dalila_nurhan

Bin da auch ein wenig zwiegespalten.

Ich finde, Burka (=Vollverschleierung) v.a. bedenklich aus dem Gesichtspunkt der völligen Anonymität. Das wird auch in islamischen Ländern zB schon mal gern für Ladendiebstahl missbraucht.
Zusätzlich ist Vollverschleierung selbst bei relativ strenger Auslegung des Korans nicht nötig, da reicht Kopftuch und entsprechende restliche Kleidung (= Gesicht bleibt frei).

In den meisten islamischen Ländern ist keine Vollverschleierung vorgeschrieben und wird dort dann auch nur von sehr wenigen Frauen getragen, daher finde ich ein Burkaverbot eigentlich zumutbar.
Was sich viele Leute aber drunter vorstellen, nämlich ein Kopftuchverbot, finde ich eine Sauerei in einer Demokratie, denn es gibt dafür keinen Grund, der nicht rein aus diffusen "müssen sich integrieren"-Gedankengängen kommt (bei Burka ist das eben nicht ganz so).

"Müssen sich integrieren" finde ich ein schlechtes Argument, weil niemand so genau beantworten kann, was das nun bedeutet, und ICH mich zB in viele bürgerliche Vorstellungen, "wie man so zu sein hat", auch auf keinen Fall "integrieren" möchte (und das als "ganz normale" hier Geborene).

Was ich in Europa nicht befürworten möchte, ist eine gewisse Geisteshaltung, die oft mit Burkatragen (aber eben nicht mit Kopftuchtragen!) einhergeht, die tatsächlich Frauen in den sehr privaten Bereich verdrängt. Also eine Gesinnung a la Saudiarabien, wo Frauen nicht Auto fahren dürfen, keine Richter werden können u.ä.

Ach, und weil hier einer meinte, Frauen mit Burka tragen die immer außer im Bett: das stimmt so nicht . Muslimische Frauen tragen üblicherweise zuhause KEINE Verschleierung, sofern keine "fremden" Männer anwesend sind (fremd = alle, die legal heiratbar wären).

Sam Hayne

Sicher, daß sich eine Frau, die ihr Leben lang auf der Strasse Burka trug,
nicht auf der Strasse plötzlich schämen würde, wenn man sie ihr weg nimmt?

PIcasso1989

Möglich. Um so perverser, sie ihr gar per Gesetz mit Bußgeldandrohung wegnehmen zu wollen.

leonora

Sam,

das Schamgefühl ist aber etwas anerzogenes.

Wer vollverschleiert und abgesondert aufwächst, wemm immer erzählt wird, er bzw. sie müsste sich schämen wenn....

das kann man in den Flüchtlingslager in Pakistan beobachten, wo Frauen extremst schon darunter leiden, wenn sie (obwohl verhüllt) auf dem Weg von den Zelten zu den Frauentoiletten gesehen werden.

Da spielen sich Dramen ab, Nervenzusammenbrüche, häufige Blasenprobleme und mehr, weil so lange eingehalten wird wie irgend möglich, so wenig getrunken wird wie möglich....

nur weil ein Mann sie ÜBERHAUPT sehen könnte

leonora

Diese Frauen würden komplett unsichtbar, entweder weil sie "freiwillig" zu Hause bleiben, oder weil sie weggesclossen werden.

Letztendlich erreicht man sie dann nur über die Kinder, die unser Bildungssystem durchlaufen.

Sam Hayne

Ich hoffe, Du merkst selbst, wie Du Dir grad alles zurechtbiegst.

Erst ist das Nackedeibeispiel albern, weil ja Scham.
Dann isses bei Scham ohne Burka um so perverser.

Denk ich auch.
Aber... ändert ja nix.

Hab auch wie gesagt nur laut gedacht... um mich selbst reinzuversetzen,
wie's mir ginge, wenn ich in einen Nackedeistaat ziehen würde.
Für 'ne überzeugte Burkaträgerinnen sind europäische Frauen sicher quasi nackt.
Wenn dann noch ein bauchfreier Teenie mit Dekolleté und Hot Pants...

Wolfsblume

Ich kann mir schon vorstellen, dass die darunter leiden, sich plötzlich nicht mehr ihrer Erziehun gemäß verhalten zu können.
Die Frage ist nur: Tut man den Frauen einen Gefallen, wenn man die Burka erlaubt?
In dem Moment in dem man ihnen ermöglicht, von Männern nicht gesehen zu werden, fühlen sie sich wahrscheinlich erstmal besser. Aber auf Dauer sind sie so ja nicht allein überlebensfähig.
Das ist, wie wenn man nem Typen mit Waschzwang den ganzen Tag das Bad überlässt. Es geht ihm dann schon irgendwie gut. Aber auf Dauer gesund ist es nicht.

Früher dachte ich ja auch mal, wenn eine Familie nach Deutschland zieht, dann finden die Töchter in der Schule Freundinnen, sehen wie die leben, und gewöhnen sich einfach kein Schamgefühl in Bezug auf ihre Haare oder gar ihr Gesicht an.

Aber das passiert ja allzuoft nicht. Die Mädchen absolvieren grade mal den Pflichtteil der Ausbildung, (ohne Schwimmunterricht und Klassenfahrten), tragen dann auch irgendwann Kopftuch und kehren bald zu ihrer Familie zurück, die womöglich schon den Ehemann ausgesucht hat.


Und da hab ich halt das Gefühl, diese Verhüllung zu erlauben ist, wie wenn man einem Qualzüchter Hundewelpen abkauft: Für den Moment lindert man damit das Leid, aber im Grunde sorgt man dafür, dass die Mühle so weiterlaufen kann.

dalila_nurhan

Ob man ihnen einen Gefallen tut? Vermutlich nicht. Andererseits sind sie mündige Erwachsene und für ihr eigenes Glück doch mal primär selbst verantwortlich.
Dem Typ mit dem Waschzwang würde man als Freund vielleicht helfen wollen, indem man ihm das Bad eben NICHT zur Verfügung stellt. Das dann aber per Gesetz zu verbieten und damit seinen freien Willen/Verantwortlichkeit einzuschränken ist Entmündigung (die bei Erwachsenen nur sehr ungern und selten per Gericht festgelegt wird, bei Menschen die ernsthaft nicht in der Lage sind, für sich selbst zu sorgen).
Da finde ich, eine Demokratie darf das nicht tun, weil sich dann bald die Frage stellt, wo hört das auf, wo gilt das noch und wo nicht mehr?

(Man sieht in dem Thread hier übrigens wieder ganz gut etwas, was mich an der Debatte extrem nervt: es geht um BURKA-Verbot, also VOLLVERSCHLEIERUNG, NICHT um Kopftuch).

Xote

Ich halte die Burka für ein Symbol der weiblichen Unterdrückung und nicht für ein Symbol der Ausübung einer bestimmten Spiritualität.

Lumpy

Endlich beginnt Frankreich aufzuräumen.
Jetzt beginnen natürlich einige wieder durchzudrehen, weil man der Frau westliche Freiheiten ermöglicht... Die ein oder andere Frau wird wohl glücklich darüber sein, im Sommer ohne Burka draußen rumlaufen zu müssen...
Jetzt muss die Schweiz das auch noch durchbekommen... und das bekommt sie sicherlich...