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Alt 06.10.2017, 13:00   #1
dudeldi
Golden Member
 
Registriert seit: 01/2009
Ort: Unter einem großen bunten Herbstlaubbaum
Beiträge: 1.036
Gibt es Völker? Aufhänger: Katalonien aber auch Deutschland

Ich bleibe aufgrund einer tiefen Ratlosigkeit zur Zeit meinen geliebten Politikdiskussionen abhold.

In meiner Umgebung waren dereinst viele linksgeprägte Ethnologen, Politologen und Historiker.

Allesamt setzten diese sich für die Selbstbestimmungsrechte der Völker ein; Autonomiebestrebungen wurden allenthalben gutgeheißen, damit sich die entsprechenden Völker ihrem Wesen gemäß ohne Repressionen frei entwickeln konnten.

Zentralmächte, die viele Völker zusammenhielten wie bspw. die UDSSR wurden aus grundsätzlichen Gründen abgelehnt (nicht nur wegen ihrer gewaltsamen Methoden). Es wogte eine breiteste Sympathiewelle für Uiguren, Basken, Korsen, Kosovaren und Waliser.

Nie kam jemand ernsthaft auf den Gedanken, nur die Wirtschaftskraft sei der Aufhänger für Autonomiebestrebungen. Schon allein darum nicht, weil die meisten Völker mit Verselbständigungsdrang eher zu den Armen im Lande gehörten.

Letzte allgemeine Volks-Tollfindung war bekanntlich der Ukrainekonflikt. Noch für die Schotten schlugen die Herzen hoch vor ein, zwei Jahren und das tolle Kurdenvolk wird ja sowieso allgemein ob seines Volkszusammenhalts und seiner tapferen Volksseele hoch gelobt.

Neuerdings jedoch ist das Gegenteil festzustellen, wenn es um Katalanen und Deutsche geht:

-die Katalanen wollten (so die neue Mainstreammeinung) doch nur nicht den armen Süden durchfüttern. In Wirklichkeit sei Katalonien doch nur eine Gegend, so etwas wie ein Volk der Katalonen gäbe es doch gar nicht, Völker seien wenn überhaupt eine dynamische Gruppe, die nur zufällig zusammenfände und daher auch keine innere Verbindung außer dem Wohnort und eventuell einer Sprache habe.

-die Deutschen seien gar kein Volk weil es (so die Mainstreammeinung) keine Völker gibt, sondern nur "Bewohnerschaften". Daher sei die Rede vom deutschen Volk per se schon rechts. "Bah allein dieses Wort!" musste ich neulich von einem hören, der vor Jahren mit seinem Bulli auf jedes bretonische Festival gefahren ist und damals die ganze Bude mit Keltensymbolen vollgehängt hatte.

Gibt es nun Völker, oder ist das nur eine Erfindung der Nationalisten?
Und wenn es sie gibt: Gilt das Prinzip der Selbstbestimmung noch?
Und wenn es sie nicht gibt: Gibts dann auch keine Kurden und Ukrainer?
dudeldi ist offline  
Alt 06.10.2017, 13:00 #00
Administrator
Hallo dudeldi, in jeder Antwort auf deinen Beitrag findest du eine Funktion zum Melden bei Verstössen gegen die Forumsregeln.
Alt 06.10.2017, 13:23   #2
Stan90
abgemeldet
Zitat:
Zitat von dudeldi Beitrag anzeigen
-die Deutschen seien gar kein Volk weil es (so die Mainstreammeinung)
Das ist Unfug und nicht im Ansatz Mainstreammeinung. Es kommt halt darauf an, wie man Volk definieren möchte. Ist es eine Bevölkerung mit großen kulturellen Gemeinsamkeiten? Wie grob möchte man diese Gemeinsamkeiten fassen? Sind Europäer und Asiaten verschiedene Völker? Vermutlich. Sind Spanier und Russen verschiedene Völker? Vermutlich ebenfalls. Spanier und Italiener? Spanier und Katalanen? Bayern und Franken? Westfalen und Rheinländer?

Die Unterschiede (kulturell, dazu gehört auch sprachlich) werden die Unterschiede in jeder Stufe kleiner. Wo genau die Grenze gezogen wird, ist sicherlich schwierig. Ich bin an der Grenze zu den Niederlanden aufgewachsen. Ich finde Lederhosen und Oktoberfest fremder als vieles niederländisches. Insofern finde ich persönlich(!) merwürdig, warum ich mit Bayern zu einem Volk gehören soll aber nicht mit Menschen, die 10km entfernt von mir aufgewachsen sind und mit denen ich viel mehr Kontakt hatte.

Speziell in Katalonien muss das Historische berücksichtigt werden. Die katalanische Kultur und Sprache wurde Jahrzehnte lang auch gewaltsam aus Madrid unterdrückt. Dass daraus nicht direkt große Freundschaft erwächst, ist nur verständlich.

Zitat:
Und wenn es sie gibt: Gilt das Prinzip der Selbstbestimmung noch?
Dazu hatte die FAZ einen guten Artikel.
(http://www.faz.net/aktuell/politik/a...-15232712.html)

Selbstbestimmungsrecht gilt - aber nicht uneingeschränkt. Es kann auch bedeuten, dass große Kompetenzen und Selbstständigkeiten Lokalregierung, wie hier eben der katalonischen Regierung überstellt werden. Ein uneingeschränktes Selbstbestimmungsrecht würde zerstörerischen Einflüssen von außen Tür und Tor öffnen - man schaue auf Russland und die Krim.
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Stan90 ist offline  
Alt 06.10.2017, 20:03   #3
Helmut Logan
Snikt!
 
Registriert seit: 09/2016
Ort: Springfield
Beiträge: 4.607
Ja, Völker, die ihre eigenen Kulturen haben, die gibt es. Geht ja historisch alles weit zurück und so sind auch in Deutschland einige Völker zusammengekommen. Die natürlich in diesem Fall so einige Ähnlichkeiten mitbringen.

Dass es auch mit größeren sprachlichen Unterschieden geht, beweist die Schweiz.
Die Völker bzw. Volksgruppen müssen halt gleichberechtigt sein, ihre Kultur leben dürfen aber auch nicht müssen.

Ich bin ja eher links eingestellt, aber keineswegs auf eine Ideologie geprägt. Es gibt eben Dinge, die ich für richtig und Selbstverständlich halte, und die sind wohl meistens links einzuordnen. Rechts geht für mich nicht, weil ich gegen Fremdenfeindlichkeit bin.
Dennoch war und ist mir z.B. nicht klar, warum um einen Begriff wie "völkisch" so ein Aufhebens gemacht wird. Nicht, dass ich das Wort brauchen würde bzw. wüsste, wozu man es denn verwenden könnte. Eher sachlich neutral und weder positiv noch negativ, würde ich mal schätzen. Schließlich redet man doch auch von "Volksverhetzung" und die Bildzeitung verkauft den "Volkstoaster" o.ä.
Zwar verwendeten die Nazis das Wort "völkisch" gerne, aber da gab es schließlich auch den "Volksempfänger", an den ich immer denken muss, wenn ich das neueste "Volks"-Produkt der o.g. Presseerzeugnisimitation sehe. Also da wird schon mit zweierlei Maß gemessen.

Mir scheint es, als ob Linke, die sich stark von dieser Ideologie geprägt fühlen, sich stark von Rechten abgrenzen wollen, wenn man z.B. sagt, der Begriff "das deutsche Volk" wäre rechts einzuordnen oder eben in Deutschland nicht vom Volk reden möchte.

Denn schließlich nutzen andere Völker siucher auch diese Begriffe. Auch wenn die richtige Folkloremusik haben und nicht einfach nur diese kommerzialisierten Lieder für Uroma und Uropa aus dem Mutantenstadl, die es bei uns gibt und die sich irgendwie auch auf Bayern und Berge reduzieren.

Dann lieber Klaus & Klaus.

Die Sache mit der Ukraine ist natürlich etwas komplizierter. Die Krimtataren waren die Leidtragenden und auf der Krim ist anscheinend auch wirtschaftlich und vomn Tourismus her einiges den Bach runter gegangen. In der Ostukraine wird noch gekämpft, aber man hört kaum noch was davon. Ich kann mir vorstellen, dass viele Bewohner ins Landesinnere geflohen sind. Putin wird da auch nicht klein bei geben, sein Ziel bleibt die Landverbindung zur Krim - darum geht's nämlich dabei.

Und bei der Krim ging's um die Schwarzmeerflotte.

Die Kurden, ich finde, sie haben ihr eigenes Land verdient. Denn in den Ländern, in denen sie beheimatet sind, schert sich die Regierung einen Dreck um sie.

Und auch Schottland hat ein gutes Recht, Großbritannien zu verlassen. Schließlich ist es ja auch ein Land und nicht nur ein Gebiet.
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Helmut Logan ist offline  
Alt 07.10.2017, 10:19   #4
gastlovetalk
Forumsgast
 
Beiträge: n/a
Von einer Unterdrückung katalanischer Kultur oder katalonischer Sprache kann aber wohl ernsthaft heute nicht mehr die Rede sein:

in allen Ämtern wird inzwischen katalonisch gesprochen / verstanden, Beamte kastilischer Herkunft mussten die Sprache nachlernen. In den Schulen wird katalonisch gesprochen und zwar auch als Unterrichtssprache, der kulturelle und politische Autonomieprozess schreitet schon viele Jahre lang (und bisher recht reibungsfrei) voran.

Ich könnte mir eine katalanische Sezession mit nachfolgender Integration beider Staaten in die EU (in eine "EU der Regionen") zwar durchaus vorstellen. Allerdings müsste sie - wie es für Schottland vorbereitet war - in einem KONSENSprozess erfolgen, also nicht nur muss eine katalonische Mehrheit das wollen, sondern auch die spanische Regierung muss einverstanden sein, damit das sinnvoll vorstellbar wird.

Aufgabe einer separatistischen Bewegung in Katalonien müsste sein, BEDINGUNGEN zu schaffen, unter denen eine Sezession Kataloniens für Spanien akzeptabel wird.

Puidgemont aber setzte bisher lieber auf zunehmende Polarisation. Und Rajoy ist zu einem bestimmten Zeitpunkt darauf hereingefallen und hat sich in die Falle locken lassen - die Härte der Polizeieinsätze wird inzwischen bedauert. Wsl. wäre die Regierung besser gefahren, hätte sie die Abstimmung einfach geschehen lassen, unter begleitenden öffentlichen Hinweisen darauf, dass ihr Ergebnis nicht bindend ist.

Von beiden Seiten sollte man zu ernsthaften Gesprächen und Interessensausgleich zurückkehren.
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Geändert von gastlovetalk (07.10.2017 um 10:26 Uhr)
 
Alt 09.11.2017, 13:22   #5
poor but loud
Quoten-, äh, -dings
 
Registriert seit: 03/2006
Beiträge: 4.911
Die Kurden sollten ebenso ihr eigenes Land erhalten wie die Deutschen. Krieg und Terror herrschen doch gerade da, wo Vielvölkerstaaten bestehen oder sogar mutwillig erschaffen werden.
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poor but loud ist offline  
Alt 09.11.2017, 15:42   #6
Stan90
abgemeldet
Zitat:
Zitat von poor but loud Beitrag anzeigen
Die Kurden sollten ebenso ihr eigenes Land erhalten wie die Deutschen. Krieg und Terror herrschen doch gerade da, wo Vielvölkerstaaten bestehen oder sogar mutwillig erschaffen werden.
Wie die Deutschen in Eupen & Malmedy, in Elsaß-Lothringen, Schlesien und West- und Ostpreußen?

Du hast aber vollkommen Recht. Solange die Kurden im nahen Osten derart aufgesplittet sind und die politischen Grenzen in keinster Weise die Realität der Bevölkerung widerspiegeln, sehe ich da unten auch keinen langfristigen Frieden.

Was hilft uns aber diese Einsicht? Die Türkei würde niemals einen Kurdenstaat zulassen. Und trotz unserer traurigen Weltgeschichte kann die UN immer noch nicht richtig mit Diktatoren umgehen.
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Stan90 ist offline  
Alt 09.11.2017, 16:26   #7
poor but loud
Quoten-, äh, -dings
 
Registriert seit: 03/2006
Beiträge: 4.911
Zitat:
Zitat von Stan90 Beitrag anzeigen
Wie die Deutschen in Eupen & Malmedy, in Elsaß-Lothringen, Schlesien und West- und Ostpreußen?
Nein, das nicht. Die Raubzüge Deutschlands, aber auch Polens insbesondere gegenüber den jeweils östlichen Nachbarn lehne ich zutiefst ab, und dass die alten Grenzen nach dem Zweiten Weltkrieg weit gehend wiederhergestellt wurden, ist nur recht und billig. Die diversen Vertreibungen (von Deutschen ins heutige Staatsgebiet, aber auch von Polen und Sowjets in den jeweiligen Nachbarstaat) sind für jeden einzelnen Betroffenen ein schwerer Schicksalsschlag. Aber sie erfolgten mit dem Ziel, die Völkerdurchmischung zu minimieren und den ehemaligen Kriegsgegnern die Grundlage für erneute Gebietsansprüche zu nehmen. So makaber es sich anhört, die Vertreibungen haben wohl ebenso wie der (im Falle der Tschehoslowakei fortgesetzte) Zerfall noch bestehender Vielvölkerstaaten zum Frieden beigetragen. Das sieht auch mein Vater so, obwohl er selbst Vertriebener ist.

Aber innerhalb der heutigen Grenzen unseres Landes sollten wir Deutsche doch unser eigenes "Reich" haben. Die Ablehnung von Staatsgrenzen und die Durchmischung der Völker führt gerade wieder dorthin, wo wir heute vor 79 Jahren waren.
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poor but loud ist offline  
Alt 09.11.2017, 16:39   #8
HW124
 
Registriert seit: 07/2010
Ort: Am Rande der Lüneburger Heide
Beiträge: 11.212
So von Geschichte biste aber ziemlich unbehelligt, oder?

Deutsche, Niederländer etc. haben seit dem 11./12. Jhd in Pommern und Ostpreußen gesiedelt, Land urbar gemacht und Städte gegründet (schau mal woher diverse Städte jenseits der Oder ihr Stadtrecht haben). Diese Vertreibungen dann mit 'Raubzügen' zu rechtfertigen ist gradzu aberwitzig.

Auch die Tschecheslowakei heranzuziehen, ein Gebilde, das erst mit dem Ende des WK1 überhaupt aus der Taufe gehoben wurde und wo seitens der Tschechen von vornherein klar war, das SIE das Staatsvolk sind und alle Anderen nur Ferner Liefen sind zeugt nicht grade Geschichtswissen.
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HW124 ist offline  
Alt 09.11.2017, 16:54   #9
poor but loud
Quoten-, äh, -dings
 
Registriert seit: 03/2006
Beiträge: 4.911
Zitat:
Zitat von HW124 Beitrag anzeigen
So von Geschichte biste aber ziemlich unbehelligt, oder?
Schon möglich. Immerhin habe ich mein Abitur in Deutschland gemacht und das erst im letzten Fünftel des 20. Jahrhunderts.


Zitat:
Diese Vertreibungen dann mit 'Raubzügen' zu rechtfertigen ist gradzu aberwitzig.
Raubzüge gab es aber auch zur Genüge.


Zitat:
Auch die Tschecheslowakei heranzuziehen, ein Gebilde, das erst mit dem Ende des WK1 überhaupt aus der Taufe gehoben wurde...
Die Tschechoslowakei entstand durch Teilung des Vielvölkerstaats Österreich-Ungarn und war ein Vielvölkerstaat, der sich inzwischen erneut geteilt hat.
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poor but loud ist offline  
Alt 09.11.2017, 17:49   #10
Stan90
abgemeldet
Der Kommentar zu ehemals deutschen Gebieten war mit Augenzwinkern zu verstehen und soll keine abweichende Diskussion gründen.
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Stan90 ist offline  
 

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