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Alt 01.08.2009, 23:13   #1
poor but loud
Quoten-, äh, -dings
 
Registriert seit: 03/2006
Beiträge: 4.911
Erinnerungen an frühkindliche Phase

Man geht davon aus, dass die bewusste Kindheit bei den meisten Menschen um den vierten Geburtstag herum beginnt. Alles, was länger zurückliegt, gerät also i. d. R. in Vergessenheit, von einigen herausragenden Ereignissen abgesehen. Das, was danach kommt, wird vom Gehirn eingehend untersucht und zum Teil im Langzeitgedächtnis gespeichert.

Ich würde mich gern mit Euch über folgende Aspekte unterhalten:

- Ist das bei Euch auch so, oder könnt Ihr Euch noch an wirklich viele Dinge erinnern, die längere Zeit vor dem 4. Geburtstag stattgefunden haben (d. h., beginnt die bewusste Kindheit bei Euch deutlich früher)?

- Was sind die frühesten Ereignisse, an die Ihr Euch noch erinnert?

- Könnt Ihr Euch an spätere Ereignisse zunehmend besser erinnern, oder gab es lange danach irgendwelche Dinge, die Euch heute kaum glaubhaft erscheinen?

Ich fange mal mit mir selbst an. Meinen Geburtsort habe ich im Laufe des fünften Lebensjahres verlassen, so dass ich einigermaßen sicher sagen kann, dass meine bewusste Kindheit um diese Zeit beginnt. In der alten Wohnung hat sich meine Mutter mal über meinen Vater geärgert und zu mir gesagt, dass er doof sei. Ich lief dann sofort zu ihm und bezeichnete ihn als doof, schaffte es aber nicht, diese Aussage als Zitat kenntlich zu machen. So fing ich mir seinen Ärger ein.

Ich erinnere mich auch noch an einen Spaziergang. Wir kamen erst in der Abenddämmerung heim und passierten dabei eine Brücke. Die Straße war von Gaslaternen erleuchtet.

Weitere Begebenheiten fielen mir erst ein, nachdem ich die entsprechenden Fotoalben zur Hand nahm oder den Erzählungen meiner Eltern lauschte. So haben wir damals eine Freundin besucht. Mir fiel daraufhin ein, dass wir auch dort übernachtet haben und dass ihre Eltern unser Zimmer zur Nacht absolut lichtdicht abgedunkelt haben, zu dunkel für meinen Geschmack. Andere Fotos zeigen, wie unsere Wohnung damals eingerichtet war, welche Art von Fensterrahmen (nämlich dieselben wie in der nächsten Wohnung) wir hatten und wie der Balkon aussah (nämlich ähnlich wie bei der letzten Wohnung meiner Mutter). Auch hier ist mir nach Betrachtung der Fotos Einiges wieder ins Bewusstsein getreten.

Eines Tages sollte ich in den Kindergarten kommen. Meine Mutter erzählte mir, dass ich, als sie sich von mir verabschiedete, lauthals losgeplärrt habe und nicht mehr zu beruhigen war. So haben wir das Experiment erst einmal zu den Akten gelegt. Nach Mutters Bericht fiel mir sogar der Familienname jener Frau, die meine Gruppe betreuen sollte, wieder ein.

Auch an die erste Weihnacht in der neuen Wohnung kann ich mich kaum noch erinnern. Aber meiner Mutter ist eine Anekdote von diesem Weihnachtsfest eingefallen, und ich kann gut nachvollziehen, dass sich das damals so zugetragen hat. Auch die Platzierung des Gabentisches erscheint mir typisch für diese Zeit.

Nachdem ich mich lange Zeit nicht darum gekümmert hatte, was früher war, sind mir im Zuge der Beschäftigung mit meiner Vergangenheit viele Dinge auch ohne die Nachhilfe von Fotos eingefallen. Ich erinnere mich noch an das Mädchen, das in meiner Kindergartenzeit meinen Namen immer falsch aussprach, und an den Jungen, der damals so nebenbei "Mexico" von den Les Humphries Singers trällerte.

Ich weiß auch noch, wo das Transformatorenhäuschen stand, an dem ich bei einem Spaziergang mit meiner Mutter vorbeikam. Ein paar Minuten davor oder danach war am Himmel ein Kondensstreifen zu sehen, der erste Kondensstreifen, an den ich mich noch entsinnen kann.

An die Art und Weise, wie wir damals unsere Wohnung eingerichtet haben, kann ich mich aber nicht mehr wirklich erinnern. Etwa zeitgleich mit meiner Einschulung wurde da eine größere Änderung vorgenommen, und danach entsprach das Wohnzimmer im wesentlichen seinem endgültigen Zustand, den ich auch noch in Erinnerung habe. Gegen Ende meiner Grundschulzeit wurden noch zwei größere Änderungen durchgeführt. Sie erfolgten im Abstand von einem Jahr; die in der Übergangszeit praktizierte Wohnlösung war also sehr kurzlebig, wahrscheinlich die kurzlebigste, die wir jemals ausprobiert haben. Wohl deshalb kann ich mich nicht mehr wirklich daran erinnern. Selbst nach wiederholter Betrachtung der einschlägigen Fotos erscheint mir das nicht real. Erst, wenn ich verschiedene Ereignisse Revue passieren lasse, die sich inmitten unserer damaligen Wohnlandschaft abgespielt haben, akzeptiert mein Gehirn, dass es so gewesen sein könnte.

An noch spätere Ereignisse kann ich mich ganz gut erinnern.

Geändert von poor but loud (02.08.2009 um 00:26 Uhr)
poor but loud ist offline  
Alt 01.08.2009, 23:13 #00
Administrator
Hallo poor but loud, in jeder Antwort auf deinen Beitrag findest du eine Funktion zum Melden bei Verstössen gegen die Forumsregeln.
Alt 01.08.2009, 23:16   #2
Faybi1
Member
 
Registriert seit: 07/2009
Ort: Stade
Beiträge: 136
Hi!
Hab schon auf dein anderes, ähnliches Thema geantwortet
mit zunehmendem altter kann ich mich an mehr dinge erinnern , stimmt.
Aber ich kann mich auch noch an wenige Dinge davor erinnern, aber dafür sind diese sehr scharf in mein Gedächtnis eingebrannt und ich hab sie sehr deutlich vor Augen. Aber nicht mehr
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Faybi1 ist offline  
Alt 01.08.2009, 23:18   #3
LaLane
Forumsgast
 
Beiträge: n/a
Also ich hab definitiv Erinnerungen an die Zeit vor meinem 4. Geburtstag und hab damit vor allem meine Mutter verblüfft. Bin eben ein Scheidungskind und weiß dennoch, wie die alte Wohnung von meinen Eltern aussah, obwohl die sich lange vor meinem 4. Geburtstag getrennt hatten und ich nach der Trennung diese Wohnung auch nicht mehr sehen konnte.

Allerdings scheint zwischen diesen Erinnerungen und meinen ersten bewussten Erinnerungen eine ziemlich lange Zeit zu liegen. Allgemein kommen mir meine Erinnerungen an meine Kindheit ziemlich irreal vor...
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Alt 01.08.2009, 23:32   #4
santelinchen
abgemeldet
die schwierigkeit liegt erstmal darin zu unterscheiden, an was man sich wirklich erinnert und was einem nur (mehrfach) erzählt worden ist.
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santelinchen ist offline  
Alt 01.08.2009, 23:39   #5
LaLane
Forumsgast
 
Beiträge: n/a
Zitat:
Zitat von santelinchen Beitrag anzeigen
die schwierigkeit liegt erstmal darin zu unterscheiden, an was man sich wirklich erinnert und was einem nur (mehrfach) erzählt worden ist.
Ich bin mir da ziemlich sicher, denn ich hab da bestimmte Bilder vor mir. Und mit meiner Mutter erst darüber geredet als ich so 16/17 war. Von daher...
Und im Gegensatz dazu hatte meine Mutter mir nie beschrieben wie unsere Wohnung damals nachts im Dunkeln aussah, und das aus einem Kinderbett herausgesehen...

Scheint wohl dann eine Erinnerung zu sein, oder? Ich frag nur nach, weil ich deinen Einwand nur allzu gut verstehe.
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Alt 02.08.2009, 13:01   #6
hello
Member
 
Registriert seit: 11/2008
Ort: Österreich
Beiträge: 271
Hmmm... Woher soll ich wissen wie alt ich war als dies oder jenes passiert ist?

Keinen plan ich weiß nur das ich mich nicht mehr daran erinnere das ich mal in die windeln gemacht hab...
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hello ist offline  
Alt 02.08.2009, 13:26   #7
haselinja
abgemeldet
Ich hatte als Kind oft einen sehr komischen Alptraum. Beschreiben kann ich ihn nicht, aber ich bin immer schweißgebadet aufgewacht. Es war eine Farbe, ein Gefühl und ein sehr unangenehmes Geräusch.

Als ich so 20 war habe ich eine Reportage gesehen über Embryonenentwicklung.
Dort wurde aus Sicht des Baby gezeigt, wie sich ein Ultraschall anfühlt.
Leute, mein ganzer Alptraum war wieder da.
Dieses dunkle Licht, das Geräusch und dieses komische Gefühl...

Seither bin ich davon überzeugt, dass dieser Traum, der mich als Kind immer verfolgt hat ein postnatales Trauma vom Ultraschall war.

Das, was ich im Fernsehen gesehen habe, hat genau das gleiche Gefühl in mir ausgelöst und ich war total geschockt.

Auch heute, mit 25, habe ich diesen Traum noch manchmal...
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haselinja ist offline  
Alt 06.08.2009, 12:30   #8
Anilem
Senior Member
 
Registriert seit: 03/2009
Ort: ca. 120 km zu weit südlich
Beiträge: 757
Wann die Erinnerungen anfangen hat ja auch damit zu tun, wann man richtig anfängt zu sprechen und somit dann auch Empfindungen zu Gedanken werden, die man in Worte fassen kann. Ich hab z.B. recht früh gesprochen (auch gerne und viel) und meine ersten Erinnerungen liegen ne ganze Weile vor meinem 4. Geburtstag.
Ich bin umgezogen mit meiner Familie als ich grad 5 geworden war, daher lässt sich gut unterscheiden was Erinnerungen von früher sind und was später gekommen ist. Ich hab z.B. von unserem alten Haus ganz genaue Bilder vor Augen usw. aber auch von Situationen die damals passiert sind.
Meine früheste Erinnerung ist dass ich die Treppe runter gefallen bin und ein Spielzeug von mir dabei kaputt gegangen ist... tja, schmerzhafte Erfahrung, sowas prägt sich ein...
Ansonsten muss ich sagen, dass ich mich teilweise an Sachen aus der frühen Kindheit besser erinnern kann als an irgendwas was so in der 8. oder 9. Klasse passiert ist (was für mich nicht so besondere Jahre waren, halt so irgendwie in between...). Erinnerungsn von ganz früher sind bei mir da also sogar manchmal intensiver vorhanden.
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