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Alt 05.05.2006, 04:29  
Toktok
night strike specialist
 
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Beiträge: 5.545
Zitat:
Zitat von Grant
Abzug ja, aber erst, wenn Irak in der Lage ist, einen stabilen Staat ohne Terror zu halten. Für den Iran ist es hierbei enorm wichtig diesen Prozess möglichst lange aufzuhalten und viel Leid zu verursachen.
Grant, wenn du (Außen-)Politik nicht verstehst, höre auf deinen "echten Experten", Amir Taheri, und lasse dich ganz fachmännisch beraten, denn in diesem Punkt hat er Recht: Der Iran ist an einem Erfolg der Amerikaner im Irak interessiert, also auch an Stabilität.

Die Gründe dafür, dass der Iran keineswegs daran interessiert ist, den Stabilisierungsprozess im Irak aufzuhalten, oder ihn durch das Verursachen von möglichst viel Leid in die Länge zu ziehen, sind derartig einfach beschaffen, dass es mich wundert, dass du nicht mal zu solch simplen Gedankengängen im Stande zu sein scheinst: Der Iran hofft, dass sich die Lage im Irak möglichst rasch stabilisiert, weil dann die Besatzer, von denen sich Iran massivst bedroht fühlt, abziehen könnten. Jede demokratische Regierung im Irak würde im Falle von Stabilität die militärischen Besatzer sofort dazu auffordern, ihr Land zu verlassen. Es gäbe in einem stabilen Irak absolut gar keine Legitimation mehr für eine militärische Präsenz der Besatzer, nicht mal mehr die letzte verbliebene: die Instabilität.
Der Iran wünscht sich nichts sehnlicher als Stabilität, also einen Erfolg der Besatzer im Irak, damit sie abziehen. Du schreibst ja selbst: "Abzug (...), wenn Irak in der Lage ist, einen stabilen Staat (...) zu halten." Für den Iran ginge eine Bedrohung verloren. Zwar ist er ohnehin ziemlich umzingelt von us-amerikanischen Militärbasen, aber ihm würde dennoch ein Stein vom Herzen fallen, wenn US-Militär ihn nicht auch noch von irakischer Seite durch ihre dortige Präsenz massiv bedrohen würde, so, wie es derzeitig der Fall ist.

Zitat:
Zitat von Grant
Ein stabiler irakischer Staat wäre kein Freund des Irans.
Aber selbstverständlich wäre er das! Staatsformen: identisch, sowohl Irak, als auch Iran sind islamische Republiken.

(Vielleicht solltest du die Artikel, die du hier verlinkst, ruhig mal selbst lesen: d: Im Deutschlandfunk-Interview mit dem ehemaligen Minister der Übergangsregierung, Othman, sagt dieser nämlich relativ klar und deutlich: "(...) es ist den Schiiten gelungen, ihren Vorschlag durchzusetzen und jetzt habe ich die Zeitung, die Verfassung ist veröffentlicht worden in Al-Sabah Zeitung. Hier steht, der Islam ist offizielle Staatsreligion und als Hauptquelle für die Legislation. [Anm.: D. h. es gilt die Scharia.] A) es muss kein Gesetz verabschiedet werden, die islamischen Dogma entgegen steht.
(...) viele Sachen sind hier verbrieft worden, um den Willen der überwiegenden Mehrheit der Iraker auch darzustellen. Überwiegend sind die Muslime, das ist klar und von Muslimen sind Schiiten. Und die wollen unbedingt, dass der Islam als Staatsreligion verbrieft wird. Und das ist auch ihnen gelungen."
)

Hinzu kommt, neben der identischen Staatsform, die identische, oder zumindest sehr ähnliche, religiöse Hauptglaubensrichtung in diesen benachbarten Ländern: Im Irak stellen die Schiiten die überwiegende Mehrheit der Iraker, mit einem Anteil von 60% bis 65%; im Iran haben die Zwölfer-Schiiten, also die Imamiten, 98% Anteil an der Bevölkerung.

Ein stabiler Irak, in dem eine Bevölkerungsmehrheit demokratischer- und verständlicherweise signifikanten Einfluss auf die Politik nähme, würde also mit hundertprozentiger Sicherheit freundschaftliche Beziehungen zum Iran aufbauen.
Was mich dabei so sicher macht? Es begann bereits unter Saddam Hussain. Da man kein zweites Mal gegen den Iran in den Krieg ziehen wollte, war es nur logisch, dass man sich schon unter Hussain wieder in Richtung freundschaftlicher Beziehungen orientierte. Man mochte sich nicht besonders, schließlich war Hussain - kein Schiit - an der Macht, aber das ist ja nun anders, also steht der irakisch-iranischen Freundschaft nur noch die Instabilität, maßgeblich verursacht durch sunnitischen Terror, im Weg.

Zitat:
Zitat von Grant
Ebenso wäre es katastrophal, wenn Palästina gut mit Israel auskommen würde. Dann würde der Zeitpunkt kommen, wo das iranische Volk den fundamentalistischen Staat stürzen könnte, ein Horrorszenario für alle Fundamentalisten. Wir sehen ja heute was mit Regimegegnern passiert.
Wenn "Palästina gut mit Israel auskommen würde", wie du so schön schreibst, also wenn der Israel-Palästina-Konflikt gelöst wäre, hätten auch die Amerikaner als selbsternannte Schutzmacht Israels wesentlich weniger Legitimationsgründe für den Ausbau ihrer militärischen Präsenz im Nahen Osten, die sie wiederum selbstverständlich auch zur Wahrung und Durchsetzung ihrer ganz eigenen Interessen in dieser Region nutzen. Diese liegen seit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg im unbeschränkten und dauerhaften Zugang zu den Energieressourcen des Nahen Ostens. Und wie wir alle wissen, weil wir es aus der Historie gelernt haben (na ja, du wahrscheinlich eher nicht), kann man strategische und ökonomische Interessen machtpolitisch bekanntlich nicht nur über die Stabilisierung befreundeter Diktaturen, sondern auch über eine Destabilisierungspolitik durchsetzen, über die sich als zusätzlicher Bonus besonders auch die eigene Waffenindustrie freut. Seit Jahren bedient sich Israels Schutzmacht schließlich einer Hinhaltetaktik bezüglich einer wirklichen Lösung des Palästina-Konflikts, und es scheint, als machten sie es im Irak genau so. Sie wollen dort schließlich permanent militärisch präsent bleiben, wegen des selben Ziels, welches sie schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg klar gemacht haben.

Hier kannst du, wenn du mal aufpassen würdest, richtig was lernen, Grantie. :d

Geändert von Toktok (05.05.2006 um 04:32 Uhr)
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