 Vorlesungen und 2 Seminare, dann war das Studium fertig. Du sprichst es direkt danach an "Du denkst zu sehr in Modellen". ich habe an der Uni nichts weiteres gelernt. Modelle über Kinder- und Lernpsychologie, abstrahiert, streng wissenschaftlich, verallgemeinert. Ohne Praxisbezug, ohne Anwendungsbeispiele. Geprüft wurde dann in der Klausur dazu nicht, ob ich da was sinnvolles draus gelernt habe, sondern die Namen der Urheber der Studien, die Jahreszahlen wann sie gemacht wurden etc. So läuft deutsche Lehrerausbildung.
Das ist ja das was ich kritisiere. Ich finde eben, die sollten lieber ihren Job lernen. Meine Unterrichtsstunden sind erfolgreicher, als bei etlichen Kollegen, weil ich vorm Studium Heilerzieher gelernt habe. Da habe ich besser unterrichten gelernt, als in der Lehrerausbildung, weil die gleichen pädagogischen Grundlagen besprochen wurden, aber eben mit praktischem Bezug.

Zur Frage mit dem Postcolonialism als Unterrichtsthema und warum nicht:
ich würde das sogar gern mal unterrichten. Ich glaube da kann man so spannende Fragen draus entwickeln, dass die Schüler das begeistert aufnehmen würden.
Aber da steht die Politik im Weg, die "output orientierte Bildung" verlangt. Die Schüler sollen bitte wirtschaftlich verwertbare Verhandlungskompetenz auf Englisch erwerben, keine gesellschaftskritischen, geisteswissenschaftlichen Konzepte, die sie dann womöglich auch noch selbständig auf die eigene Gesellschaft anwenden könnten.
Vorstellbar wäre aber vielleicht auf Dauer, dass man im Rahmen von den neuen "Profiloberstufen" zwei verschiedene Sprachprofile anbieten kann. Für Altsprachler mit Latein und Englisch z.B. mehr ein Sprachwissenschaftliches Profil, weil sich das super ergänzen würde, und für moderne Sprachen wie Englisch und Französisch/Spanisch/Dänisch ein Kultur- und Literaturwissenschaftliches Profil. Das wäre ein schöner Kompromiss. Oder wir machen beides, und das Abi erst nach dem 15. Schuljahr oder so.

Wir haben eben auf etlichen Seiten einen Lehrplan, der sämtliche Kompetenzen ausdifferenziert und beschreibt, und auch gleich sagt, in welcher Klassenstufe sie wie weit vorhanden sein müssen. Dazu kommen dann für die Zentralprüfungen die "thematischen Schwerpunkte", die dann sogar genau festlegen welche Texte die Schüler zu lesen haben. So wie früher "Would you rather like to read "The catcher in the rye" or "Pride an prejudice"? sind nicht mehr möglich, heute wird das von der Behörde einfach festgelegt nach dem Motto "Klasse 12, 1. Halbjahr liest "Edgar Allan Poe: The Fall of the House of Usher".

Wenn Du das mit einer Partei diskutieren kannst, dann stell bitte mal die Frage, ob man die Bildung den wirklich unbedingt so massiv standardisieren muss. Ein Schüler der zu smart ist, wird so einfach oben begrenzt, und einer der nicht smart genug ist unten und am Ende sind wir dann wie im Pete Seeger song "Little Boxes, all the same"? Den Protestsong gegen die Amerikanische Oberschicht gibt es auch schon seit den 1960ern..
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