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Alt 04.03.1999, 04:10  
Forumsgast
 
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Hallo Sydney,
alles was Du schreibst, erinnert mich ein wenig an mich an meinen blödesten Tagen. Genau das ist es ja: man tut dem anderen weh, ruft nicht an, schaltet das Handy ab (weis, das es dem anderen weh tut) und wenn man dann Angesicht in Angesicht steht, tut einem alles leid (man möchte es sogar ungeschehen machen) und leugnet, daß irgendetwas mit Absicht gewesen sei.
Vielleicht gibt es gar keinen wirklichen Anlaß, weshalb Dein Freund gerade (wieder) so ist. Vielleicht hat sich bei ihm alles aufgestaut, alle diese -ich nenne es einfach mal Demütigungen- die er erlitten hat. (Männer sind Hypochonder, allesamt, wenn sie leiden, dann aber so richtig...)
Ein Mann muß um körperliche Liebe geben zu können ganz als Mann fühlen- attraktiv, begehrt.

Jede "Demütigung"- von "laß mich das machen, Du bist immer so langsam", bis "schneid Dir mal wieder die Fingernägel" oder beim Sex "nein, so doch nicht..." kann dazu führen, daß er sich bewußt, ganz sicher aber unbewußt nicht mehr als toller Mann fühlt, sondern nur noch als Lebensabschnittsbegleiter, Sozialdienstleister, Handwerker von Dienst, der neben Dir durchs Leben trottet.
Und was ich aus dem Buch von Gray mitgenommen habe: ohne innigen Sex stirbt die Liebe. Gray beschreibt in seinem Buch die Männer als die Menschen vom Mars, die im Laufe der Evolution immer die Jäger, die Krieger, die Beschützer waren, für die es überlebensnotwendig war, ohne Gefühle zu handeln.
Nur nach innigem Sex wird bei ihnen ein Hormon oder so ausgeschüttet, dass sie so fühlen läßt, wie sonst nur Frauen Liebe empfinden. Sex ist der Weg des Mannes, sich auszudrücken und Sex gibt ihm die verlorene Hälfte seines ichs wieder zurück, Gefühle.

Mehr dazu z.B. unter:
http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3442124875/r/028-6968631-6134269
und
http://marsvenus.de/media.html

Das bedeutet, daß nach einer Krise ein Teufelskreis beginnt: Vertrauensbruch - Anschuldigungen - Vorwürfe- Demütigung + untergrabenenes Männlichkeitsgefühl + kein Sex + keine Gefühle + keine Liebe + Zweifel auf beiden Seiten, gegenseitiges Weh tun- (ich weis es auch von meiner Freundin, das es Tages gab, an denen sie mir bewußt weh tun wollte...)
Eigentlich ist es einfach: man müßte allen frisch Verliebten beibringen, was sie da einmaliges haben und wie sie es bewahren sollten (...absolut illusorisch...)
Das heißt, das man eigentlich nach dem Gründen forschen müßte, weshalb ihr damals eine Krise hattet; alles was er und Du gerade erleben ist irgendwie darauf basiert.
Und mach es Dir nicht zu leicht. Lies vielleicht ein gutes Buch. Ich weis eine Menge über das Internet, Projektmanagement, französische Kunstgeschichte und Handy-Tarife- aber nichts über mein eigenes Gefühlsleben: Über alles haben wir schon Bücher und Journale ohne Ende gelesen, nur nicht über uns selbst und Gefühle.
Und wenn Du die Ursachen suchst: stelle alles in Frage.
Du hattest den Eindruck, das beim Sex immer alles stimmte? Das hatte meine Freundin auch. Für sie stimmte auch alles. Aber für mich nicht.

Es ist schwierig, sich in solchen Dingen zu verständigen: Wenn Du Deinem Freund ein Weihnachtsgeschenk im Otto-Katalog ankreuzt ("Bitte schenk mir das") ist das kein Geschenk mehr. Sondern Du erwartest, daß er aufmerksam "zwischen den Zeilen liest", was Du Dir wünschen könnest.
Irgendwann erwartest Du gar nicht mehr, das Du etwas geschenkt bekommst und gibst auch keine Fingerzeige mehr, sondern lebst Deine Wunsch-Phantasien nur noch alleine aus...
Aber im Innern sucht man weiter- unbewußt.
Vielleicht gab es in Deiner Beziehung verdeckte Krisen, von denen Du gar nicht wußtest, was da schwelt. Durchforsche Dein Gedächtnis ganz genau, nach keinen Fingerzeigen.
(dazu muß man ein gutes Gedächtnis für kleine Dinge haben, sonst funktioniert das nicht. Gab es da versteckte Hilferufe?)

Es gibt auch viele Leute, die sich (wie ich früher) einfach keine Gedanken machen, warum es nicht so toll ist. Gott ja, es läuft doch, für alle anderen ist man the national dream couple, warum sollte man sich da Gedanken machen, wenns schlimm wird kann man sich ja mal ein Video holen. Und die anderen Männer starren ja auch alle fremden Mädchen auf den Po...
Was Du so über Deinen Partner schreibst, scheint aber so, daß er eher wenig an der Konfliktlösung interessiert. Es gibt manchmal Leute, die sehr intelligent sind, aber emotional wirklich eher "einfach strukturiert" sind. Und das Du ihm "auf den Geist" gehst.
Ich kann gut nachvollziehen, das es langsam für Dich im Job schwierig wird. In meiner alten Agentur hatte ich eine ziehmlich wichtige Position, in dem Konzern, in dem ich jetzt arbeitet, kann ich mir z.Z. auch mal einen schlechten Tag leisten. Nicht dran zu denken, was ich mit Liebeskummer in meinem alten Job gemacht hätte...

Was Du jetzt machen sollst, weis ich auch nicht so richtig. Drei Tage, nachdem ich meiner Freundin gesagt habe, daß ich in eine andere verliebt bin, weinte sie vorwurfsvoll und sagte mir 10 mal am Tag, daß ich ihr gar nicht mehr sage, daß ich sie liebe. Und das tat ich ja in diesem Moment auch nicht.

Auch wenn er Dich gerade nicht liebt: das kann wieder werden, ganz sicher. Aber nur wenn er will.
Meine Schwester hat ihren Freund nach 3 Jahren jetzt vor die Tür gesetzt: ER hat sich einfach 3 Jahre lang nur bedienen lassen und nie wirklich nur irgendwie erkennen lassen, daß er sich um sie bemüht und Verantwortung übernehmen will. Und sie fühlt sich richtig gut jetzt.
Ich glaube das es gut ist, wenn man sich mitteilen kann (und Literaturtips bekommt), aber entscheiden kannst Du nur selbst.
Habt Ihr eine gemeinsame Wohnung oder könnest Du ihn vor die Tür setzen?