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Alt 04.05.2006, 01:50  
Toktok
night strike specialist
 
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Beiträge: 5.545
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Zitat von Kuhfladen
betrachtet man die gefahren des islamischen terrors und die gefahren die jedes neue land das atomwaffen anstrebt oder besitzt, dann dürfte spätestens in diesem jahrtausend klar geworden sein das sich die bedrohungen in dieser welt verlagert haben. peter scholl latour hat bereits vor über 20 jahren erkannt das der islamische terror zur größten bedrohung der westlich zivilisierten welt wird.
Auch ein Scholl-Latour kritisiert die Kriege in Afghanistan und im Irak.
Kritiker werfen ihm übrigens vor, "durch undifferenzierte Sichtweisen bestehende Feindbilder aufrechtzuerhalten und alte Ängste zu schüren. Inhaltlich und stilistisch sahen Kritiker auch Parallelen zum klassischen Kolonialroman (vergl. etwa Verena Klemm, Karin Hörner (Hg.): Das Schwert des Experten - Peter Scholl-Latours verzerrtes Araber- und Islambild, Heidelberg 1993)." (Wikipedia) Scholl-Latours Befürworter verweisen darauf, dass sich seine von dir genannte Befürchtung und Warnung mit den Anschlägen vom 11. September bestätigt hätte.

Vor 20 Jahren hat Scholl-Latour diese Befürchtung also schon geäußert. Was könnten dafür wohl die Ursachen gewesen sein? Überhaupt sollten wir öfter nach den Ursachen fragen.
Vor 20 Jahren. Das war so ziemlich exakt die Zeit, in der die U.S.A. den blutrünstigen pakistanischen General und Diktator Zia ul-Haq (dessen Militärregime dauerte von 1977 bis 1988) mit enormen finanziellen und materiellen (vor allem Waffen) Mitteln unterstützte. In den Korankursen und religiösen Schulen zog Zia ul-Haq mit dieser Unterstützung die Taliban groß.
Osama Bin Ladin war damals ein Mudjaheddin-Guerilla-Führer, der zwischen 1980 und 1988 mit Unterstützung der CIA die Rote Armee in Afghanistan bekämpfte.
Scholl-Latour hatte also schon damals die vor diesem Hintergrund gut nachvollziehbare Befürchtung, dass diese Mordprediger, die die CIA derzeit großgezogen hat - und die der ganze Westen damals als furchtlose Gotteskrieger verehrte und glorifizierte - irgendwann ein mal zum Verhängnis werden könnten.

Gar nicht mal so dumm, dieser Scholl-Latour, nicht wahr?

Es ist ein Faktum, dass die U.S.A. mit ihrer damaligen Außenpolitik der Einkreisung der Sowjetunion, also der Förderung einer islamischen Erhebung in den islamischen sowjetischen Republiken gegen das damalige "Reich des Bösen" (der kommunistische Osten) genau die Kraft ist, die den Djihadismus ins Leben gerufen hat.

Zitat:
Zitat von Kuhfladen
tatsache ist doch das die usa sich sofort zurückziehen könnten ohne das es den effekt hätte das irgendetwas besser würde?
Du kannst nicht etwas als tatsächliche Folge eines Ereignisses verkaufen wollen, welches gar nicht stattgefunden hat.
Fakt ist, dass das irakische Volk mit großer Mehrheit offensichtlich davon überzeugt ist, dass ein Rückzug der Truppen zu baldiger Besserung sowohl der Sicherheitslage insgesamt, als auch der Funktionsfähigkeit des Staatswesens führen würde.

Zitat:
Zitat von Kuhfladen
mag ja sein das 70% der iraker die alliierten als besatzer und unerwünscht empfinden. aber warum tun sie das? ist es nicht normal das jeder ein problem damit hat wenn fremde das land kontrollieren und dann auch noch im religiösen sinne ganz und gar anders sind?
Selbstverständlich ist das "normal", bzw. anders gesagt: nachvollziehbar. Das Ereignis der wiederrechtlichen Okkupation eines Landes durch kulturell Fremde ist sicherlich nicht normal, und das darf es auch niemals werden.

Zitat:
Zitat von Kuhfladen
es ist doch im grunde fatal. einerseits befreien die alliierten das irakische volk von einem schreckensherrscher, andererseits sind es dann genau die, die mit am meisten unter ihm gelitten haben die nun ihre befreier bekämpfen. und warum das ganze? es geht wieder um macht und kontrolle.
Macht und Kontrolle spielen sicherlich eine Rolle. Das Fatale an der Sache ist jedoch nicht, dass jene, die unter Hussain gelitten haben, nun ihre Befreier bekämpfen, um selbst die Kontrolle zu übernehmen. Das ist eher verständlich. Die Iraker wollen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und nicht von einer Besatzungsmacht kontrolliert werden.
Das Fatale ist viel mehr, dass die Befreiten, die unter Hussain gelitten haben, unter der Besatzung mitunter noch stärker leiden. Das Risiko beispielsweise, eines nicht natürlichen Todes zu sterben, ist seit der Invasion fast hundertfach so hoch, wie unter Hussain. Und die Zahl der Zivilisten, die durch militärische Aktionen der Besatzungstruppen ums Leben kommen, ist groß, denn es wird leider nicht nur auf Terroristen, oder in die Luft geschossen, auch wenn es mir manchmal so vorkommt, als würdet ihr davon ausgehen.
Weißer Phosphor, oder Cluster-Bomben, um nur zwei von den Besatzern eingesetzte, verhehrende Kampfmittel zu nennen, machen keine Unterscheidung zwischen Zivilisten und Kombattanten.
Leider ist das erhöhte Todesrisiko nur zu einem kleineren Teil den terroristischen Anschlägen geschuldet. Beschaffe dir die Lancet-Studie, dort kannst du alles ausführlich nachlesen.

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Zitat von Kuhfladen
aber genau das wirft man nun den usa vor. ist doch seltsam das ausgerechnet die, die ihr leben geopfert haben und immer noch opfern in die täterrolle gedrängt werden.
Nun, ich würde die eigentlichen Täter eher in den Hintermännern, den Verantwortlichen, sehen. Bush, Rumsfeld, Cheney, Rice und Co.
Wer einen widerrechtlichen Angriffskrieg führt, oder ihn befiehlt, ist ein Täter und kein Opfer.
Die Iraker haben die Invasoren nicht darum gebeten, sie und ihr Land mit einem Krieg zu überziehen. Damals, als eine wirklich demokratische Bewegung im Volk entstand, 1991, wurde um Hilfe gebeten, die der Westen, allen voran die U.S.A., jedoch verweigert hat.

Zitat:
Zitat von Kuhfladen
niemand sagt das sie alles richtig gemacht, das es keine greueltaten, das es keine unschuldigen opfer gegeben hat. aber wie soll es auch gehen wenn man trotzdem permanent unter beschuß gerät und an der realisierung des zieles, eines freien, friedlichen und unabhängigen iraks gehindert wird? man bedenke mal wer ein interesse daran hat dieses umstand herbei zu führen.
Frei, friedlich, unabhängig? Das ist lediglich der Vorwand. Das Ziel ist: Kontrolle über die Energieressourcen, also unbeschränkter und dauerhafter Zugang zum Öl als dem Lebenselixir der industrialisierten Länder des Westens. Hierfür ist die dauerhafte militärische Präsenz hilfreich.
Schon den ersten Krieg der damals verkündeten "neuen Weltordnung" der Bush-Administration (damals noch Bush-seniors), Kuwait 1990/91, hat die U.S.A. dazu genutzt, ihre militärische Präsenz im Nahen Osten deutlich auszubauen.

Zitat:
Zitat von Kuhfladen
das primärziel, die entmachtung saddams, ist geglückt.
Richtig, und Wahlprozesse lassen sich ebenfalls organisieren. Eine Farce sondergleichen.

Zitat:
Zitat von Kuhfladen
das auf diesen zug nun aber die aufgesprungen sind die sich vorher nicht getraut haben bzw. das es in ihr kalkül passt dem großen feind eins auszuwischen dürfte nicht ernsthaft verwundern. wer das aber doch tut und sich dabei ausschließlich auf fehler der usa beruft, der spielt nur denen in die hand die einen friedlichen irak auf einer demokratischen basis verhindern wollen!!!

ganz ehrlich, dieses ganze herumhantieren mit irgendwelchen zahlen oder statistiken ist für die katz.
kann man tote aufrechnen? nein, kann man nicht!
der irak birgt zum einen eine tragödie, auf der anderen eine riesenchance.
ein teil der tragödie ist es allerdings das sich leute davon anstecken lassen die kollektivschuld den usa anzulasten, die immerhin diejenigen sind die ihre söhne und töchter ins feld schicken und die nicht selten dadurch mit dazu beitragen das wir und andere in freiheit leben können.
Hierzu möchte ich nur den hannoverschen Sozialwissenschaftler Gazi Caglar zitieren:

"Ob die USA aus dem neuesten "langen Feldzug" eines "John-Wayne-Machismos" zur praktisch-militärischen Anwendung vorgeblicher Menschenrechte als Sieger hervorgehen oder in diesem "irregulären Krieg" nur verlieren können, ob also der erklärte permanente Krieg der schnelle Start zum langen Abschied von der Supermachtsrolle sein wird, bleibt offen. Solange die USA nicht fundamental einschwenken und aufhören, ihre Verbrechen im Nahen und Mittleren Osten als Beglückungsprogramm für die islamische Welt hinzustellen, müssen sie wohl immer wieder mit dem Einbruch "plötzlichen" Hasses und dem Terror der Identitätspolitiken rechnen, der jedes Mal nur beweisen kann, dass auch der derzeitige Feind außerhalb jeglicher Ethik handelt, mit dem Unterschied, dass er nicht über internationale Foren verfügt, um seine kriminellen Aktionen zu rechtfertigen. Und solange wird humanes Denken wohl auch um die Opfer skrupelloser ökonomischer Interessen trauern und sich in Solidarität fühlen mit den Menschen, die angesichts der amerikanischen Aggression, deren Eskalationsrisiken und militärischen Ziele zynisch auch den Tod massenhaften amerikanischen Lebens einkalkulieren, massenhaft im Modus des Todes, der Flucht und des Hungers leben müssen."

Zitat:
Zitat von Kuhfladen
ja, die welt ist unsicherer geworden. aber die usa tragen nur einen geringeren teil dazu bei als es so manchem lieb ist.
Die U.S.A. provoziert und produziert Hass durch seine militärischen Aktionen, und zwar seit längerer Zeit und in besonderem Maß im Nahen und Mittleren Osten.

Geändert von Toktok (04.05.2006 um 02:16 Uhr)
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