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Alt 07.06.2002, 08:07  
casandra
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Maenner und Frauen

Drei Expeditionsteilnehmer die 1764 Aegypten bereisten, bekamen etwas Ungeheurliches zu sehen. Einer der Maenner beschrieb das Schockierende spaeter mit "vorsichtigen Worten". Er war Zeuge geworden, wie einer Frau die Klitoris entfernt wurde - das Organ sollte "sich nicht erheben, wegen der Sittsamkeit".

Heute, mehr als 200 Jahre spaeter, werden immer noch pro Jahr mehrere Millionen Maedchen Opfer dieser barbarischen Verstuemmelungen. Unzaeh- lige Frauen leiden an den koerperlichen und seelischen Folgen der "sexuellen Blendung", wie ein arabischer Schriftsteller die Klitorisbeschenidung einmal nannte.

Dieses Ritual ist nur eines von vielen, mit denen in 30 Laendern der Dritten Welt der Wert von Frauen im doppelten Wortsinn brutal beschnitten wird. Und es ist nicht einmal die grausamste Methode.

In Indien z.B. muessen Jahr fuer Jahr rund 10.000 Frauen sterben, "weil sie fuer ihre Maenner keinen Wert mehr haben", erklärt die amerikanische Frauenrechtlerin Marylin French. "Fuer viele Inder ist die Ehe vor allem ein lukratives Geschaeft. Der Braetigam kassierte die Mitgift und fordert nach der Hochzeit weitere Geschenke". Wenn die finanziellen Ruecklagen der Frau erschoepft sind, wird die Frau aus dem Weg geraumt, damit der Mann sich nach einer neuen Braut mit Mitgift umschauen kann.

Dass Frauen als Menschen zweiter Klasse behandelt werden, hat eine jahrhundertelange Tradition. Noch heute werden in dem meisten Laendern der Erde Jungen bevorzugt, und noch immer werden unzaehlige weibliche Nachkommen abgetrieben oder getoetet. Warum diese Degration des weiblichen Geschlechtes?

Wenn Historiker, Soziologen und Religionswissenschaftler nach den Gruenden suchen, dann sagen sie: Dieser Prozess begann vor etwas 5000 Jahren mit der "Machtuebernahme des Mannes". Die maennliche Vormachtsstellung haenge mit dem Beginn des individuellen Eigentums zusammen.

Die ersten Besitzer von Privateigentum waren vermutlich nomadisierende Hirten. Nach Ansicht von Historikern hatten sie den Wunsch, ihren Besitz zu vererben. Im Gegensatz zur Frau aber, die stets wusste, dass das soeben geborene Kind ihr eigenes war, konnte sich der Mann seiner Vaterschaft, mithin seines leiblichen Nachfolgers, nie immer sicher sein.

Aus diesem Grund, sei die Annahme der Wissenschaftler, suchte der Mann nach Mitteln, die ihm die Treue der Ehefrau garantierten. So wusste er: Jedes von ihr geboren Kind konnte nur von ihm selbst abstammen. Zu diesen Mitteln gehörte die Verschleierung der Frau ebenso wie die Klitorisbeschneidung, die ihr die Lust an der Sexualität nahm.

Die "Machtübernahme des Mannes", so ergänzen Religionswissenschaftler, sei eingebettet in die Glaubensbekentnisse der fünf grossen Religionen. Judentum, Buddhismus, Konfuzianismus, Christentum und Isalm verlangten die Unterwerfung der Frau unter ein Wertesystem, das die natürliche šberlegenheit des Mannes propagierte.

Bekannt ist: Schon im Schöpfungsbericht der Bibel wird die Abhängigkeit der Frau vom Mann festgehalten. Und auch ihre Schuld: Die Frau ist die Verführerin, der Mann der Verführte, der entschuldigt, entlastet wird. "Die Frau die du mir gabst, Gab mir von der Frucht, und ich ass", verteidigt sich Adam vor Gott, der daraufhin Eva zum Gebären mit Schmerzen verdammt und zur Magd des Mannes macht: "Er soll Herr über dich sein".

Weniger bekannt ist, die jüdische Sündenfallgeschichte ist nicht einzigartig. Sie hat Parallelen sowohl im sumerischen als auch im buddhistischen Mythos.

Diese früheren Festlegungen blieben natürlich nicht ohne Folgen. "Die Frau ist nicht das Abbild Gottes, während allein der Mann Abbild Gottes ist", schrieb z.B. der Kirchenvater Augustinus (354-430). Und der bedeutende mitteralterliche Theologe Thomas von Aquin (um 1225-1274) stellte fest: "Das Weib verhält sich zum Mann wie das Unvollkommene und Defekte zum Vollkommenen".

Kaum erstaunlich, dass man(n) die Frau mit allen möglichen verabscheuten Tieren gleichsetzte und sie mit den verächtlichsten Begriffen beschrieb. So war es nur konsequent, daß dem Mann verziehen wurde, wenn sie eine Frau misshandelten, vergewaltätigten oder gar töteten.

Noch bis 1918 war es sogar kanonisch verbrieftes Recht, seine Gattin zu schlagen, einzusperren, zu binden oder fasten zu lassen. "Ein gutes Pferd", ein ein französiches Sprichwort, "braucht die Sporen. Eine gute wie eine schlechte Frau, braucht den Stock".

Noch in der beginnenden Neuzeit besitzen Frauen in fast allen Ländern keinerlei Rechte. Und selbst im 20 Jahrhundert werden sie in manchen westlichen Staaten von höheren Lehranstalten ausgeschlossen. Bis heute steigt der Anteil von Frauen auf Universitätslehrstühlen nur extrem langsam. So langsam, dass "wir beispielsweise an der UNI München noch rund 250 Jahre warten müssten, bis eine annähernd gleiche Verteilung von Professuren auf Männer und Frauen erreicht ist", hat die dortige Frauenbeauftragte Dr. Hadumod Bussmann ausgerechnet.

Am meisten Unbill aber brachte den Frauen ihre angeblich so lüsterne Sexualitaet. "Jahrhundertelang", so die US-Historikeren Judith Zinsser, "war die Ansicht verbreitet: Sobald Frauen einmal geschlechtliche Lust kennengelernt hätten, offenbare sich ihre wahre Natur; ihre sexuellen Instinkte erwachen und machten sie geradezu unersätlich".

Auch in diesem Fall wussten sich die Männer zu helfen. Ein besonders perfides "Mittel zur Wahrung der weiblichen Keuschheit" war das Verkuerzen der Frauenfuesse. So wurden in China die Zehen von Mädchen mit Binden und einer gehörigen Portion Grausamkeit zusammengequetscht: zum "Eisenmass" (12cm Fusslänge), zum "Silbermass" (10cm Fusslänge) oder zum vollendeten "Goldmass" (7,5cm Fusslänge). So konnte die Frauen nicht weit gehen und mussten im Haus bleiben - ein "Keuschheitsgürtel" auf Lebenszeit.