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Alt 23.08.2017, 15:15  
Lilly 22
 
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Ort: Alb Donau Kreis
Beiträge: 12.606
Hallo Ameliee23,

Zitat:
Zitat von Ameliee23 Beitrag anzeigen
...Ich weiß, wahrscheinlich total unverständlich für jeden von euch, wie man nach so langer Zeit noch immer an der Person festhalten kann, ich versteh es selbst auch oft nicht. Aber es ist das, was ich fühle.
Und vielleicht hat ja trotzdem jemand einen guten Rat für mich, ich würde mich freuen
nein, es ist nicht unverständlich, wenn jemand so lange noch
an jemanden festhält. Bei dir kommt ja hinzu, dass du es bis-
her tunlichst vermieden hast, die Trennung überhaupt zu akzep-
tieren, ihn loszulassen und den Schmerz darüber zuzulassen.

In deiner Welt dreht sich weiterhin alles um ihn und deinem
Wunsch auf eine Beziehung mit ihm. Wie willst du dich so bit-
te frei machen?

Du schriebst von deiner emotionalen Abhängigkeit in die du
dich begegeben hättest und ich finde, dass du diese immer
noch aufrecht erhältst. Jetzt nur unter anderen Bedingungen,
da sich die Umstände geändert haben und du noch weniger
auf Augenhöhe mit deinem Ex- Freund bist.

Meiner Meinung nach tut dir der Kontakt mit ihm so überhaupt
nicht gut. Du passt dich allem an, nur um deine Illusion darü-
ber aufrechterhalten zu können, dass er dich noch liebt, sich
irgendwann von seiner Freundin trennen und mit dir erneut ei-
ne Beziehung eingehen wird. Du bemerkst dabei aber leider so
überhaupt gar nicht, dass das alles ebenfalls ein extremes Klam-
mern ist und du null Lockerheit, Selbständigkeit bzw. Änderung
erlernt hast. Du machst dich weiterhin von ihm abhängig und
ihn für dein eigenes Lebensglück verantwortlich und erpresst ihn
dazu emotional zumindest in indirekter Art und Weise, denn dir
geht es ja immer sehr schlecht, sobald er sich selbst von dir lö-
sen möchte.

Mich würde tatsächlich mal interessieren, ob du ihn bereits wäh-
rend eurer Beziehung bzw. während der Trennungsphase eben-
falls emotional erpresst hast und ob du hierbei ggf. auch mit sol-
chen Dingen wie Suizid gedroht hast? Falls du das getan hast, soll-
test du unbedingt offen mit deiner Therapeutin darüber reden und
dir mal vor Augen führen lassen, wie das beim anderen ankommt,
weshalb er vielleicht gerade noch nett zu dir ist und wie sich bei
jemanden, der auf diese Art und Weise "gehalten" wird, Gefühle
von Liebe, ziemlich rasch in Gefühle von Verachtung usw. wandeln.
Gerade, wenn du so etwas in der Art schon öfter gemacht hast,
vergiss erst recht jede Chance, dass ihr wieder mal ein echtes Lie-
bespaar werden könnt. Denn, dann hast du alles, was dafür not-
wenig ist, mit deinem Verhalten (sicherlich persönlichkeitsbedingt
und aus eigener Hilflosigkeit heraus) zerstört, so dass da gar kei-
ne Basis mehr ist.

Dein Ex- Freund kann nicht offen und ehrlich mit dir reden, weil
bei dir im Hintergrund ständig das Szenario abläuft, wie schlecht
es dir gehen wird, wenn er sich von dannen macht. Er muss dich
quasi anlügen und er wird eines Tages die Nase davon voll haben.
Das einzige, was euch derzeit noch verbindet (von seiner Seite aus)
sind Schuldgefühle, weil er eben nicht will, dass dich die Trennung
verletzt. Dabei ist das weder sein Verantwortungsbereich, noch sei-
ne Aufgabe, dir diesen Schmerz nehmen zu müssen. Es ist allein dein
Verantwortungsbereich und deine Aufgabe, sich diesem Schmerz zu
stellen (der vorüber gehen wird) und auszuhalten.
Damit befindet er sich in einer Zwickmühle und das sind keine schö-
nen Gefühle, selbst, wenn er sonst einen Beschützerinstinkt haben
mag. Du missbrauchst ihn quasi emotional und saugst ihn aus. Er
wird deshalb eines Tages so konditioniert sein, dass er diese schlech-
ten Gefühle immer sofort mit dir in Verbindung bringt.
Würde er (was er sicher irgendwann tun wird) mehr auf sich selbst ach-
ten, hätte er schon längst einen Cut gezogen, da du ihm auf diese Weise
eben gar nicht gut tust.

Für dich ist es jetzt wichtig, den Kontakt zu ihm vollständig abzu-
brechen, deine Therapie zu machen und Eigenständigkeit zu erler-
nen. Und zwar nicht für ihn (oder gar euch), sondern vor allem für
dich selbst. Damit du nie wieder in solch destruktive Verhaltenswei-
sen verfällst und deine Partner, die du angeblich liebst, solchen aus-
setzt. Du musst lernen (wollen), dass du selbst für dein Leben, dein
Glück verantwortlich bist und bereit sein, genau diese Verantwortung
eben auch selbst zu übernehmen, anstatt deinen Partner oder über-
haupt andere Menschen dafür verantwortlich machen zu wollen, in-
dem du dich auf diese Weise an diese klammerst.

Setzt dir selbst ein Zeitfenster, in welchem Du auf keinen Fall mehr
Kontakt zu ihm pflegen willst, sollte er dir menschlich tatsächlich et-
was bedeuten und nicht nur für dich die Funktion innehaben, dich
aus Bequemlichkeit heraus retten zu müssen, denn letzteres hat so
überhaupt nichts mit "Liebe" zu tun, sondern ist purer Egoismus.

Plane deinen Tag und deine kurzfristigen Ziele, die du für dich allein
erreichen willst. Solltest du z.B. in ca. 6 Monaten es tatsächlich ge-
schafft haben, zu einer eigenständigen Person herangewachsen zu
sein, spricht sicher nichts dagegen, zu eben einen späteren Zeit-
punkt mal wieder Kontakt zu ihm zu pflegen, so er das noch möch-
te. Aber, selbst, wenn er das dann nicht mehr möchte, lerne es zu
akzeptieren und dir deine eigenen Fehler zu vergeben. Du kannst
die Vergangenheit nicht mehr ändern. Du kannst aber selbst da-
für sorgen, dass dir so etwas nicht mehr passiert und du einem
Partner so etwas auch nicht mehr antust und stattdessen mit die-
sem auf gesunder Augenhöhe bist. Tue etwas, um mehr Selbstbe-
wusstsein, Selbstwertgefühl zu entwickeln, deinen eigenen sozia-
len Status zu verbessern (Freundschaften, Job, Hobbies usw.)
und andere nicht nur zu "benutzen". Wenn du das lernst, wirst du
mit dir selbst zufriedener sein und so auch eher tatsächlich etwas
an andere zurück geben können, keinen "Beschützer" benötigen,
weil du für dich selbst einstehen kannst.

Depressionen stellen eine Einschränkung dar. Du hast aber das
Glück, derzeit nur unter leichten Depressionen zu leiden, welche
sicher Ausdruck deiner noch unausgereiften Persönlichkeit sind,
die nicht gelernt hat, Eigenverantwortung für ihr Leben überneh-
men zu wollen. Und nun zeigt dir das Leben eben, dass das so
nicht funktioniert, weshalb du mit "leichten Depressionen" darü-
ber reagierst. Gehst du deine Baustelle, die zur Zeit noch gering
ist, nicht an, wird diese immer größer werden, weil das Leben
nun auch mal Anforderungen an dich stellt, denen du dich stel-
len musst. Und dann könnte es durchaus passieren, dass du in
Reaktion darauf mal in richtig schwere Depressionen verfällst
und aus dieser Abwärtsspirale überhaupt nicht mehr heraus fin-
dest. Man lebt nur einmal und ich hoffe, du bist bereit, aus dei-
nem Leben, das dir geschenkt worden ist, etwas für dich Gutes
machen zu wollen. Wenn du die Dinge, die dich betreffen, erst
einmal anpackst (und dir dabei gern professionelle Hilfe suchst),
wirst du schnell merken, dass das alles gar nicht so schlimm ist,
wie es einem manchmal erscheint und auch nach einer Durst-
strecke wieder gute Zeiten kommen. Nur, musst du eben selbst
etwas für dich tun wollen, anstatt die anderen in die Verantwor-
tung nehmen zu wollen. Nur so kann sich auch dein Selbstver-
trauen stärken.

Auch, wenn das Geschriebene für dich hart klingen mag, ich mei-
ne es nicht böse mit dir. Sieh diese Trennung als Chance, dass du
aufwachst und deine Dinge lernst wirklich anzugehen. Ich bin mir
sicher, dass du das schaffen wirst. Alles Gute.

Geändert von Lilly 22 (23.08.2017 um 15:25 Uhr)
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