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Alt 01.09.2014, 12:13  
Morrigain
abgemeldet
Ich (Frau, >40, verh., Kinder) fühle mich entmündigt

Hallo liebe LT-Gemeinde,
lange schon passiv, heute mal aktiv brauche ich euren Rat, eure Erfahrungen o.ä..

Ich bin seit 13 Jahren mit meinem Mann zusammen, seit acht sind wir verheiratet, haben Kinder, Haus Hof... Zwei Jahren nachdem wir zusammen gekommen waren hatte ich einen ONS. Ich war nach der Beerdigung eines Freundes in der Woche davor emotional angeschlagen, was sicherlich dazu beigetragen hat, dennoch wusste ich damals genau, dass ich gerade ziemlichen Mist baue. Ich habe meinem späteren Mann gleich danach davon erzählt - die bis dato schlimmsten Tage meines Lebens. Ich war und bin sehr dankbar, dass er mir verzeihen konnte und wir ein Paar geblieben sind.

Vor ein paar Wochen fing ich an, ein online-Quiz zu spielen. Das hat mir großen Spaß gemacht, auch, weil ich nach einem Jahr Elternzeit und Beschränkung auf Kinder-Küche-K... endlich mal wieder meinen Kopf einsetzen konnte (nicht, dass man den im Haushalt nicht bräuchte, nur eben anders . In der Phase habe ich auch gemerkt, wie angekratzt mein Selbstwert war... Während des Spiels fing ich auch an zu Chatten - hatte ich davor noch nie gemacht. Und auch das war irgendwie nett. Man traf auf allerlei Leute über (O-Ton mein Mann) die sonstigen gelangweilten Hausfrauen hinaus (ich sei damit natürlich nicht gemeint), konnte von sich erzählen. Ein virtuelles um die Welt kommen und sich gut dabei fühlen. Ein Spiel-Chat entwickelte sich besonders intensiv, von Guten Morgen-sagen bis viel zu spät sich die Nacht um die Ohren hauen. Klar, es war ein Mann, ganz wortgewandt, und irgendwann wurde es auch flirtig. Kopfkino. Wobei uns beiden klar war, dass es das ist, kein Telefon, kein Treffen.

Lange Rede, kurzer Sinn - mein Mann ist irgendwann drauf bekommen, dass ich mit jemandem intensiv kommuniziere. Statt mich danach zu fragen, hat er meine Mailkonten, meine Verbindungsdaten, mein Telefon und am Schluss noch mein Tagebuch gesichtet. Was folgten, waren die absolut schlimmsten Wochen. Natürlich hat er noch was gefunden, was ihn störte, ein alter Kontakt, der zweimal im Jahr gepflegt wird, ein Tagebuch-Eintrag, in dem ich meine Gefühle beschreibe, nachdem ein Bekannter mir kurz (zufällig?) die Hand auf's Knie gelegt hatte. Das problematischste war noch, dass ein weiterer Alt-Kontakt und ich sporadisch erotisch-pornografische Geschichten zusammen phantasiert haben. Aber auch hier erstens sehr seltene Kontakte, zweitens, kein Telefon, kein Treffen. Ich bin bis dahin davon ausgegangen, dass das, was in meinem Kopf passiert - und so lange es den Alltag nicht stört - meine Sache ist.

Jetzt - so die Forderung - alle Kontakte einstellen, er behält sich vor, weiter zu kontrollieren. Das ganze ist so emotional aufgeladen von seiner Seite, dass eine vernünftige Kommunikation kaum möglich ist - außerdem bin ich ja sowieso Schuld. Ich glaube, er hätte nicht schlimmer reagieren können, wenn er mich inflagranti erwischt hätte.

Ich fühle mich ungerecht und über hart behandelt, und ich brauche ein Mindestmaß an persönlicher Freiheit. Ist das egoistisch?
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