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Alt 09.09.2009, 13:13  
GreenGoblin
Golden Member
 
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Hach ja...

Ziemlich Simpel ausgedrückt. Ja, das was dear_ly da forciert IST "Schubladendenken". Und erstmal, also "ohne Weiteres" ist das gar nicht so schlecht. Denn jeder tut es auf seine Weise.

Präziser nennt man es "kategorisieren", eine gängige Ausdrucksform des Vorurteils, welches niemals so negativ war, wie sein Ruf.

Wir greifen auf unsere eigenen Erfahrungen oder Erfahrungsberichten von Menschen, denen wir urteilsfähigkeit bescheinigen zurück und sortieren unsere Priorisierung. Ganz grob kommt da erstmal "Interessant, guck ich mir an" oder "Uninteressant, keinen weiteren Aufwand wert" bei raus. Das passiert i.d.R. rein visuell. Und es funktioniert sozusagen "sich-selbst-erfüllend". Menschen reagieren auf ein Erscheinungsbild und sympathisieren mit den Ansichten dieses Menschen. Oder eben nicht. Andere Menschen beobachten die Reaktion. Wollen sie diese Reaktion ebenfalls für sich erreichen, kleiden sie sich eben genauso. Oder halt nicht. Menschen kategorisieren und wollen kategorisiert werden. Jedenfalls immer dann, wenn ein bestimmter Kleidungsstil oder Ausdrucksform sich "durchsetzt" und Eindrücke hinterlässt, die ein mehrheitliches Feedback erlauben. Ganz einfach.

Wir machen das schon bei: Männern und Frauen. Großen und kleinen Menschen. Reichen und armen. Punks, Emos, Anzugträgern, nackten und Pelzträgern. Völlig normal, kein "Fingerzeig" nötig.

Allerdings: Wer den Dialog verweigert und sein "Klischee" für wahrer erachtet, als dieser Mensch, der da kategorisiert wurde, tatsächlich handelt oder sich äußert, der macht etwas falsch. Denn dann wird dieser Mensch falsch beurteilt und zwar wissentlich aus der Bequemlichkeit heraus sich nicht mit einer "neuen Wahrheit" auseinander setzen zu müssen, evtl. eine "neue Schublade" in seinem Schrank basteln zu müssen. Das wäre ignorant und fatal.

Skinheads wären das plakativste Beispiel dieser Ignoranz. In den 80er und 90er Jahren gab es sehr viel Unruhe ob dieser Ausdrucksform/Kleidungsstils die es lange Zeit vergeblich versucht hat ein ihr zugedachtes "Nazi-Image" wieder los zu werden. Menschen sahen:"Aha. Zu wenig Haare, Stiefel im Sommer. Verdammt, der wählt doch NPD." Während selbsternannte Skins aber niemals irgendein rechtes Gedankengut verbreitet haben. Erst danach traten sog. "Neo-Nazis" auf den Plan und sind prima in die gleiche, falsche Kerbe gesprungen und haben dem Ausdruck "Skin" die gleiche falsche Bedeutung gegeben, weil man es ihnen so vorgebetet hatte.

Die Moral dabei:

"Schubladen" sind toll. Sie helfen. Man kann einfach unmöglich jedem neuen Menschen die Gelegenheit geben sich ausführlich in seinem Denken und seinen Ansichten zu "präsentieren", damit man ein "echtes" und vollständiges Urteil bilden kann. Der Tag hat einfach nur 24 Stunden.
Aber jemand, der sich anbietet bitte doch "neu sortiert" zu werden, weil er sich falsch beurteilt fühlt sollte auch der Fairness halber eine Chance bekommen.
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