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Alt 04.07.2018, 15:45  
Talamaur
Inventar
 
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Zitat:
Zitat von poor but loud Beitrag anzeigen
1:0 für Dich. Nach dem ersten Artikel habe ich mir nicht mehr die Mühe gemacht, die anderen zu lesen. Aber wie Du ja selbst festgestellt hast, haben die verschiedenen Studien zu widersprüchlichen Ergebnissen geführt. Ich frage mich auch, wie man ungerechtes Benotungsverhalten einer Lehrerin objektiv messen will.
Naja, widersprüchliche Ergebnisse sind in soziologischen Untersuchungen keine Seltenheit, sondern die Regel. Deswegen gibt es Reviews und Metaanalysen. Ich habe bloß leider keine gefunden, sonst hätte ich dazu was verlinkt, weil die für gewöhnlich deutlich aussagefähiger sind als die ursprünglichen Studien.
Wie man allerdings ungerechtes Benotungsverhalten untersuchen kann, ist relativ einfach. Man legt einer Lehrkraft in zeitlichem Abstand anonymisierte Arbeiten zu gleichen Themen vor, die objektiven Kriterien in gleichem Maß entsprechen, und stellt dann die einzelnen Benotungen gegenüber.

Zitat:
Es wurde aber auch zur Sprache gebracht, dass mehr Jungen als Mädchen leistungsscheu und aufsässig sind. Hier könnten die Männlichkeitsvorstellungen einiger Mitschüler und ggf. der älteren Brüder eine Rolle spielen. Bis heute ist strittig, ob die Gehirnstruktur geschlechtsspezpifisch ist und dies als Ursache für solche "jungentypischen" Unarten in Frage kommt.
Unstrittig ist, dass der unterschiedliche Hormonhaushalt großen Einfluss auf das Verhalten hat. Das müsstest du eigentlich aus eigener Erfahrung noch besser beurteilen können als wir alle hier.

Zitat:
Vor rund 10 Jahren gab es im LT schon einmal eine Diskussion, die sich (auch) um das Schulwesen drehte und in der übertrieben männliches Verhalten wieder einmal als normal hingestellt wurde.
Wieso ist das das Verhalten eigentlich "übertrieben männlich"? Wie kannst du beurteilen, ob still sitzen für Jungs nicht "übertrieben weibliches" Verhalten ist?
Also, nicht, dass ich dich jetzt kritisieren will. Ich frage mich nur, wie du zu solchen Beurteilungen kommst.

Zitat:
Zudem sollten es Jungen sehr nötig haben, die Autorität des gegengeschlechtlichen Elternteils (der Mutter) zu untergraben und sich so von ihr abzugrenzen.
Und Mädchen sollen es nötig haben, die Autorität des gegengeschlechtlichen Elternteils (des Vaters) zu untergraben und sich so von ihm abzugrenzen.
Die Abgrenzung gerade gegen den gegengeschlechtlichen Elternteil ist nämlich ein durchaus wichtiger Prozess bei der Ausbildung der eigenen Geschlechtsidentität.

Zitat:
Als ich das las, fragte ich mich, wozu dieser Abgrenzungs-Krampf gut sein soll, was in deutschen Elternhäusern so abgeht und ob Jungen regelmäßig in verkorkstem Zustand eingeschult würden.
Ich frage nochmal, weil es mir echt unter den Nägeln brennt: Wieso glaubst du, dass typisches "Jungenverhalten" verkorkst und übertrieben ist?

Zitat:
Meines Erachtens werden hier die Schulen für etwas kritisiert, was bereits im Elternhaus verbockt wurde. Im Elternhaus läuft alles falsch, und die Ersten, die das Problem erkennen und benennen (Kindergartenpersonal und Lehrkräfte), bekommen den schwarzen Peter zugeschoben.
Das Problem haben wir in vielen Bereichen des schulischen Alltags. Bspw. bei der allgemeinen Wertschätzung von Bildung. Oder bei Manieren.
Nichts desto trotz würde das hier ja nur unter der Bedingung zutreffen, dass Jungs tatsächlich irgendwie "verkorkst" eingeschult werden, im Gegensatz zu Mädchen. Und das glaube ich eigentlich nicht.

Zitat:
Dieser Eindruck drängte sich auch deshalb auf, weil die Entwicklung, die ich bei meinem leiblichen Vater und den wechselnden Mutterfiguren durchmachte, eine ganz andere war und ich dementsprechend von anderen Voraussetzungen ausging. Meine Eltern waren nicht so doof, ihre Kinder zu selbstgerechten Versagern zu erziehen und sich anschließend darüber zu beschweren, dass sie nicht mehr an sie herankommen, wie es mittlerweile schick ist. Beide Eltern galten uns gleichermaßen als Autoritäten. Das Spiel mit geschlechtsspezifischem Spielzeug wurde gefördert, was bei „den Großen“ (meiner nicht viel jüngeren Schwester und mir) im Gegensatz zu unseren deutlich jüngeren Halbgeschwistern nur wenig Wirkung zeigte; ansonsten wurden zwischen (vermeintlichen) Jungen und Mädchen keine Unterschiede gemacht. Da ich keine älteren Geschwister hatte, lief bei mir vieles synchron mit meiner Schwester ab. Als ich viereinhalb und sie noch ein Kleinkind war, gingen wir beide völlig unbefangen auf Kinder beiderlei Geschlechts zu. Wobei ich recht zartbesaitet war und in der Mitte des ersten Lebensjahrzehnts, in der sich viele Jungen unentwegt balgen, tatsächlich dazu überging, mir gezielt weibliche Spielkameraden zu suchen. Freundschaften mit etwas stilleren Jungen kamen dann wohl hauptsächlich durch Vermittlung des Kindergartenpersonals zustande.

Ich muss allerdings auch dazu sagen, dass ich schon immer kaum etwas Jungentypisches an mir hatte und im Erwachsenenalter Mann-zu-Frau-Transsexualität diagnostiziert wurde.
Gerade da du ja trans bist, kannst du jetzt natürlich nicht von deinen eigenen Erfahrungen und deinem eigenen, gefärbten Menschenbild auf die allgemeine Gesellschaft schließen. Dazu ist dein Fall einfach zu wenig allgemein.

Ich habe als Kind sehr viel mit der Nachbarstochter mit Puppen gespielt, auch mit meinen Schwestern. Meine Eltern hatten da nie was dagegen und haben mir, wenn ich es mir gewünscht habe, durchaus auch "geschlechtsuntypisches" Spielzeug gekauft. Ich bin, was das angeht, also sehr unbelastet aufgewachsen. Dennoch habe ich mich immer wieder mit gleichgeschlechtlichen Kindern aus dem Dorf auf diverse Art und Weise gemessen. Insofern war ich also auch tatsächlich ein "typischer Junge".
Das widerspricht ja eigentlich - wenn ichs richtig verstanden habe - deiner Auffassung. Das eine dürfte es zusammen mit dem anderen eigentlich nicht geben.
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