Lilly 22

Am kommenden Sonntag (07. Mai 2017), tritt nun der unabhängige Kandidat Emmanuel Macron (39, „En Marche“) in einer Stichwahl gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen (47, „Front Nationa"l) für das Präsidentschaftsamt in Frankreich an. Um es kurz zusammen zu fassen:

Der ehemalige Minister für Wirtschaft, Industrie und Digitales Emmanuel Macron steht wohl eher für Wähler der politischen Mitte bzw. versucht er sich in seinem Wahlkampf an diese zu richten.
Seine Ziele sind es u.a. den Arbeitsmarkt (Fortbildung von Arbeitnehmern, Arbeitslose aus benachteiligten Stadtgebieten gezielter fördern, Strafen für Unternehmen, die trotz guter Geschäftslage keine unbefristeten Verträge anbieten, gleicher Lohn für gleiche Arbeit für Frauen und Männer usw.), die Arbeitslosenversicherung (welche zukünftig nicht mehr aus Abgaben, sondern aus Steuern finanziert werden soll), und das Rentensystem (kein Antasten des Rentenniveaus/-eintrittsalters/ Vereinfachung und Vereinheitlichung des Rentensystems) zu reformieren. Er ist europafreundlich. Seine Tätigkeit als Investment- banker bei Rothschild & Cie (bis 2012) läßt ihn allerdings etwas fragwürdig erscheinen.

Die Juristin Marine Le Pen versucht sich als jedenfalls nicht rechtsaußen zu populieren. Auch sie möchte mit der „Öffnung“ ihrer Partei mit ihrem Wahl- kampf nun zusätzlich Stimmen aus der bürgerlichen Mitte für sich gewinnen.
Ziele, die sie verfolgt sind u.a. der Austritt Frankeichs aus der EU und dem EURO. Sie lehnt eine multikulturelle Gesellschaft ab und spricht sich für einen Anti- Islamismus, Laizismus, Zuwanderungsstopp, den Wirtschaftsprotektio-nismus aus und möchte u.a. einer Änderung des Staatsangehörigenrechts und sogar die Wiedereinführung der Todesstrafe und sei dies nur über den Umweg eines Volksentscheides möglich. Auch wenn sie als Präsidentin mit der Exe- kutiven zusammen arbeiten muss, könnte sie die Regierung nachteilig behin- dern.

Was glaubt ihr, wer wird die Wahl gewinnen und wie seht ihr etwaige Auswir- kungen auf die EU- und Außenpolitik, je nachdem, wer es in den Élysée-Palast schafft?

hoefti

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Stan90

Die Umfragen für die Hauptwahl haben ziemlich gut gepasst. Ich sehe keinen Grund, warum die Umfragen hier anders sein sollten, die hier ca. 60-40 vorhersagen. Wenn kein großer Skandal bis zu Wahl mehr aufkommt, wird das m.E. so bleiben.

Nach der Hauptwahl werden wohl einige aus dem linken Protestlager sowie auch einige konservative zu LePen wechseln - das Gros der beiden genannten Lager wird aber Macron wählen.

Hier finden sich alle Umfrageergebnisse im Detail:
https://en.wikipedia.org/wiki/Opinio...election,_2017
Auch die geschätzte Wählerwanderung ist hier abgebildet.

Ich frage mich nur: Wird Macron seine Ansagen (die ja auch Hollande gemacht hat) endlich umsetzen können gegen die starken und lauten französischen Gewerkschaften? Die französische Wirtschaft braucht dringend liberale Reformen um wieder halbwegs wettbewerbsfähig zu werden.

monochrom

Ich bin gespannt wie viele Wähler aus dem linken Spektrum überhaupt wählen gehen. Das könnte ein entscheidender Faktor sein. Beide Kandidaten stehen ja nicht gerade für linke Positionen.

Stan90

Zumindest die Wahlabsicht wird ja mit erhoben:

Von Melenchon (Linksaußen): 44% Macron, 18% Le Pen, 38% Nichtwähler.
Von Hamon (Links): 72% Macron, 7% Le Pen, 21% Nichtwähler.
Von Fillon (rechts/konservativ): 46% Macron, 31% Le Pen, 23% Nichtwähler.

Einzelne Schwankungen je nach Datum und Institut sind der Quelle zu entnehmen.

Man sieht schon deutlich, dass die Melenchon-Wähler am ehesten vor einer Pest/Cholera Wahl stehen und folglich nicht zur Wahl gehen. Aus den gemäßigteren Lagern konnten sich mehr Leute für Macron oder Le Pen entscheiden. Dabei gehen aus dem gemäßigten linken Lager fast alle Wähler zu Macron, während Le Pen ca. ein Drittel der konservativen Wähler von Fillon bekommt - trotz dessen Wahlempfehlung für Macron.

Whiskas

Hauptsache nicht Le Pen.

Aber leider bezweifle ich, dass Macron etwas bewirken kann. Er hat keine Hausmacht im Parlament und kann alleine nichts durchbringen.
Dennoch werde ich ihn wählen... es gibt keine Alternative.

002gast

Nach neuesten Reportagen und Nachrichten büsst Macron gerade etwas von seiner Beliebtheit ein.
Seine Nähe zum Kapital, seine Herkunft ( Arzteltern), seine Ausbildung und nicht zuletzt auch seine Frau, die aus einer reichen Fabrikantenfamilie kommt ( Schokoladenfabrik seit Generationen in Amiens) machten ihn die letztem Tage etwas angreifbar.

Er wurde mehrmals bei Wahlveranstaltungen in Fabriken, Werften etc. offen ausgebuht.
Was vor 2 Wochen noch undenkbar schien.

Ein grosse TZ hat eine Reportage gebracht über seine Kindheit und Jugend. Dazu Zeitzeugen befragt...und oft hiess es " ja, er war ein netter, höflicher, intelligenter und ehrgeiziger Junge...aber man merkte, sie waren etwas Besseres...man gehörte nicht dazu, sie grenzten sich ab"...

Ich sorge mich halt, dass Marine Le Pen rhetorisch immer besser wird, klüger und anscheinend harmloser.

Sie hat am Sonntag in einer Zeitung ein ganzseitiges Interview gegeben, in dem sie quasi Macon befragt. So als würde sie mit dem Mikro Macron interviewen.
Sehr geschickt gemacht.
Den Finger in Frankreichs Wunde gelegt: die furchtbare ( Jugend)Arbeitslosigkeit, die schlechte wirtschaftliche Lage, der angekratzte Nationalstolz. Sie will ein Gütesiegel einführen " fabriqué en France also made in France"... und sie sagt ständig mantrahaft " mit Macron wird die Schere zwischen arm und reich weiter aufklaffen".
Macron steht für Bourgeoisie, für Geldadel.

Dieses Argument nutzt sie heftig, und es ist leider was dran.

"France first" so wie Mr Oranges "America first"..

Ich habe tatsächlich Angst,sie könnte es schaffen.
Wenn man mit den Leuten spricht, von ihren Sorgen und Nöten hört, merkt man, wie Le Pen dies geschickt nutzt hat, mit ihrere Propaganda.


Nein, leider halte ich es nicht für unmöglich, dass sie gewinnen könnte.
Leider ist für mich Macron nur das kleinere Übel, da er mir zu abgehoben, zu elitär rüberkommt.

Ein echtes Programm hat er auch nicht.
Die Franzosen lieben immer schon delikate Liebesgeschichten. Seine Brigitte bringt ihm viele Sympathien ein. Aber das reicht nicht.
Melenchon wäre meine Wahl gewesen.


Heute heisst es erneut in der TZ" Melenchons Wähler verweigern Macron ihre Stimme".
Fillon hat aufgerufen, Macron zu unterstützen. Aber Melenchon verweigerte das bis heute.


Warten wir den Sonntag ab.

Whiskas

Ha in der ersten Runde war ich für Fillon.
Er war aus meiner Sicht der einzige mit einem Wirtschaftsprogramm mit Chancen auf eine Besserung der Verhältnisse.
Leider hat er sich mit seinem Nepotismus eklatant in die Nesseln gesetzt. Da ist er selber Schuld! Den Franzosen harte - nötige - Massnahmen aufsetzen wollen aber selber der ganzen Verwandtschaft Ämter zuschachern.. das kommt nicht gut an.

002gast

Ja. Ich fand Fillon auch sehr aussagekräftig. Aber nachdem das rauskam, mit seiner Penelope und ihrem Geldsegen, die Finanzspritzen an seine 2 Kinder noch dazu, nun ja. Das war einfach Sch@isse.

Dann noch zu sagen " ich werfe das Handtuch nicht, das ist eine lancierte Schmutzkampagne gegen mich", das war zuviel.

Wenn ich Sch@isse baue, muss ich dazu stehen.


Hier gibt es Familien, die ein Einkommen von 1600€ netto haben, Beide arbeiten.
Und dazu oft 2-4 erwachsene Kinder, die noch zuhause wohnen, da sie arbeitslos sind und sich keine Wohnung leisten können.
Da kommt Fillon gerade Recht mit seiner Vetternwirtschaft....

Wie blöde kann man sein....

PIcasso1989

Ich dachte, du bist Schweizer?
Oder wählt man in der französischen Schweiz französisch?

Stan90

Wirtschaftspolitisch ist Melenchon eine Le Pen in grün (oder politisch eher rot). Protektionismus kannst du bei beiden ganz toll kriegen. Und einen großen Staat, der künstlich Nachfrage erzeugen soll, auch. Da nehmen sich beide nichts. Linksaußen und Rechtsaußen hat viel gemeinsam - das ist auch in Frankreich so.

Frankreich braucht keinen Protektionismus. Der würde das Land ruinieren. Frankreich braucht endlich Reformen, die den Arbeitsmarkt flexibler machen. Es klingt zynisch, aber eine Agenda 2010 mit viel Zeitarbeit und Niedriglohnsektor würde der französischen Gesamtwirtschaft gut tun.