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14.02.2016, 15:39 | #91 | |||
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Zitat:
Martin Schulz betonte zunächst die europäischen Werte und subsumierte sie unter der Maxime, trotz aller Unterschiede in Herkunft, Gender, Glaubensrichtung oder Hautfarbe jederzeit mit gegenseitiger Achtung, Respekt, und auf Augenhöhe miteinander zu agieren. Putin würde dies beschädigen (hat der Schulz wörtlich so gesagt!). Er appellierte zudem an die 28 Mitgliedsstaaten, zurück zur Solidarität zu kommen und betonte den Vorrang und die Wichtigkeit transnationaler Politik vor nationaler Politik. Außerdem deklarierte er die nicht eingehaltenen Zahlungsversprechen als Desaster (beispielsweise 10 Mrd. an Syrien oder Investitionsversprechungen an die Ukraine, etc.) und ermahnte abschließend, dass man "das Vertrauen der Bürger nur zurück gewinnen könne", wenn es nicht nur bei Versprechungen bleibt, die dann letztlich keiner einhält. Der ukrainische Premier Poroshenko trat mit dem Mut der Verzweiflung als Optimist auf, der man lt. seiner Aussage sein müsse, weil man ohne Optimismus kein Land regieren könne. Und er skandierte, er glaube an die Solidarität, und er hasse es, immer nur auf den russischen Dialog beschränkt und von den anderen Geschehnissen in der Welt abgeschnitten zu sein. Im Grunde warb er für Sanktionen gegen Russland, sie seien keine Strafen sondern ein Mittel, Russland am Verhandlungstisch zu halten - es gäbe kein anderes Mittel. 1,5 Jahre hätte er, Poroshenko, eine starke Armee von 3000 Mann aufgebaut, 2008 (?) hätte Russland 5000 oder 8000 (?) Soldaten geschickt, um die zu bekämpfen, und die besetzen noch immer sein Land. Und nur, wenn die russischen Truppen aus der Krim abgezogen werden, würde sich die Lage wieder normalisieren, vorher nicht. Die voran gegangene Rede von Medwedew sei im übrigen, Zitat, nur ein Teil der russischen Propaganda und der hybriden Kriegsführung gewesen (wortwörtlich! mir wurde es ganz anders zumute, wie Poroshenko da die Weltöffentlichkeit involviert hat, Medwedew, 2m weiter auf der Bühne sitzend *schluck*). Schlussendlich warb er dann für das Northstream-Projekt (Alternative zu Gazprom): benötigt wird 1 Mrd. Euro um das Gaszulieferungssystem zu verbessern, er lade die EU dazu ein (wie nett! ), um die EU als ganzes sicherer zu machen. Der Öl-und Gassektor sei bisher Brennpunkt aller Korruption, und die Ukraine seit 1 Jahr Dank der EU nicht mehr abhängig von Russland, weil Russland dadurch den Hebel nicht mehr ansetzen kann (*schluck!* war das heikel!!!). Der Hammer war auch der polnische Präsident Duda, und für mich war aufschlussreich, wie letztlich jeder Staat seine eigene Brille auf hat, durch die er "die Werte der EU" für sich wahrnimmt und definiert. Es ginge den Polen jetzt darum, Zitat: "Die östliche Flanke der Nato zu stärken"; militärische Sicherheit sei jetzt deren Priorität"(!). Duda pochte wörtlich auf die Einhaltung der Wahlversprechen auf mehr Nato-Präsenz und Öffnung der Nato für die östlichen Länder. Als nächster Schritt sollten daher Nato-Infrastruktur ausgebaut und in Polen, Baltische Länder sowie Rumänien mehr Nato-Stützpunkte aufgebaut werden! Imperiale Bestrebungen Russlands seien eine Bedrohung für die Ost-Flanke der Nato, deshalb sollte die gestärkt werden. Er hat in Sachen "Nachbarschaftsbeziehungen" moniert, dass Polen im Konflikt um Energie-Angelegenheiten oder Sicherheitsprobleme eben nicht als gleichberechtigter Partner behandelt würde, oder warum würde Deutschland sonst entgegen der polnischen Interessen auf die Zusammenarbeit mit Gazprom bestehen, obgleich es genug alternative Pipeline-Bauer gäbe? Hier solle Respekt gezeigt und das mit Polen abgestimmt werden (das klang für mich nach einer Antwort auf die Frage nach der Maxime, die Martin Schulz der Veranstaltung voran stellte; so als sei genau wegen dem Energie-Konflikt und dem mangelnden Respekt gegenüber den Polen die gesamte Maxime unglaubwürdig und bräuchte im Gegenzug auch von Polen nicht erfüllt zu werden). Der Medwedew hat am längsten und schnellsten seine Rede runtergerappelt. So schnell wie ein Maschinengewehr (der Übersetzer ist immer knapp hinterher gehechelt, obwohl er eh schon schneller als Dieter Thomas Heck sprach). Sein Auftritt hat durch und durch beunruhigend auf mich gewirkt. Es war definitiv eine Propagandarede, und er hat tatsächlich von einem zweiten kalten Krieg gesprochen, vor dem man sich stehen sähe. Die Erklärung für die Einsätze in Syrien, die er damit begründete, dort Milizen aus den eigenen Reihen bekämpfen zu müssen, die ansonsten nachhause kämen und in Russland Anschläge verüben würden, wirkte vordergründig plausibel, hat aber laut Analysen der Kommentatoren in den Pausen verschleiert, dass es sich tatsächlich um "imperiale Bestebungen" Russlands handle, nämlich das entstehende Machtvakuum in destabilisierten Ländern selbst auszufüllen, quasi als Nachfolger der USA, die diese Rolle sonst spielten. Außenminister Kerry (USA) war großartig, ein Diplomat und Hoffnungsstifter für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Abgeschwächt wurde er in seiner persönlichen Glaubwürdigkeit für mich nur durch seine abschließende Beschwichtigungsrede, die alle Befürchtungen hinsichtlich des TTIP Abkommens entkräftete und wie ein reiner Werbefeldzug klang. Ja, und Steinmeier war auch ganz ok.
Geändert von Time2bcool (14.02.2016 um 17:44 Uhr) |
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15.02.2016, 11:56 | #92 | ||
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Themenstarter
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Interessante Inhalte. Ich werde ein wenig Zeit brauchen, um darauf einzugehen.
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18.02.2016, 11:23 | #93 | |||||||
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Themenstarter
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Zitat:
Über die Mehrwertsteuer zahlt die untere Bevölkerungshälfte übrigens auch den Löwenanteil der Steuereinnahmen der EU: Die finanziert sich eben aus einem Anteil der Mehrwertsteuer der Mitgliedsländer. Achtung und Respekt beginnt in Europa aber leider eher bei den Reichen. Zitat:
Zitat:
Zitat:
Allerdings ist die SPD, der Martin Schulz angehört, bei solchen Dingen auch nicht ganz unschuldig: In einem Wahlkampf wurde ruchbar, dass die CDU eine Anhebung der Mehrwertsteuer von 16 auf 18 % plane. Das bezeichnete die SPD als asozial. Und nach den Wahlen handelte die SPD dann einen Kompromiss aus: 19 %. Sofern er seiner eigenen Partei damit auch was ins Stammbuch schreiben wollte, finde ich das gut. Zitat:
http://www.sueddeutsche.de/politik/g...uder-1.1643935 Ansonsten waren da aus meiner Sicht keine weiteren Werte zu entdecken.
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25.02.2016, 09:16 | #94 | ||
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Themenstarter
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Im radio (SWR Info) hörte ich heute morgen einen Beitrag, dass in Baden-Württemberg die AfD bei einer Runde der Spitzenkandidaten vertreten war. Ministerpräsident Kretschmann nannte dabei Passagen aus dem Parteiprogramm der AfD und kommentierte diese damit, dass das die Sprache von Extremisten sei. Die anderen Spitzenkandidaten brachten auch scharfe Einwände gegen die AfD.
Die AfD ist auch eine klassische Einpunktpartei, die zu anderen Themen wie z. Bsp. Wirtschaft nichts zu sagen hat. Faszit: Die anderen Parteien sollten durchaus den Weg einer Auseinandersetzung mit der AfD suchen. Der Märtyrerstatus tut denen eher gut, als wenn die in eine Diskussion gezwungen sind.
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25.02.2016, 13:00 | #95 | ||
Special Member
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Beiträge: 4.043
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Um nochmal auf die Ursprungsfrage einzugehen, ich denke diese ist sehr wichtig und sollte uns durchaus zu denken geben. Die Behauptung islamistischer Kreise, der Westen habe kaum noch Werte, keine Identität, sei dekadent und deswegen schwach, ist nunmal nicht gänzlich von der Hand zu weisen (auch wenn der Umkehrschluss komplett ins Leere führt).
Wir müssen wieder lernen, zu unseren Werten bzw. Errungenschaften zu stehen und diese mit Stolz zu vertreten. Das heisst nicht, auf andere Länder oder Völker herabzusehen. Es bedeutet vielmehr, für Demokratie, Gleichberechtigung, Meinungsfreiheit, Bildung, Fortschritt, Frieden und Wohlstand einzustehen, denn all dies ist nicht über Nacht entstanden, sondern wurde hart und unter hohen Entbehrungen erkämpft und erarbeitet. Und es bedeutet auch, die Gemeinsamkeiten mit anderen westlichen Ländern zu erkennen und gemeinsame Interessen zu verfolgen. Wenn ich manchmal sehe, mit welcher Gleichgültigkeit und Ahnungslosigkeit viele Menschen aus westlichen Staaten dem Weltgeschehen gegenüberstehen, stimmt mich das schon bedenklich. Hier noch ein Link zu einem Interview mit einem langjährigen Entwicklungshelfer, welcher sich (nach ca. einem Drittel dazu äussert): http://www.sonntagszeitung.ch/read/s...die-Irre-56057
Geändert von misterwah (25.02.2016 um 15:25 Uhr) |
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25.02.2016, 14:49 | #96 | |||
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Themenstarter
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Zitat:
Und da wird einiges an Werten von Dir genannt. Ob wir nun stolz darauf sind, diese Werte gefunden zu haben oder nicht: Es wären erst einmal Werte. Stolz klingt mir subjektiv so stark nach Erheblichkeit und Herablassung gegenüber anderen. Das könnte auch bedeuten, sich daran aufzuschwingen, dass wir andere als niedriger ansehen. Aber: Wie ist es, wenn "wir" nur zum Beispiel Diktaturen mit Waffen unterstützen und dann auf diejenigen herabblicken, die keine Demokratie haben? Ist Demokratie dann so sehr unser Wert? Die CSU ist so stolz auf unsere Meinungsfreiheit. Und wenn dann über den SPD-Parteitag berichtet werden soll, versuchen die das mit Vorsprachen bei öffentlich-rechtlichen Sendern zu verhindern? Dann sind die in der CSU aber stolz auf eine Meinungsfreiheit, die nur von anderen geschützt und hochgehalten wird. Der Westen ist für Frieden? Ist er das denn oder gibt es zahlreiche höhere Werte? Schließlich wurden in Syrien ja auch "Rebellen" unterstützt, die angeblich gemäßigt sind. Das bewaffnete Vorgehen der Rebellen hat den IS mit erstarken lassen. Die kämpfen schließlich nur gegen Assad und nie gegen den IS. Die wollen auch einen islamistischen Staat. Der Westen aber hat diese Rebellen ausgebildet und ausgerüstet. Es ist nicht der erste Fehlgriff der USA. Und bei aller Kritik an einer anderen Supermacht finde ich dieses Verhalten ebenfalls ethisch nicht vertretbar. Gemeinsame Interessen sollen verfolgt werden? Geht es da dann um Werte oder eher um gemeinsame Raubzüge?
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25.02.2016, 15:22 | #97 | |||
Special Member
Registriert seit: 08/2009
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Beiträge: 4.043
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Zitat:
Allgemein: Sicher war / ist der Umgang des Westens, insbesondere der USA mit anderen Regionen nicht immer vorbildlich. Das steht ausser Frage. Im Bezug auf Frieden meinte ich aber eher die Errungenschaft, dass Westeuropa und die USA aus den beiden Weltkriegen insofern gelernt haben, dass innerhalb des Westens Konflikte nicht mehr zu Kriegen führen.
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26.02.2016, 08:44 | #98 | |||
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Themenstarter
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Zitat:
Beim Frieden gibt es Ausnahmen. So unterstützen die USA, ob nun halbherzig oder ganzherzig ist bei den Werten egal, militärisch Rebellen gegen den Machthaber Assad in Syrien. Und es kommt mir hier nur darauf an, welche Werte dahinterstehen und welche die höchsten Werte sind. Also in dem Fall gibt es mindestens einen höheren Wert als Frieden für die USA. Welcher ist es? Vorgebracht werden von den USA gerne der Kampf gegen Menschenrechtsverletzer. Passt nur nicht ganz, wenn dann ausgerechnet Gruppen unterstützt werden, die mit Menschenrechten nichts zu tun haben. Was für ein Wert also wird da verfolgt? Ich habe den Verdacht, dass es da schlicht um den geostrategischen Machtkampf und um Absatzmärkte der Supermächte geht. Aber ist dieser Eigennutz ein "Wert"?
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26.02.2016, 08:56 | #99 | |||
Member
Registriert seit: 12/2010
Beiträge: 205
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Zitat:
Und von der Geopolitischen Macht profitieren letztendlich auch nur wenige, also ist es kein "westlicher" Wert sondern der Wert der Machthaber.
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26.02.2016, 09:04 | #100 | |||
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Themenstarter
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Zitat:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wertvorstellung Nicht jedes Handlungsziel würde ich also als Wert ansehen. Vielleicht ist es aber das Geheimnis des Westens zwar unbestimmt von eigenen Werten zu reden, aber gar keine (mehr) zu haben. Aber der Eigennutz des Westens war schon immer gut ausgeprägt. So wurde doch auch von den USA die Diktatur in Haiti aktiv über zwei Generationen im Sattel gehalten. Demokratie als Wert? Dieses Verhalten ist Hohn und Spott für den angeblichen vertretenen Wert der Demokratie.
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