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Alt 25.03.2006, 13:10  
Toktok
night strike specialist
 
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Beiträge: 5.545
Zitat:
Zitat von Kuhfladen
toktok, extra für dich:
http://www.welt.de/data/2004/11/18/362018.html

wenn die islamischen verbände in deutschland sagen es wäre anders, dann ist es entweder nicht so ganz die wahrheit, oder sie legen ihre religion mittlerweile sehr tolerant aus, nur glauben mag ich daran offen gestanden nicht wirklich.
Richtig, Kuhfladen, es könnte sein, dass die Vertreter der Muslimverbände hier nicht ganz die Wahrheit sagen, und es könnte sein, dass sie ihre Religion mittlerweile toleranter und zeitgemäßer auslegen, als konservativere, traditionellere Muslime.
Einen weitere Möglichkeit, die als Aspekt für diese vermeintliche Widersprüchlichkeit in Frage käme, lässt du allerdings völlig aus, nämlich den, dass der Welt-Artikel entweder ungenau, oder nicht neutral ist. Und wer will schon bestreiten, dass auch eine relativ seriös daher kommende Zeitung wie die Welt eine bestimmte politische Gesinnung vertreten könnte? Im Allgemeinen gilt die Welt immerhin als sehr konservativ, und das zeigt sich auch deutlich in den meisten Artikeln, die dieses Blatt zu sozialen und politischen Themen veröffentlicht, und die selbstverständlich auch dessen Leserschaft aus dem überwiegend bürgerlichen Spektrum berücksichtigen.

Wir haben also (mindestens) drei Möglichkeiten: Die Muslimverbände lügen, lügen nicht, oder die Berichterstattung über Dinge, die mit dem Islam (im Grunde auch mit irgendetwas Beliebigem) zusammenhängen, ist nicht immer neutral und zutreffend.

Zitat:
Zitat von Kuhfladen
Ich habe diesen Artikel nicht ganz gelesen, denn er erschien mir von Anfang an als ziemlich reißerisch. Ein drogensüchtiger, schwerkrimineller Moslem, der im Knast zum Christentum konvertiert -- wenn der sich mal nicht schon vorher äußerst unislamisch verhalten hat.
Aufgehört habe ich beim Satz, Mohammed soll dieses und jenes gesagt, bzw. angeordnet haben. Wir befinden uns also offenbar in der Welt der Spekulation, des Glaubens, der völlig ungesicherten Erkenntnisse, der Mutmaßungen und Unterstellungen. Abermals werden angebliche Äußerungen des Propheten, die oft erst geraume Zeit nach seinem Tod fixiert wurden und schon deshalb als zweifelhaft eingestuft werden müssten, aus ihrem historischen und textlichem Kontext gerissen, um jene Sachverhalte zu belegen, die auf eigenen, vorgefassten Annahmen beruhen. Verstehe mich nicht falsch; das macht die islamische Jurisprudenz für die Entwicklung der Scharia auch, denn was das Leben und Wirken des letzten Propheten des Islams angeht, hat man auch keine andere Wahl. Aber deshalb unterscheiden sich die zahlreichen Auslegungen und Rechtsgutachten der Gelehrten der jeweiligen islamischen Glaubensrichtungen mitunter auch wesentlich (selbst schon innerhalb einer Richtung), sowohl in Bezug auf ihre Koranexegese, als auch auf die der Hadithe, die die Grundlage für die Sunna bilden.

Das stellst du im Folgenden auch fest:

Zitat:
Zitat von Kuhfladen
anscheinend gibt es große unterschiede in der auslegung des koran und den eindeutigen formulierungen die mohamed angeblich getan hat.
es geht ja nicht um das was im koran geschrieben steht, so wie in der bibel, sondern um das was praktiziert wird. und hier erkenne ich sehr starke anzeichen das das wort mohameds am stärksten wiegt.
Praktiziert werden jedoch ganz unterschiedliche Dinge, gerade wegen den unterschiedlichen Auslegungen des Koran und der Sunna.
Ich will gar nicht bestreiten, dass die Todesstrafe für Apostasie in mehreren Ländern praktiziert wird, und sicherlich gibt es auch in nicht-islamischen Ländern mitunter Muslime, die diese radikale Auslegung der Scharia nicht nur befürworten, sondern am liebsten auch verwirklicht sehen wollen. Mit diesen Menschen muss sich der Rechtsstaat mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln selbstverständlich konsequent befassen.

Zitat:
Zitat von Kuhfladen
oder hier:

http://de.wikipedia.org/wiki/Glaubensfreiheit

eindeutiger gehts doch kaum noch. wie kann also ein überzeugter moslem etwas anderes behaupten?
Es scheint, als sehe der Koran für Apostasie eine Bestrafung im Jenseits vor, also erst vor Gott (bzw. Allah). Bestimmte Auslegungen der Scharia, also der islamischen Rechtsordnung, wie sie in verschiedenen Ländern von der islamischen Jurisprudenz entwickelt wurde, beinhalten jedoch zum Teil die Todesstrafe (und andere) für Apostasie.

Hast du übrigens den Text im roten Kasten dieser, obiger Wiki-Seite gelesen und bist du mal den Links gefolgt? Auf der Diskussions-, bzw. Neutralitätsseite zu diesem Artikel wird u. a. kritisiert, dass besonders der Teil über Glaubensfreiheit im Islam nicht neutral, sondern tendenziell islamophob sei. Auf Anhieb konnte ich das jedoch nicht erkennen, ist er im Vergleich zum Abschnitt über das Christentum doch geradezu harmlos, aber möglicherweise bedarf er dennoch einer Überarbeitung.

Mich beschleicht der Eindruck, als sei der Wunsch nach Aufrechterhaltung solch rückständiger Relikte wie der Todesstrafe für Apostasie durch bestimmte, islamische Kräfte nicht unbedingt eine Folge von konsequenter und zuverlässig trefflicher Koran-, bzw. Sunna-Exegese. Vielmehr scheint dieses Bedürfnis auch mit einer Angst vor Verlust ganz weltlicher Macht einher zu gehen.
Ein anderes Beispiel dafür, als die Todesstrafe für Apostasie, erkenne ich in der Angelegenheit um das iranische Atomprogramm. Auch wenn es nicht zweifelsfrei erwiesen ist, dass der Iran die Entwicklung von Atomwaffen betreibt, ist es doch zumindest aufgrund mehrerer Faktoren möglich, dass er deren Besitz anstreben könnte. Nun gibt es allerdings ein Fatwa des obersten religiösen Gelehrten des Iran, Ayatollah Chamenei, das die Entwicklung, den Erwerb und den Einsatz von Atomwaffen verbietet, weil es mit dem Islam unvereinbar sei. Da bleibt ebenfalls die Frage, was der iranischen Führungsriege als wichtiger erscheint: religiöse, oder schnöde, weltliche Macht?
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