Thema: Arbeit heute?
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Alt 07.02.2018, 12:44  
YeOldeFerret
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Zitat:
Zitat von erndberndsen Beitrag anzeigen
Als Überheblichkeit würde ich das jetzt nicht betrachten. Eher als Unwissenheit. Die meisten Menschen haben vom System Eisenbahn eine ziemlich vereinfachte bzw. fast schon naive Vorstellung. Nach dem Motto: ein paar Signale Beachten, ein Hebelchen bewegen und dann fährt der Zug schon...

Um das mal zu vergleichen: für den Führerschein Klasse B (PKW) braucht man 14 Doppelstunden Theorie, ca. 10-15 Übungsfahrten und 12 Sonderfahrten. Für den Erwerb des Triebfahrzeugführerscheins und der alles entscheidenden Zusatzbescheinigung (für die Streckenkunde und Baureihenberechtigung) braucht es etwa 1200 Stunden Theorie und 400 Stunden Fahrtraining. Danach ist man allerdings noch kein fertiger Lokführer. Es braucht nach Abschluss der Ausbildung noch etwa 1 Jahr bis man sich als guter bzw. fertiger Lokführer bezeichnen kann.

Manche beenden den Job in dieser Zeit, weil sie im täglichen Dienst feststellen dass sie der Verantwortung und dem Aufgabenfeld nicht gewachsen sind, da der Job doch mehr abverlangt als man sich vorher als Laie noch vorgestellt hat. An dem Zug den ich fahre können z. B. über 60 verschiedene Störungsfälle auftreten. Im Bahnbetrieb können noch mehr unterschiedliche Unregelmäßigkeiten auftreten. Da sind dann schnelle Entscheidungen gefragt, und dann zeigt sich wer für den Job geeignet ist und wer nicht.

Hinzu kommt das umfangreiche Regelwerk der DB Netze und des Verbands deutscher Verkehrsunternehmen, das man kennen muss. Durch die ständigen Änderungen sind regelmäßig Fortbildungen und Prüfungen notwendig. Und alle drei Jahre freut sich dann der Bahnarzt über deinen Besuch, und du hoffst dass deine Gesundheit den Job noch zulässt (vor allem was die Sehkraft angeht).

"Einfach gestrickt" ist eher das Leben eines Arbeitslosen, würde ich behaupten (muss aber auch nicht unbedingt der Fall sein).
Und zudem, was bei einer langen Karriere als Lokführer möglichweise noch hinzukommt ist die Erfahrung, dass einem ein Selbstmörder vor die Lok springt. Sowas zu verarbeiten ist auch nicht ohne.
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