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Alt 02.02.2018, 10:25  
dear_ly
となりのトトロ, トトロ♫
 
Registriert seit: 10/2008
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Beiträge: 24.098
Ich finde es bezeichnend, dass ausgerechnet viele Männer meinen, die metoo Debatte sei übertrieben. Und dabei nicht sehen, dass sie Teil das Problem sind.
Klar gibt es sicher einige Frauen, die sich gerne auf das Tauschgeschäft Sex gegen Erfolg/Geld/Wasauchimmer eingelassen haben.
Aber bei Vielen wurde schlichtweg nur eine Notlage ausgenutzt, ihre Unsicherheit. Und das ist durchaus ein Stück weit mit Kindesmissbrauch vergleichbar - auch, wenn es um erwachsene Frauen geht.
Denn letztendlich geht es um ein Machtgefälle. Eine Seite nutzt ihre Macht über andere aus.
Klar "könnten die ja nicht mitmachen". Aber so ist es doch bei Prostituierten auch. Klar könnten die "ja was anderes machen".
Aber mal ehrlich? Abgesehen von den paar Edelnutten oder Frauen, die selber eher die Rolle der Zuhälter übernehmen - die meisten Frauen, die sowas mitmachen sind psychisch angeschlagen, glauben es gäbe keinen anderen Ausweg und leiden oft letztendlich darunter.
Ich finde es etwas merkwürdig Menschen einersets vorzuwerfen, dass sie sich dnan eben wehren müssen, andererseits wird aber alles, was in Richtung psychische Probleme geht als behandlungswürdig und "der kann ja nix dafür" angesehen.
Letzteres stimmt ja auch. Und genau deswegen finde ich, dass auch bei Menschen, die unter Druck gesetzt werden, dieses Argument greifen sollte. Auch, wenn diese Menschen primär Frauen sind.
Denn sind wir mal ehrlich: Der Großteil der Macht liegt eben in der Welt bei den Männern.
Ich finde es erschreckend, wie weit diese Strukturen wirklich greifen.
Denn mal ehrlich: Dass es sexuelle Belästigung im Alltag gibt - damit wächst man als Frau auf. Ich kenne es gar nicht anders und ich kenne auch keine Frau, die nicht mindestens ein mal in ihrem Leben sexuell belästigt wurde (und oft heißt es dann "Stell dich doch nicht so an/Das war doch nur Spaß/Das war doch ein Kompliment" und solche Scherze).
Dass ein Arzt über Jahre minderjährige kleine Mädchen fingern kann und das auch noch gemeldet wird, dass aber scheinbar so viele Menschen dazu beitragen das zu vertuschen - das finde ich erschreckend.
Auch, dass nun viele (Männer, leider) nun ankommen mit "Warum erst jetzt?" Warum nicht? Erstens gab es in vielen Fällen ja schon seit Jahren immer wieder Beschwerden und Vorwürfe und zweitens leben wir nun mal in einer Gesellschaft, in der dir als Frau beigebracht wird, dass du selber schuld bist und dich zu schämen hast.
Das wird, gefühlt, langsam besser, aber letztendlich ist es eben oft noch so, dass man als Frau zu hören bekommt, dass man sich eben nicht auf eine geiwsse Art kleiden solle, dass man besser stumm weitergeht, wenn man belästigt wirdetc.
Das alles trägt dazu bei, dass Männern ,die sowas machen, beigebracht wird, dass das Verhalten ok sei oder sich zumindest nicht gewehrt wird.
Ich glaub auch nicht, dass jeder Mann böswill sexistisch ist. Das ist einfach so im Kopf drin. Es ist total normal Frauen und Männern gewisse Attribute beispielsweise zuzuschreiben und sowas prägt nun mal.
Ich kenne Frauen, die vergewaltigt und missbraucht wurden. Alle haben mir erzählt, dass sie sich geschämt haben. Dass sie dachten sie seien schuld.
Meine Freundin wurde in ihrer kindheit von ihrem Cousin und ihrem Bruder sexuell missbraucht. Die Reaktion, als sie es den Eltern sagte? Schläge, Schimpfe, der Vorwurf sie würde sich nuttig kleiden (sie war 13 nebenbei bemerkt) und letztendlich wird es bis heute verdrängt von den Eltern und es wird so getan, als sei das alles nicht so schlimm gewesen und es sei ja nie "wirklich was passiert".
Und sowas ist kein Einzelfall.

Ich finde es sehr gut, dass so eine Debatte jetzt öffentlich geführt wird und solchen Männer in Zukunft hoffentlich härtere Strafen drohen und verstehe den Gegenwind dagegen nicht. Denn mal ehrlich: Wer sich Frauen oder generell anderen Menschen gegenüber respektabel verhält, der wird sich auch keine Gedanken machen müssen, dass er daraus irgendwelche Nachteile zieht.
(und ich finde es albern gleich wieder mit "Aber Männer werden ja auch..." zu kommen. Sorry, aber in der Debatte geht es nun mal ausnahmsweise nicht primär um Männer - es leugnet niemand, dass Männern das auch, viel seltener, passiert und ja, es ist genauso schlimm und ich finde es auch gut, dass männliche Fälle bekannt geworden sind. Aber das Kernthema ist es in dem Fall halt mal nicht und ich finde es nicht zielführend solche Themen in sich zu schwächen, indem man da was vermischt. Dann bitte ne eigene Debatte für Männer aufmachen)

Ob ich es selber erlebt habe?
Naja einer meiner Ex-Chefs ist sehr deutlich ein Sexist. Das weiß ich. Mir selber wurden nie bessere Jobs gegen sexuelle Gefälligkeiten angeboten.
Als ich zu Schulzeiten nebenbei kellnern wollte, wurde mir aber im Vorstellungsgespräch gesagt, ich solle doch noch mal zum Gespräch vorbei kommen und mir mal eine schickere Bluse anziehen. So mit Ausschnitt, dann hätte ich den Job sicher.
Ich habe mir dann einen anderen Job gesucht.
Und zu Unizeiten wurde mir von (männlichen) Kommilitonen unterstellt, ich würde mir bessere noten in den Klausurbesprechungen erschleichen, weil ich immer "so sexy angezogen und geschminkt" (ich war nicht anders angezogen als sonst) in die Klausurnachbesprechung gegangen bin und dann in der Regel eine Note besser "raushandeln" konnte. Was übrigens JEDER konnte, der da hingegangen ist.
dear_ly ist offline