Thema: Selbstmord
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Alt 22.04.2008, 00:11  
Zeretor
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Beiträge: 4
Zuerst möchte ich zu diesem Thema Klaus Mann zitieren:
Das Leben ist fürchterlich, aber andererseits kennen wir nichts Besseres.

Ich glaube, dass das individuelle Suizidpotential stark von der Lebensanschauung geprägt ist. Es gab in den Beiträgen vor mir bereits viele Meinungen und Beispiele, hier jetzt also meine:

Das Leben ist nichts weiter als eine Bestätigung der Chaos-Theorie, die (sehr grob formuliert) besagt, das alle Prozesse ein Absinken des Energiezustandes bewirken. Wir sind also eine Form von Bioreaktoren... wer in der Biochemie bewandert ist, wird diesen Punkt wohl bestätigen.
Dieser Gedanke erscheint mir logisch, hat jedoch einen Fehler: Warum?

Das ist die Frage, die schon seit tausenden Jahren existiert: Warum?
Nun, mit denallgemeinen "menschlichen" Werten (Liebe, Gerechtigkeit usw) kann ich mich nicht identifizieren, ich sehe sie als vorübergehende Konstrukte eines menschlichen Intellekts, der verzweifelt versucht, eine Existenz zu rechtfertigen, die ohne Bedeutung oder Bestimmung ist.

Dies äußert sich u.a. durch viele Glaubensrichtungen. So wird in den Weltreligionen ein "Leben nach dem Tod" versprochen, da sich fast kein Mensch mit dem Gedanken abfinden kann, dass sein Bewusstsein einfach verlischt - ähnlich wie in den Momenten des Einschlafens - ohne jedoch wiederzukehren.

Glaube ist die Antwort auf Angst - und Angst resultiert immer aus Unwissen.
Es werden einfache "Fakten" vorgelegt, die noch dazu nicht geauer überdacht werden sollten (--> "Beleidigung der Religion XY" / früher "Ketzer" usw.).

Menschen, die über Suizid nachdenken, hinterfragen also gewissermaßen den Sinn des Lebens. Oftmals geschieht dies erst, wenn sie mit Problemen konfrontiert werden, die sie (zunächst) für unlösbar halten - Die Frage nach dem Sinn hinter der Anstrengung ist daher eine logische Schlussfolgerung.
Letzten Endes erwartet jeden von uns der Tod - wofür sollte man also warten und sinnlos Leid erdulden (--> besonders kranke und behinderte Menschen)?

Auf der anderen Seite könnte man (auf das einleitende Zitat bezogen) das Argument der fehlenden Alternativen vorbringen - und jeder ökonomisch denkende Mensch sieht die Differenz zwischen "nichts" und "immerhin da".

Wobei "ökonomisch denkend" eigentlich nicht ganz korrekt ist...
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass sämtliche Entscheidungen ausschließlich durch das Abwägen von Erfahrungen getroffen werden. Der "freie Wille" ist ein Konstrukt, dessen Sinn in der Einfachheit liegt: Das Gehirn sucht und interpretiert in Sekundenbruchteilen alle Erinnerungen, die zum Thema der Entscheidung vorliegen und wägt sie gegeneinander ab. Unsicherheit ist Ausdruck einer annähernden Gleichheit der pro/contra-Punkte. Da diese Prozesse unbewusst (schnell) ablaufen, wird das Ergebnis schlicht als "Wille" präsentiert.
Auch wenn dieser Absatz eventuell nicht fehlerfrei ist, so stimmt die Kernaussage garantiert - Gehirnforschungen ermöglichten die Kontrolle der Denkprozesse bis zu einem Grad, an dem die Sicherstellung möglich war.

Das Gefühl der Macht ist auch nicht unwichtig: Der Suizid stellt einen "Sieg" über den Tod dar, da Dieser für den Rest der Menschen eine latente Bedrohung darstellt, während der Selbstmord die ultimative Selbstbestimmung des Schicksals vortäuscht - nur, dass es dann kein Schicksal mehr gibt.

Auch gibt es Menschen, die "für eine gute Sache" sterben, also das Leben der momentanen Auffassung von "Gut und Böse" opfern. Allerdings sollte hierbei bedacht werden, dass die Chance auf Belohnung äußerst gering ist, auch wenn diverse Institutionen gern das Gegenteil behaupten.


Uff... ich merke, ich könnte ewig weiterschreiben - ganz davon abgesehen, dass ich diese Gedankensammlung gerne ordnen würde - aber ich muss morgen arbeiten... und so wichtig ist das hier nicht, dass ich meine 6h Schlaf dafür opfere Also verzeiht eventuelle (Rechtschreib-)fehler bitte.

PS: Konstruktive Kritik für jeden Punkt erwünscht, andere Meinungen ebenso - nur eine dynamische Weltanschauung ist in Diskussionen sinnvoll, verhärtete Fronten führen bestenfalls zu einem Streit.
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