15.02.2001, 07:29 | #31 | ||
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zuHause?
Etwa in einem fernen Land vor unserer Zeit...,
...ja, hinter'm Horizont geht's weiter...
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15.02.2001, 08:24 | #32 | ||
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Ein kurzes Gutenacht-Märchen für den Traumreisenden...
Das Mädchen aus dem Meer Es war einmal ein Bauer, der hatte einen einzigen Sohn. Eines Tages zog der Sohn auf die Jagd und kam zu einer Meeresbucht, wo der Strand mit feinem Sand bedeckt war und das Wasser weit hinaus hell und klar über dem weißen Sandboden leuchtete. Der junge Bursche setzte sich am Waldrand nieder und zog seinen Speisevorrat aus der Tasche. Während er es sich auf das beste schmecken ließ, tauchten drei Mädchen aus dem Meer empor, stiegen ans Ufer und legten ihre Kleider ins Gras, zwei von ihnen an denselben Ort, die dritte aber legte die ihrigen ein wenig abseits von den anderen. Alsdann begaben sie sich zurück in die See, plätscherten mit den Händen im Wasser und spielten und lachten. Darauf gingen sie wieder ans Ufer, legten ihre Kleider an und verschwanden so plötzlich, wie sie gekommen waren. Auch der junge Bursche ging seines Weges. Er kam aber am nächsten Tag wieder, um zu sehen, ob die Mädchen sich von neuem zeigen würden, und suchte ein Versteck, von wo aus er sie ganz aus der Nähe beobachten konnte, ohne daß sie ihn entdeckten. Er hatte noch nicht lange dagesessen, als die drei Mädchen auch wirklich wieder aus dem Wasser auftauchten und ebenso taten wie das erstemal. Auch an diesem Tag störte der junge Bauernsohn sie nicht, bemerkte indes, daß die Kleider, welche das eine der Mädchen abseits gelegt hatte, hübscher waren als die der anderen beiden. Am dritten Tag begab sich der junge Bursche wieder ans Meer, doch diesmal mit dem festen Vorsatz, daß, falls er die Mädchen noch einmal zu sehen bekäme, er der dritten die Kleider verstecken wollte. Wie gedacht, so getan. Die Mädchen kamen wieder, und während sie badeten, nahm der bursche die schönen Kleider der einen fort und versteckte sie. Als die drei Mädchen wieder ans Ufer stiegen, fanden zwei von ihnen ihre Kleider am bekannten Ort, zogen sie an und verschwanden. Die dritte aber suchte die ihren vergeblich. Ihr wurde bang, sie lief hin und her und rief dabei: "Wenn du ein Mann bist, der mir die Kleider genommen, so verspreche ich dir dasjenige Mädchen als Liebste, das du selbst dir wünschest. Bist du aber ein Mädchen, sollst du den zum Bräutigam haben, nach dem dein Herz verlangt!" Da kam der junge Bursche aus seinem Versteck hervor und sprach: "Du bekommst deine Kleider nicht eher, als bis du mir versprichst, selbst meine Frau zu werden." Das Mädchen weinte und jammerte und sagte, daß es nicht möglich sei, was er wünsche. "Ich kann hier nicht leben, weil ich hier nicht zur Welt gekommen bin, und du kannst nicht leben, wo ich herkomme." Der junge Bursche bat aber so lange, bis sie ihm schließlich nachgab und versprach, seine Frau zu werden, obwohl sie dabei heftig weinte. Er führte sie zu seinen Eltern, ließ sie taufen und gab ihr einen christlichen Namen, worauf sie sich ehelich verbanden und nach einigen Jahren einen Sohn bekamen. Als der Sohn groß geworden war, daß er laufen konnte, begleitete er seinen Vater eines Tages zum Vorratshaus. In einem Kasten, aus dem der Vater etwas herausnahm, lagen obenauf einige Kleidungsstücke, die er beisetie legte und die dem Knaben, der sie neugierig anschaute, besonders schön und rar vorkamen. So fragte er den Vater, wem sie denn gehörten. Der Vater gab hierauf aber keine Antwort und legte die Kleider an die alte Stelle zurück. Am folgenden Tag jedoch, als der Vater in den Wald gegangen und die Mutter mit dem Knaben allein geblieben war, erzählte er ihr von den schönen, raren Kleidern, die er mit dem Vater im Vorratshaus gesehen. Da nahm die Mutter den Knaben bei der Hand und hieß ihn, ihr zu zeigen, wo die Kleider versteckt waren. Als sie den Kasten öffnete, erkannte sie gleich die Kleider wieder, die sie einst aus dem Meer mitgebracht hatte, und empfand Freude und Traurigkeit darüber. Sie nahm die Kleider mit in die Stube, legte sie an udn küßte ihren kleinen Sohn, welcher auf der Schwelle stehenblieb und ihr nachschaute. Langsam ging sie zum Strand hinab und verschwand im Meer, aus dem sie gekommen war. Als der Mann nach Hause kam und seine Frau nirgends sah, fragte er den Knaben: "Wo ist deine Mutter?" "Die Mutter", antwortete das Kind, "ist ans Meer gegangen." Da wußte der Mann, daß sie ihre Meerfrauenkleider wiedergefunden hatte und in ihre Heimat zurückgekehrt war. Er war traurig und wußte nicht, was er anfangen sollte. In seiner Not suchte er die Gieddagäts-galgjo auf und erzählte ihr, was vorgefallen war. "Hast du Kinder?" fragte sie ihn. "Ja", antwortete der Mann, "einen kleinen Sohn." "So sei nicht länger traurig", sprach sie. "Dreimal wird deine Frau in dein Haus zurückkommen. Läßt du sie das drittemal gehen, so hast du sie für immer verloren. Heute nacht kommt sie das erstemal, doch darfst du dich in deinem Bett nicht rühren, sondern mußt tun, als ob du schläfst. Sie wird sich bei eurem Kind niedersetzen und es eine Zeitlang streicheln und liebkosen. In der zweiten Nacht wird sie wiederkommen und ebenso tun. Sobald es dann am dritten Tag Abend wird, mache dir im Winkel bei der Tür ein Versteck zurecht und laß das Bett so aussehen, als ob du darin liegst und schläfst. Wenn sie das drittemal kommt, wird sie am längsten verweilen. In dem Augenblick aber, wo sie fortgehen will, fasse sie um den Leib und halte sie mit allen Krästen fest. Sprich zu ihr liebevoll und suche sie zu überreden, daß sie bei dir bleibt. Wenn sie nachgibt und nicht länger versucht, sich von dir loszureißen, so führe sie zum Bett und leg dich mit ihr hinein. Sobald sie aber eingeschlafen ist, steh leise auf, geh hinaus und sieh zu, daß du die Kleider findest, welche sie trug, als sie aus dem Meer kam. Bring sie zu mir, und ich werde sie so aufheben, daß sie nimmer wieder von Menschenaugen erblickt werden sollen." Alles ging so, wie die Gieddagäts-glgjo es vorausgesagt. Als die Mutter zweimal bei ihrem Kind gewesen und der Abend des dritten Tages nahte, tat der Mann, wie Giedagäts-glgjo ihm geraten hatte. Die Lampe brannte noch, da hörte er seine Frau kommen, leise die Tür öffnen und nach der Stelle sich hinschleichen, wo das Kind lag. Sie setzte sich bei ihm nieder und begann es zu streicheln und zu liebkosen. Als sie aber fortgehen wollte und mitten in der Stube war, ergriff ihr Mann sie und hielt sie fest und sprach ihr liebevoll zu mit all den überredenden Worten, deren er mächtig war. Und endlich beruhigte sie sich und versuchte nicht länger, sich loszureißen. Er führte sie zum Bett und legte sich mit ihr hinein. Rasch versank sie in einen tiefen Schlaf, in welchem ihr Mann sie ließ, als er aufstand, um ihre Kleider zu suchen. Er fand sie und brachte sie zu Gieddagäts-galgjo, die sagte: "Ich will die Kleider so verbergen, daß kein menschliches Auge sie je wieder sehen soll." Da ging der Mann froh nach Hause und legte sich and er Seite seiner Frau nieder. Von dieser Zeit an führten sie ein glückliches Leben. Alles schlug ihnen nach Wunsch aus, und die Verwandten der Frau brachten ihr aus der Tiefe des Meeres alles, was sie nötig hatte oder wünschte. (Märchen aus Lappland) Tja, so ist's im Märchen...und was lernen wir daraus? Mädels, laßt ja immer eure Kleider an! Bald bekommst du ein richtig schönes, Poet! xtine
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01.03.2001, 06:33 | #33 | ||
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"Ein chinesisches Märchen"
Hallo, kleine Prinzessin, träumst du schon...,
...http://cwm.ragesofsanity.com/s/asian3/pmoonsleep.gif..., ...vielleicht von einem Aprikosenmädchen??? "DAS APRIKOSENMÄDCHEN" Vor langer, langer Zeit lag einmal an den Ufern des Westsees ein kleines Dörfchen mit Namen Aprikosenblüte. In diesem Dorf lebte ein hübsches Mädchen, das die Dorfbewohner einfach Aprikosenmädchen nannten. Es hütete die Wasserbüffel seines Vaters und ließ die guten Tiere in den Uferweiden ihr Futter suchen. Immer paßte es gut auf die Herde auf. Eines schönen Tages im frühen Sommer, als die Aprikosen gereift und die Bäume voller süßer Früchte und die Luft voller guter Düfte waren, fiel eine große Aprikose vom Baum vor das Aprikosenmädchen, die es im Grase auflas und essen wollte. Da hörte es plötzlich eine Stimme sagen: „Bitte, beiße mich nicht, esse mich nicht, laß mich gehen!“ Sie blickte um sich, sah aber niemanden. Erschrocken ließ sie die Aprikose fallen. Genau an jener Stelle, an der die Aprikose auf den Boden gefallen war, wuchs plötzlich eine wunderschöne Frau aus der Erde, angetan mit einem seidenen, aprikosenfarbenen Gewand. „Fürchte dich nicht, ich bin die Aprikosengöttin“, sagte die Frau. Dann nahm sie eine goldene Haarnadel aus ihrem Haar und gab sie dem Aprikosenmädchen. „Du bist ein gutes Mädchen, das hart arbeitet, ich möchte dir diese goldene Haarnadel geben. Wenn du jemals in Not kommst, dann klopfe mit dieser Haarnadel an irgendeinen Gegenstand und rufe dann die Aprikosengöttin dreimal, dann will ich kommen und dir helfen.“ Und in einer Rauchwolke flog die Göttin in den Lüften davon, und siehe, eine große Aprikose erhob sich vom Grund und flog empor zu dem Baum, wo sie wiederum als schöne rötlichgoldene Frucht glänzte. Das Aprikosenmädchen wuchs heran und heiratete schließlich den neunten Sohn der Sung-Familie. Diese Familie war aber so groß, das sich bald da und dort allerlei Ärger zeigte. Weil Aprikosenmädchen den Eltern ihres Mannes am besten zur Hand ging und auch die hilfreichste von allen Schwiegertöchtern war, erregte sie bald in ihren Schwägerinnen brennende Eifersucht. An einem schönen Sommertag wollte Aprikosenmädchen eine sehr gute Mahlzeit für die ganze Familie kochen. Als sie gerade den großen Reistopf vom Ofen holte und eine Schüssel Bohnenkäse auf die Herdplatte stellte, kam ihre älteste Schwägerin in die Küche hereingestürmt und bat sie, ihr beim Nähen zu helfen. Kurz danach kam ihre zweite Schwägerin in die Küche und bat sie um eine andere Gefälligkeit, so das Aprikosenmädchen den Topf mit dem Bohnenkäse nicht rechtzeitig vom Feuer nehmen konnte und die ganze schöne Mahlzeit anbrannte. Aprikosenmädchen kam zu spät. In der Küche roch es nach angebranntem Essen. Die Schwägerinnen standen um den Herd herum und lachten einander zu. Sie warteten gespannt, was nun geschehen würde. Aber ohne ein Wort zu sagen, füllte Aprikosenmädchen Wasser in die beiden Töpfe nach, rührte ein bißchen in ihnen herum und ging dann schweigend hinaus. Am Mittag halfen die kleinen Kinder der Schwägerinnen Aprikosenmädchen den Tisch decken. Ihre Mütter standen daneben mit erwartungsvollem Lächeln auf den Lippen. Sie dachten schon an die bösen Mienen und an die Schimpfworte der Männer, die nun ein angebranntes Essen vorfinden würden. Aprikosenmädchen einmal schamrot oder gar weinend zu sehen, das war es, was sie sich nun ausrechneten. Als alle am Tisch saßen, brachte Aprikosenmädchen die Speisen herein und sagte mit einem breiten Lächeln: „Ich habe etwas neues gekocht. Es ist ein heißer Tag. Zuerst bekommt ihr gerösteten Reisschleim gegen den Durst und dann noch etwas neues obendrein. Es ist die zweimal gekochte Bohnenkäsesuppe. Ich hoffe, das euch beide Speisen gut munden.“ Die Brüder und die Kinder fielen heißhungrig über den Reis und den Bohnenkäse her, und in wenigen Minuten war die ganze Mahlzeit aufgegessen. Die Köchin wurde mit hohem Lob bedacht. Seit dieser Zeit wagten die Schwägerinnen Aprikosenmädchen nichts mehr zu sagen. Sie gingen ihr nunmehr bei der Hausarbeit zur Hand, fragten sie um ihren Rat, hielten sich an ihre Entscheidungen und ließen sich von ihr nunmehr willig leiten. Aprikosenmädchen stand dem Haushalt mit Sorgfalt und Mühe vor und in der ganzen Familie gab es keinen Ärger und keinen Streit mehr. Die Erwachsenen sorgten sich für die Kinder und umgekehrt gehorchten die Kinder ohne Widerworte den Älteren. Aprikosenmädchen war aber auch gut zu ihren Nachbarn und daher bei ihnen sehr beliebt. Sie war immer zur Stelle, wenn es irgendwo etwas zu tun und zu helfen gab. So hörte schließlich auch der Kaiser von dieser freundlichen und hilfsbereiten jungen Frau. Er beschloß, sie einer kleinen Prüfung zu unterziehen, und schickte einen hohen Beamten mit einer einzigen Mandel zum Hause der Familie Sung. Als der Beamte die Stadt Hangtschou erreicht hatte, verlas er feierlich der ganzen Familie das Dekret des Kaisers. Es galt, die Mandel gleichmäßig auf alle Köpfe der Familie zu verteilen. Jeder, außer Aprikosenmädchen, war sprachlos über diese Forderung. Aprikosenmädchen aber sagte höflich: „Ich bedanke mich sehr, das ihr das Dekret des Himmelssohnes verlesen habt. Ich bitte euch aber, ein kleines Weilchen in der Halle Platz zu nehmen und einige Minuten zu warten. Ich will einmal sehen, wie wir die Mandel gleichmäßig verteilen können.“ Aprikosenmädchen ging in den Innenhof und baute dort einen kleinen Ofen auf. Sie brachte einen Kessel Wasser zum kochen und legte die Mandel mit einem Stück braunem Zucker dort hinein. Nach kurzer Zeit schonbrachte sie jedem Mitglied der Familie eine Tasse von diesem Mandelwasser. „Ich nenne es Mandeltee“, sagte sie zu dem königlichen Beamten. „Er ist gut für die Gesundheit, vor allem an heißen Tagen.“ Der Beamte berichtete seinem Kaiser: „Aprikosenmädchen ist nicht nur eine außergewöhnliche, kluge und hilfswillige junge Frau, sondern sie ist darüber hinaus auch noch eine ausnehmende Schönheit.“ Dies beeindruckte den Kaiser, und er befahl seinen Beamten und dreitausend Wachsoldaten, Aprikosenmädchen in seinen Palast zu bringen, denn er wollte sie zu seiner Nebenfrau machen. Als die Wachsoldaten das Haus der Sung erreicht hatten, verboten sie jedermann, hineinzugehen oder herauszukommen. Der Beamte eröffnete der Familie, das Aprikosenmädchen sogleich mit ihnen zum kaiserlichen Palast zu gehen habe. Frauen und Kinder waren entsetzt und weinten. Die Frauen versuchten, Aprikosenmädchen vor den Soldaten zu schützen und formten einen Ring von Menschen rings um sie. Die Männer hielten dem königlichen Beamten vor, es sei ihre wichtigste Stütze im Haushalt und der Kaiser könne sie doch dieser Hilfe nicht berauben wollen. Aber Aprikosenmädchen sagte mit sanfter Stimme zu dem Beamten: „Bitte wartet ein paar Minuten. Ich will meine Kleider wechseln. In solch einem schäbigen Aufzug kann ich nicht vor meinen Herrscher treten.“ In ihrem Zimmer nahm Aprikosenmädchen jedoch die goldene Haarnadel aus ihrem Haar, klopfte damit einige Male auf die Tischkante und rief dreimal die Aprikosengöttin. Als die Göttin erschien, sagte Aprikosenmädchen: „Die Frage, vor der ich stehe, berührt meine ganze Familie. Der Kaiser hat seine Wachen gesandt, die mich zu ihm bringen sollen, denn ich soll seine Nebenfrau werden. Was kann ich in dieser Lage nun tun?“ Die Aprikosengöttin war sehr ärgerlich, als sie dies hörte. Sie sagte: „Der sicherste Platz für dich ist tief unter dem Wasser auf dem Boden des Westsees. Ich kann deine ganze Familie dorthin bringen, und zur gleichen Zeit die gesamte königliche Gesandtschaft hinwegfegen. Die Göttin warf die Arme in die Luft und bewegte ihre weiten Ärmel hin und her und erzeugte damit nicht nur einen starken Luftzug, sondern ganze Wirbel in der Luft. Wenig später schwollen diese Wirbel zu einem brausenden Taifun an und fegten den Beamten mit all seinen Wachen durch die Luft in die östliche See. Zur selben Zeit wurde auf wundervolle Weise die Sung-Familie mit allen ihren Besitztümern auf den Boden des Westsees getragen. Nachdem der Taifun vorübergezogen war, kamen die Nachbarn zusammen und sahen nur noch, das auf dem Platz, auf dem einst das Haus der Sung gestanden hatte, nun flaches, weites Land sich ausdehnte. Sie trauerten alle über das Los dieser Familie. Lange Zeit später verlor einmal ein Bauer seinen hölzernen Pflug auf dem Felde. Er konnte ihn nirgendwo finden und wußte nicht, wo er hingekommen war. „Ich wünschte, Aprikosenmädchen könnte hier sein. Sie würde mir helfen. Sie würde meinen Pflug schon finden.“ Was war das? Plötzlich tauchte auf der Mitte des Westsees ein hölzerner Pflug auf, glitt mit großer Geschwindigkeit über die schimmernde Wasserfläche, hielt geradewegs auf den Bauern zu und verfing sich im Schilf am Ufer. Mit Hilfe einiger Nachbarn zog der Bauer den Pflug aus dem Wasser, spannte seine Wasserbüffel davor und pflügte damit sein Reisfeld besser als je zuvor. Seit dieser Zeit schauen die Leute im frühen Sommer, wenn die Aprikosen reifen, auf den See hinaus und wenn sie Hilfe brauchen, rufen sie bis zum heutigen Tage das Aprikosenmädchen vom Boden des Sees. Und vielen hat seither Aprikosenmädchen schon geholfen! Und nun schlaf' schön..., ...http://cwm.ragesofsanity.com/s/asian3/ppointing.gif..., ...und "Gute Nacht" wünscht..., ...Phttp://cwm.ragesofsanity.com/s/net3/smileJap.gifET
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02.03.2001, 07:37 | #34 | ||
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*und wenner nich gestorben is beim lesen dieser geschichten.....* *g*
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03.03.2001, 07:10 | #35 | ||
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"Die zwölf Brüder"
Es war einmal ein König http://www.nocheineaoe.de/smilies1/king.gif und eine Königin http://www.nocheineaoe.de/smilies2/amidala.gif, die lebten in Frieden miteinander und hatten zwölf Kinder, das waren aber lauter Buben. Nun sprach der König zu seiner Frau: »Wenn das dreizehnte Kind, was du zur Welt bringst, ein Mädchen ist, so sollen die zwölf Buben sterben, damit sein Reichtum groß wird und das Königreich ihm allein zufällt.« Er ließ auch zwölf Särge machen, die waren schon mit Hobelspänen gefüllt, und in jedem lag das Totenkißchen, und ließ sie in eine verschlossene Stube bringen, dann gab er der Königin den Schlüssel und gebot ihr, niemand etwas davon zu sagen.
Die Mutter aber saß nun den ganzen Tag und trauerte, so daß der kleinste Sohn, der immer bei ihr war und den sie nach der Bibel Benjamin nannte, zu ihr sprach: »Liebe Mutter, warum bist du so traurig?« »Liebstes Kind«, antwortete sie, »ich darf dir's nicht sagen.« Er ließ ihr aber keine Ruhe, bis sie ging und die Stube aufschloß und ihm die zwölf mit Hobelspänen gefällten Totenladen zeigte. Darauf sprach sie: »Mein liebster Benjamin, diese Särge hat dein Vater für dich und deine elf Brüder machen lassen, denn wenn ich ein Mädchen zur Welt bringe, so sollt ihr allesamt getötet und darin begraben werden.« Und als sie weinte, während sie das sprach, so tröstete sie der Sohn und sagte: »Weine nicht, liebe Mutter, wir wollen uns schon helfen und wollen fortgehen.« Sie aber sprach: »Geh mit deinen elf Brüdern hinaus in den Wald, und einer setze sich immer auf den höchsten Baum, der zu finden ist, und halte Wacht und schaue nach dem Turm hier im Schloß. Gebär ich ein Söhnlein, so will ich eine weiße Fahne auf stecken, und dann dürft ihr wiederkommen; gebär ich ein Töchterlein, so will ich eine rote Fahne aufstecken, und dann flieht fort, so schnell ihr könnt, und der liebe Gott behüte euch. Alle Nacht will ich aufstehen und für euch beten, im Winter, daß ihr an einem Feuer euch wärmen könnt, im Sommer, daß ihr nicht in der Hitze schmachtet.« Nachdem sie also ihre Söhne gesegnet hatte, gingen sie hinaus in den Wald. Einer hielt um den andern Wacht, saß auf der höchsten Eiche und schauete nach dem Turm. Als elf Tage herum waren und die Reihe an Benjamin kam, da sah er, wie eine Fahne aufgesteckt wurde; es war aber nicht die weiße, sondern die rote Blutfahne, die verkündigte, daß sie alle sterben sollten. Wie die Brüder das hörten, wurden sie zornig und sprachen: »Sollten wir um eines Mädchens willen den Tod leiden! Wir schwören, daß wir uns rächen wollen; wo wir ein Mädchen finden, soll sein rotes Blut fließen.« Darauf gingen sie tiefer in den Wald hinein, und mitten drein, wo er am dunkelsten war, fanden sie ein kleines verwünschtes Häuschen, das leer stand. Da sprachen sie: »Hier wollen wir wohnen, und du, Benjamin, du bist der jüngste und schwächste, du sollst daheim bleiben und haushalten, wir andern wollen ausgehen und Essen holen.« Nun zogen sie in den Wald und schossen Hasen, wilde Rehe, Vögel und Täuberchen, und was zu essen stand, das brachten sie dem Benjamin, der mußte es ihnen zurechtmachen, damit sie ihren Hunger stillen konnten. In dem Häuschen lebten sie zehn Jahre zusammen, und die Zeit ward ihnen nicht lang. Das Töchterchen, das ihre Mutter, die Königin, geboren hatte, war nun herangewachsen, war gut von Herzen und schön von Angesicht und hatte einen goldenen Stern auf der Stirne. Einmal, als große Wäsche war, sah es darunter zwölf Mannshemden und fragte seine Mutter: »Wem gehören diese zwölf Hemden, für den Vater sind sie doch viel zu klein?« Da antwortete sie mit schwerem Herzen: »Liebes Kind, die gehören deinen zwölf Brüdern.« Sprach das Mädchen: »Wo sind meine zwölf Brüder, ich habe noch niemals von ihnen gehört.« Sie antwortete: »Das weiß Gott, wo sie sind; sie irren in der Welt herum.« Da nahm sie das Mädchen und schloß ihm das Zimmer auf und zeigte ihm die zwölf Särge mit den Hobelspänen und den Totenkißchen. »Diese Särge«, sprach sie, »waren für deine Brüder bestimmt, aber sie sind heimlich fortgegangen, eh du geboren warst«, und erzählte ihm, wie sich alles zugetragen hatte. Da sagte das Mädchen: »Liebe Mutter, weine nicht, ich will gehen und meine Brüder suchen.« Nun nahm es die zwölf Hemden und ging fort und geradezu in den großen Wald hinein. Es ging den ganzen Tag, und am Abend kam es zu dem verwünschten Häuschen. Da trat es hinein und fand einen jungen Knaben, der fragte: »Wo kommst du her, und wo willst du hin?«, und erstaunte, daß sie so schön war, königliche Kleider trug und einen Stern auf der Stirne hatte. Da antwortete sie: »Ich bin eine Königstochter und suche meine zwölf Brüder und will gehen, so weit der Himmel blau ist, bis ich sie finde.« Sie zeigte ihm auch die zwölf Hemden, die ihnen gehörten. Da sah Benjamin, daß es seine Schwester war, und sprach: »Ich bin Benjamin, dein jüngster Bruder.« Und sie fing an zu weinen vor Freude und Benjamin auch, und sie küßten und herzten einander vor großer Liebe. Hernach sprach er: »Liebe Schwester, es ist noch ein Vorbehalt da, wir hatten verabredet, daß ein jedes Mädchen, das uns begegnete, sterben sollte, weil wir um ein Mädchen unser Königreich verlassen mußten.« Da sagte sie: »Ich will gerne sterben, wenn ich damit meine zwölf Brüder erlösen kann.« »Nein«, antwortete er, »du sollst nicht sterben, setze dich unter diese Bütte, bis die elf Brüder kommen, dann will ich schon einig mit ihnen werden.« Also tat sie; und wie es Nacht ward, kamen die andern von der Jagd, und die Mahlzeit war bereit. Und als sie am Tische saßen und aßen, fragten sie: »Was gib's Neues?« Sprach Benjamin: »Wißt ihr nichts?« »Nein«, antworteten sie. Sprach er weiter: »Ihr seid im Walde gewesen, und ich bin daheim geblieben und weiß doch mehr als ihr.« »So erzähle uns«, riefen sie. Antwortete er: »Versprecht ihr mir auch, daß das erste Mädchen, das uns begegnet, nicht soll getötet werden?« »Ja«, riefen sie alle, »das soll Gnade haben, erzähl uns nur.« Da sprach er: »Unsere Schwester ist da«, und hub die Bütte auf, und die Königstochter kam hervor in ihren königlichen Kleidern mit dem goldenen Stern auf der Stirne und war so schön, zart und fein. Da freueten sie sich alle, fielen ihr um den Hals und küßten sie und hatten sie vom Herzen lieb. Nun blieb sie bei Benjamin zu Haus und half ihm in der Arbeit. Die elfe zogen in den Wald, fingen Gewild, Rehe, Vögel und Täuberchen, damit sie zu essen hatten, und die Schwester und Benjamin sorgten, daß es zubereitet wurde. Sie suchte das Holz zum Kochen und die Kräuter zum Gemüs und stellte die Töpfe ans Feuer, also daß die Mahlzeit immer fertig war, wenn die elfe kamen. Sie hielt auch sonst Ordnung im Häuschen und deckte die Bettlein hübsch weiß und rein, und die Brüder waren immer zufrieden und lebten in großer Einigkeit mit ihr. Auf eine Zeit hatten die beiden daheim eine schöne Kost zurechtgemacht, und wie sie nun alle beisammen waren, setzten sie sich, aßen und tranken und waren voller Freude. Es war aber ein kleines Gärtchen an dem verwünschten Häuschen, darin standen zwölf Lilienblumen, die man auch Studenten heißt, nun wollte sie ihren Brüdern ein Vergnügen machen, brach die zwölf Blumen ab und dachte jedem aufs Essen eine zu schenken. Wie sie aber die Blumen abgebrochen hatte, in demselben Augenblick waren die zwölf Brüder in zwölf Raben verwandelt und flogen über den Wald hin fort, und das Haus mit dem Garten war auch verschwunden. Da war nun das arme Mädchen allein in dem wilden Wald, und wie es sich umsah, so stand eine alte Frau neben ihm, die sprach: »Mein Kind, was hast du angefangen? Warum hast du die zwölf weißen Blumen nicht stehenlassen? Das waren deine Brüder, die sind nun auf immer in Raben verwandelt.« Das Mädchen sprach weinend: »Ist denn kein Mittel, sie zu erlösen?« »Nein«, sagte die Alte, »es ist keins auf der ganzen Welt als eins, das ist aber so schwer, daß du sie damit nicht befreien wirst, denn du mußt sieben Jahre stumm sein, darfst nicht sprechen und nicht lachen, und sprichst du ein einziges Wort und es fehlt nur eine Stunde an den sieben Jahren, so ist alles umsonst, und deine Brüder werden von dem einen Wort getötet.« Da sprach das Mädchen in seinem Herzen: Ich weiß gewiß, daß ich meine Brüder erlöse, und ging und suchte einen hohen Baum, setzte sich darauf und spann und sprach nicht und lachte nicht. Nun trug's sich zu, daß ein König in dem Walde jagte, der hatte einen großen Windhund, der lief zu dem Baum, wo das Mädchen drauf saß, sprang herum, schrie und bellte hinauf. Da kam der König herbei und sah die schöne Königstochter mit dem goldenen Stern auf der Stirne und war so entzückt über ihre Schönheit, daß er ihr zurief, ob sie seine Gemahlin werden wollte. Sie gab keine Antwort, nickte aber ein wenig mit dem Kopf. Da stieg er selbst auf den Baum, trug sie herab, setzte sie auf sein Pferd und führte sie heim. Da ward die Hochzeit mit großer Pracht und Freude gefeiert; aber die Braut sprach nicht und lachte nicht. Als sie ein paar Jahre miteinander vergnügt gelebt hatten, fing die Mutter des Königs, die eine böse Frau war, an, die junge Königin zu verleumden, und sprach zum König: »Es ist ein gemeines Bettelmädchen, das du dir mitgebracht hast, wer weiß, was für gottlose Streiche sie heimlich treibt. Wenn sie stumm ist und nicht sprechen kann, so könnte sie doch einmal lachen, aber wer nicht lacht, der hat ein böses Gewissen.« Der König wollte zuerst nicht daran glauben, aber die Alte trieb es so lange und beschuldigte sie so viel böser Dinge, daß der König sich endlich überreden ließ und sie zum Tod verurteilte. Nun ward im Hof ein großes Feuer angezündet, darin sollte sie verbrannt werden; und der König stand oben am Fenster und sah mit weinenden Augen zu, weil er sie noch immer so liebhatte. Und als sie schon an den Pfahl festgebunden war und das Feuer an ihren Kleidern mit roten Zungen leckte, da war eben der letzte Augenblick von den sieben Jahren verflossen. Da ließ sich in der Luft ein Geschwirr hören, und zwölf Raben kamen hergezogen und senkten sich nieder; und wie sie die Erde berührten, waren es ihre zwölf Brüder, die sie erlöst hatte. Sie rissen das Feuer auseinander, löschten die Flammen, machten ihre liebe Schwester frei und küßten und herzten sie. Nun aber, da sie ihren Mund auftun und reden durfte, erzählte sie dem Könige, warum sie stumm gewesen wäre und niemals gelacht hätte. Der König freute sich, als er hörte, daß sie unschuldig war, und sie lebten nun alle zusammen in Einigkeit bis an ihren Tod. Die böse Stiefmutter ward vor Gericht gestellt und in ein Faß gesteckt, das mit siedendem Öl und giftigen Schlangen angefüllt war, und starb eines bösen Todes. Schlaf' recht schön, kleine Prinzessin!
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11.03.2001, 09:00 | #36 | ||
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"Schneewittchen"
Es war einmal...,
...mitten im Winter, und die Schneeflocken fielen wie Federn vom Himmel herab. Da saß eine Königin an einem Fenster, das einen Rahmen von schwarzem Ebenholz hatte, und nähte. Und wie sie so nähte und nach dem Schnee aufblickte, stach sie sich mit der Nadel in den Finger, und es fielen drei Tropfen Blut in den Schnee. Und weil das Rote im weißen Schnee so schön aussah, dachte sie bei sich: Hätt' ich ein Kind, so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarz wie das Holz an dem Rahmen ! Bald darauf bekam sie ein Töchterlein, das war so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarzhaarig wie Ebenholz und ward darum Schneewittchen (Schneeweißchen) genannt. Und wie das Kind geboren war, starb die Königin. Über ein Jahr nahm sich der König eine andere Gemahlin. Es war eine schöne Frau, aber sie war stolz und übermütig und konnte nicht leiden, daß sie an Schönheit von jemand sollte übertroffen werden. Sie hatte einen wunderbaren Spiegel wenn sie vor den trat und sich darin beschaute, sprach sie: ".Spieglein, Spieglein an der Wand, Wer ist die Schönste im ganzen Land ? so antwortete der Spiegel: "Frau Königin, Ihr seid die Schönste im Land." Da war sie zufrieden, denn sie wußte, daß der Spiegel die Wahrheit sagte. Schneewittchen aber wuchs heran und wurde immer schöner, und als es sieben Jahre alt war, war es so schön, wie der klare Tag und schöner als die Königin selbst. Als diese einmal ihren Spiegel fragte: "Spieglein, Spieglein an der Wand, Wer ist die Schönste im ganzen Land ?" so antwortete er: "Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier, Aber Schneewittchen ist tausendmal schöner als Ihr." Da erschrak die Königin und ward gelb und grün vor Neid. Von Stund an, wenn sie Schneewittchen erblickte, kehrte sich ihr das Herz im Leibe herum. so haßte sie das Mädchen. Und der Neid und Hochmut wuchsen wie ein Unkraut in ihrem Herzen immer höher, daß sie Tag und Nacht keine Ruhe mehr hatte. Da rief sie einen Jäger und sprach: "Bring das Kind hinaus in den Wald, ich will's nicht mehr vor meinen Augen sehen. Du sollst es töten und mir Lunge und Leber zum Wahrzeichen mitbringen." Der Jäger gehorchte und führte es hinaus, und als er den Hirschfänger gezogen hatte und Schneewittchens unschuldiges Herz durchbohren wollte, fing es an zu weinen und sprach: "Ach, lieber Jäger, laß mir mein Leben ! Ich will in den wilden Wald laufen und nimmermehr wieder heimkommen." Und weil es gar so schön war, hatte der Jäger Mitleiden und sprach: "So lauf hin, du armes Kind !" Die wilden Tiere werden dich bald gefressen haben, dachte er, und doch war's ihm, als wäre ein Stein von seinem Herzen gewälzt, weil er es nicht zu töten brauchte. Und als gerade ein junger Frischling dahergesprungen kam, stach er ihn ab, nahm Lunge und Leber heraus und brachte sie als Wahrzeichen der Königin mit. Der Koch mußte sie in Salz kochen, und das boshafte Weib aß sie auf und meinte, sie hätte Schneewittchens Lunge und Leber gegessen. Nun war das arme Kind in dem großen Wald mutterseelenallein, und ward ihm so angst, daß es alle Blätter an den Bäumen ansah und nicht wußte, wie es sich helfen sollte. Da fing es an zu laufen und lief über die spitzen Steine und durch die Dornen, und die wilden Tiere sprangen an ihm vorbei, aber sie taten ihm nichts. Es lief, so lange nur die Füße noch fortkonnten, bis es bald Abend werden wollte. Da sah es ein kleines Häuschen und ging hinein, sich zu ruhen. In dem Häuschen war alles klein, aber so zierlich und reinlich, daß es nicht zu sagen ist. Da stand ein weißgedecktes Tischlein mit sieben kleinen Tellern, jedes Tellerlein mit seinem Löffelein, ferner sieben Messerlein und Gäblelein und sieben Becherlein. An der Wand waren sieben Bettlein nebeneinander aufgestellt und schneeweiße Laken darüber gedeckt. Schneewittchen, weil es so hungrig und durstig war, aß von jedem Tellerlein ein wenig Gemüs' und Brot und trank aus jedem Becherlein einen Tropfen Wein; denn es wollte nicht einem alles wegnehmen. Hernach, weil es so müde war, legte es sich in ein Bettchen, aber keins paßte; das eine war zu lang, das andere zu kurz, bis endlich das siebente recht war; und darin blieb es liegen, befahl sich Gott und schlief ein. Als es ganz dunkel geworden war, kamen die Herren von dem Häuslein, das waren die sieben Zwerge, die in den Bergen nach Erz hackten und gruben. Sie zündeten ihre sieben Lichtlein an, und wie es nun hell im Häuslein ward, sahen sie, daß jemand darin gesessen war, denn es stand nicht alles so in der Ordnung, wie sie es verlassen hatten. Der erste sprach: "Wer hat auf meinem Stühlchen gesessen?' Der zweite: "Wer hat von meinem Tellerchen gegessen ?" Der dritte: "Wer hat von meinem Brötchen genommen ?" Der vierte: "Wer hat von meinem Gemüschen gegessen ?" Der fünfte: "Wer hat mit meinem Gäbelchen gestochen ?" Der sechste: "Wer hat mit meinem Messerchen geschnitten ?" Der siebente: "Wer hat aus meinem Becherlein Getrunken ?" Dann sah sich der erste um und sah, daß auf seinem Bett eine kleine Delle war, da sprach er: "Wer hat in mein Bettchen getreten ?" Die anderen kamen gelaufen und riefen: "In meinem hat auch jemand Gelegen !" Der siebente aber, als er in sein Bett sah, erblickte Schneewittchen, das lag darin und schlief. Nun rief er die andern, die kamen herbeigelaufen und schrien vor Verwunderung, holten ihre sieben Lichtlein und beleuchteten Schneewittchen. "Ei, du mein Gott! Ei, du mein Gott!" riefen sie, "was ist das Kind so schön !" Und hatten so große Freude, daß sie es nicht aufweckten, sondern im Bettlein fortschlafen ließen. Der siebente Zwerg aber schlief bei seinen Gesellen, bei jedem eine Stunde, da war die Nacht herum. Als es Morgen war, erwachte Schneewittchen, und wie es die sieben Zwerge sah, erschrak es. Sie waren aber freundlich und fragten: "Wie heißt du ?" "Ich heiße Schneewittchen", antwortete es. "Wie bist du in unser Haus gekommen ?" sprachen weiter die Zwerge. Da erzählte es ihnen, daß seine Stiefmutter es hätte wollen umbringen lassen, der Jäger hätte ihm aber das Leben geschenkt, und da wär' es gelaufen den ganzen Tag, bis es endlich ihr Häuslein gefunden hätte. Die Zwerge sprachen: "Willst du unsern Haushalt versehen, kochen, betten, waschen, nähen und stricken, und willst du alles ordentlich und reinlich halten, so kannst du bei uns bleiben, und es soll dir an nichts fehlen." "Jaa, sagte Schneewittchen, "von Herzen gern !" und blieb bei ihnen. Es hielt ihnen das Haus in Ordnung. Morgens gingen sie in die Berge und suchten Erz und Gold, abends kamen sie wieder, und da mußte ihr Essen bereit sein. Den ganzen Tag über war das Mädchen allein; da warnten es die guten Zwerglein und sprachen: "Hüte dich vor deiner Stiefmutter, die wird bald wissen, daß du hier bist; laß ja niemand herein ! Die Königin aber, nachdem sie Schneewittchens Lunge und Leber glaubte gegessen zu haben, dachte nicht anders, als sie wäre wieder die Erste und Allerschönste, trat vor ihren Spiegel und sprach: "Spieglein, Spieglein. an der Wand, Wer ist die Schönste im ganzen Land ?" Da antwortete der Spiegel: "Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier, Aber Schneewittchen über den Bergen Bei den sieben Zwergen Ist noch tausendmal schöner als Ihr." Da erschrak sie, denn sie wußte, daß der Spiegel keine Unwahrheit sprach, und merkte, daß der Jäger sie betrogen hatte und Schneewittchen noch am Leben war. Und da sann und sann sie aufs neue, wie sie es umbringen wollte; denn so lange sie nicht die Schönste war im ganzen Land, ließ ihr der Neid keine Ruhe. Und als sie sich endlich etwas ausgedacht hatte, färbte sie sich das Gesicht und kleidete sich wie eine alte Krämerin und war ganz unkenntlich. In dieser Gestalt ging sie über die sieben Berge zu den sieben Zwergen, klopfte an die Türe und rief: "Schöne Ware feil ! feil!" Schneewittchen guckte zum Fenster hinaus und rief: "Guten Tag, liebe Frau ! Was habt Ihr zu verkaufen ?" "Gute Ware", antwortete sie, "Schnürriemen von allen Farben", und holte einen hervor, der aus bunter Seide geflochten war. Die ehrliche Frau kann ich hereinlassen, dachte Schneewittchen, riegelte die Türe auf und kaufte sich den hübschen Schnürriemen. "Kind", sprach die Alte, "wie du aussiehst ! Komm, ich will dich einmal ordentlich schnüren." Schneewittchen hatte kein Arg, stellte sich vor sie und ließ sich mit dem neuen Schnürriemen schnüren. Aber die Alte schnürte geschwind und schnürte so fest, daß dem Schneewittchen der Atem verging und es für tot hinfiel. "Nun bist du die Schönste gewesen", sprach sie und eilte hinaus. Nicht lange darauf, zur Abendzeit, kamen die sieben Zwerge nach Haus; aber wie erschraken sie, als sie ihr liebes Schneewittchen auf der Erde liegen sahen, und es regte und bewegte sich nicht, als wäre es tot. Sie hoben es in die Höhe, und weil sie sahen, daß es zu fest geschnürt war, schnitten sie den Schnürriemen entzwei; da fing es an ein wenig zu atmen und ward nach und nach wieder lebendig. Als die Zwerge hörten, was geschehen war, sprachen sie: "Die alte Krämerfrau war niemand als die gottlose Königin. Hüte dich und laß keinen Menschen herein, wenn wir nicht bei dir sind !" Das böse Weib aber, als es nach Haus gekommen war, ging vor den Spiegel und fragte: "Spieglein, Spieglein an der Wand, Wer ist die Schönste im ganzen Land ?" Da antwortete er wie sonst: "Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier, Aber Schneewittchen über den Bergen Bei den sieben Zwergen Ist noch tausendmal schöner als Ihr." Als sie das hörte, lief ihr alles Blut zum Herzen, so erschrak sie, 'denn sie sah wohl, daß Schneewittchen wieder lebendig geworden war. "Nun aber", sprach sie", will ich etwas aussinnen, das dich- zugrunde richten soll", und mit Hexenkünsten, die sie verstand, machte sie einen giftigen Kamm. Dann verkleidete sie sich und nahm die Gestalt eines anderen alten Weibes an. So ging sie hin über die sieben Berge zu den sieben Zwergen, klopfte an die Türe und rief: "Gute Ware feil ! feil !" Schneewittchen schaute heraus und sprach: "Geht nur weiter, ich darf niemand hereinlassen !" "Das Ansehen wird dir doch erlaubt sein", sprach die Alte, zog den giftigen Kamm heraus und hielt ihn in die Höhe. Da gefiel er dem Kinde so gut, daß es sich betören ließ und die Türe öffnete. Als sie des Kaufs einig waren, sprach die Alte: "Nun will ich dich einmal ordentlich kämmen." Das arme Schneewittchen dachte an nichts, ließ die Alte gewähren, aber kaum hatte sie den Kamm in die Haare gesteckt, als das Gift darin wirkte und das Mädchen ohne Besinnung niederfiel. "Du Ausbund von Schönheit", sprach das boshafte Weib, "jetzt ist's um dich geschehen", und ging fort. Zum Glück aber war es bald Abend, wo die sieben Zwerglein nach Haus kamen. Als sie Schneewittchen wie tot auf der Erde liegen sahen, hatten sie gleich die Stiefmutter in Verdacht, suchten nach und fanden den giftigen Kamm. Und kaum hatten sie ihn herausgezogen, so kam Schneewittchen wieder zu sich und erzählte, was vorgegangen war. Da warnten sie es noch einmal, auf seiner Hut zu sein und niemand die Türe zu öffnen. Die Königin stellte sich daheim vor den Spiegel und sprach: "Spieglein, Spieglein an der Wand, Wer ist die Schönste im ganzen Land ?" Da antwortete er wie vorher: "Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier, Aber Schneewittchen über den Bergen Bei den sieben Zwergen Ist noch tausendmal schöner als Ihr." Als sie den Spiegel so reden hörte, zitterte und bebte sie vor Zorn. ,Schneewittchen soll sterben", rief sie, "und wenn es mein eigenes Leben kostet !" Darauf ging sie in eine ganz verborgene, einsame Kammer, wo niemand hinkam, und machte da einen giftigen, giftigen Apfel. Äußerlich sah er schön aus, weiß mit roten Backen, daß jeder, der ihn erblickte, Lust danach bekam, aber wer ein Stückchen davon aß, der mußte sterben. Als der Apfel fertig war, färbte sie sich das Gesicht und verkleidete sich in eine Bauersfrau, und so ging sie über die sieben Berge zu den sieben Zwergen. Sie klopfte an. Schneewittchen streckte den Kopf zum Fenster heraus und sprach: " Ich darf keinen Menschen einlassen, die sieben Zwerge haben mir's verboten !" "Mir auch recht", antwortete die Bäuerin, "meine Äpfel will ich schon loswerden. Da, e i n e n will ich dir schenken." "Nein", sprach Schneewittchen, "ich darf nichts annehmen !" "Fürchtest du dich vor Gift ?" sprach die Alte, "siehst du, da schneide ich den Apfel in zwei Teile; den roten Backen iß, den weißen will ich essen " Der Apfel war aber so künstlich gemacht, daß der rote Backen allein vergiftet war. Schneewittchen lusterte den schönen Apfel an, und als es sah, daß die Bäuerin davon aß, so konnte es nicht länger widerstehen, streckte die Hand hinaus und nahm die giftige Hälfte. Kaum aber hatte es einen Bissen davon im Mund, so fiel es tot zur Erde nieder. Da betrachtete es die Königin mit grausigen Blicken und lachte überlaut und sprach: "Weiß wie Schnee, rot wie Blut, schwarz wie Ebenholz ! Diesmal können dich die Zwerge nicht wieder erwecken." Und als sie daheim den Spiegel befragte: "Spieglein, Spieglein an der Wand, Wer ist die Schönste im ganzen Land ?" so antwortete er endlich: "Frau Königin, Ihr seid de Schönste im Land." Da hatte ihr neidisches Herz Ruhe, so gut ein neidisches Herz Ruhe haben kann. Die Zwerglein, wie sie abends nach Haus kamen, fanden Schneewittchen auf der Erde liegen, und es ging kein Atem mehr aus seinem Mund, und es war tot. Sie hoben es auf suchten, ob sie was Giftiges fänden, schnürten es auf, kämmten ihm die Haare, wuschen es mit Wasser und Wein, aber es half alles nichts; das liebe Kind war tot und blieb tot. Sie legten es auf eine Bahre und setzten sich alle siebene daran und beweinten es und weinten drei Tage lang. Da wollten sie es begraben, aber es sah noch so frisch aus wie ein lebender Mensch und hatte noch seine schönen, roten Backen. Sie sprachen: "Das können wir nicht in die schwarze Erde versenken", und ließen einen durchsichtigen Sarg von Glas machen, daß man es von allen Seiten sehen konnte, legten es hinein und schrieben mit goldenen Buchstaben seinen Namen darauf und daß es eine Königstochter wäre. Dann setzten sie den Sarg hinaus auf den Berg, und einer von ihnen blieb immer dabei und bewachte ihn. Und die Tiere kamen auch und beweinten Schneewittchen, erst eine Eule dann ein Rabe. zuletzt ein Täubchen. Nun lag Schneewittchen lange, lange Zeit in dem Sarg und verweste nicht, sondern sah aus, als wenn es schliefe, denn es war noch so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarzhaarig wie Ebenholz. Es geschah aber, daß ein Königssohn in den Wald geriet und zu dem Zwergenhaus kam, da zu übernachten. Er sah auf dem Berg den Sarg und das schöne Schneewittchen darin und las, was mit goldenen Buchstaben darauf geschrieben war. Da sprach er zu den Zwergen: "Laßt mir den Sarg, ich will euch geben, was ihr dafür haben wollt " Aber die Zwerge antworteten: "Wir geben ihn nicht für alles Gold in der Welt." Da sprach er: "So schenkt mir ihn, denn ich kann nicht leben, ohne Schneewittchen zu sehen, ich will es ehren und hochachten wie mein Liebstes." Wie er so sprach, empfanden die guten Zwerglein Mitleid mit ihm und gaben ihm den Sarg. Der Königssohn ließ ihn nun von seinen Dienern auf den Schultern forttragen. Da geschah es, daß sie über einen Strauch stolperten, und von dem Schüttern fuhr der giftige Apfelgrütz, den Schneewittchen abgebissen hatte, aus dem Hals. Und nicht lange, so öffnete es die Augen, hob den Deckel vom Sarg in die Höhe und richtete sich auf und war wieder lebendig. "Ach Gott, wo bin ich ?" rief es. Der Königssohn sagte voll Freude: "Du bist bei mir", und erzählte, was sich zugetragen hatte, und sprach: "Ich habe dich lieber als alles auf der Welt; komm mit mir in meines Vaters Schloß, du sollst meine Gemahlin werden." Da war ihm Schneewittchen gut und ging mit ihm, und ihre Hochzeit ward mit großer Pracht und Herrlichkeit angeordnet. Zu dem Feste wurde aber auch Schneewittchens gottlose Stiefmutter eingeladen. Wie sie sich nun mit schönen Kleidern angetan hatte, trat sie vor den Spiegel und sprach: "Spieglein, Spieglein an der Wand, Wer ist die Schönste im ganzen Land ?" Der Spiegel antwortete: "Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier, Aber die junge Königin ist noch tausendmal schöner als ihr." Da stieß das böse Weib einen Fluch aus, und ward ihr so angst, so angst, daß sie sich nicht zu lassen wußte. Sie wollte zuerst gar nicht auf die Hochzeit kommen, doch ließ es ihr keine Ruhe, sie mußte fort und die junge Königin sehen. Und wie sie hineintrat, erkannte sie Schneewittchen, und vor Angst und Schrecken stand sie da und konnte sich nicht regen. Aber es waren schon eiserne Pantoffel über Kohlenfeuer gestellt und wurden mit Zangen hereingetragen und vor sie hingestellt. Da mußte sie in die rotglühenden Schuhe treten und so lange tanzen, bis sie tot zur Erde fiel. PET @Gebrüder Grimm Gute Nacht!
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18.03.2001, 02:45 | #37 | ||
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Guten Abend, kleine Prinzessin...
...heute habe ich einmal ein schwäbisches Volksmärchen für dich gefunden. Vielleicht ist es ja in deiner Familie schon seit langer, langer Zeit bekannt. Wenn nicht, kannst du es bestimmt bald allen erzählen.....
"Die geraubte Königstochter" Es war einmal..., ...ein reicher und mächtiger König. Der hatte eine einzige Tochter und die war so schön, daß selbst die zarteste Rose, der weiße Schnee und der blaue Himmel vor ihrer Schönheit verblaßten. Wenn sie aus dem Schlosse in den Garten heraustrat, dufteten alle Blumen lieblicher, und die Vögel sangen ihr zu Ehren wie aus goldenen Kehlen. Eines Tages aber, als die Prinzessin bei der Quelle im Park saß und mit ihrem goldenen Balle spielte, brach plötzlich ein Drache aus dem Walde hervor, faßte die Jungfrau mit seinen Krallen und entführte sie weit übers Meer in seine Höhle. Nun hielt er sie schon fünf Jahre dort gefangen, und hundertmal schon hatte er sie gefragt, ob sie seine Frau werden wolle. Doch ihr graute davor, wie sehr er sie auch bat und sich um sie bemühte. Neben vielen andern Kostbarkeiten, mit denen er ihr Herz zu gewinnen suchte, schenkte er ihr auch drei prachtvolle Kleider - die herrlichsten, die es auf der Welt gab: auf dem einen war die Sonne abgebildet, auf dem andern der Mond, auf dem dritten die Sterne. Aber auch damit ließ sie sich nicht verlocken, das Weib des Drachen zu werden. Eines Tages, es waren gerade sieben Jahre um, verirrte sich ein wandernder Schneidergeselle in diese Gegend und war sehr erstaunt, als er die schöne Frau ganz allein in der Drachenhöhle antraf. Er fragte, ob sie sich auch verirrt habe wie er. Da schüttelte sie traurig den Kopf und erzählte ihm, wer sie sei und wie sie hierher in diese einsame, düstere Felsenwildnis gekommen. - "O wär' ich doch aus den Klauen des bösen Drachen und wieder daheim auf dem väterlichen Schlosse!" klagte die Prinzessin. - "Wir wollen miteinander fliehen und deine Heimat suchen, und ich will dich beschützen bei Tag und bei Nacht gegen alle Not und Gefahr, die dich bedrohen könnte", sagte der Schneidergeselle. Darüber war die Königstochter voller Freude und versprach ihm, seine Frau zu werden wenn er sie glücklich wieder in ihres Vaters Schloß zurückbringe. Nun paßten sie auf, zu welcher Zeit der Drache am längsten ausblieb, und als sie das herausgefunden hatten, flohen sie eines Abends miteinander in aller Heimlichkeit. Der Schneider hatte die drei schönen Kleider der Prinzessin in seinen Ranzen gesteckt, und so wanderten sie nun eilig dahin, bis sie sicher waren, daß der Drache sie nicht mehr einholen werde. Jetzt endlich gönnten sie sich Ruhe, legten sich im Walde nieder und schlie- fen ein. Ihre Müdigkeit war so groß, daß sie erst am Morgen des übernächsten Tages wieder erwachten; nun aber schritten sie rüstig aus und gelangten bald darauf an den Strand des Meeres. Dort lag gerade ein kleines Schiff vor Anker; das hatte allerhand Waren geladen, die es nach jenem Lande bringen wollte, in dem der Vater der Prinzessin König war. Aber als das Schiff eine Tagereise weit draußen auf dem Meere schwamm, erhob sich ein so gewaltiger Sturm, daß es gegen eine Felseninsel getrieben wurde und zerschellte. Nur wenige Menschen, darunter auch die Prinzessin, konnten in einem Boot gerettet werden, und als am andern Morgen ein fremdes Schiff vorüberfuhr, nahm es die Verunglückten auf und brachte sie wohlbehalten in den sicheren Hafen. Die Königstochter konnte sich aber über ihre Rettung doch nicht freuen, war vielmehr betrübt und traurig in ihrem Herzen; denn sie dachte nicht anders, als daß der gute Geselle im Meer ertrunken sei. Doch auch er war mit knapper Not mit dem Leben davongekommen. Er hatte sich an den Balkentrümmern des gekenterten Schiffes festgehalten, war tagelang von den wilden Wogen umhergetrieben und endlich völlig ermattet an ein fremdes Ufer gespült worden. Ein alter Fischer nahm ihn in seiner Hütte auf, gab ihm zu essen und beherbergte ihn eine Woche lang. Dann wies er ihm den Weg in die große Stadt, die eine Tagereise entfernt am Strome lag. Wie er nun dort so durch die Straßen ging, sah er vor einem Hause das Zunftschild eines Schneiders hangen. Da bekam er plötzlich wieder Lust zu seinem Handwerk, fragte bei dem Meister um Arbeit nach und wurde gleich als Geselle eingestellt. Kaum war er eiin paar Wochen hier, da hörte er eines Feierabends einen Herold in den Straßen ausrufen, daß der König demjenigen zehntausend Gulden bezahlen werde, der seiner Tochter binnen drei Monaten drei Kleider zu liefern vermöge, auf denen Sonne, Mond und Sterne sich spiegelten. Da fiel dem Schneidergesellen ein, daß er ja noch die drei Kleider der Prinzessin in seinem Ranzen habe und mit ihnen den Beutel voll Gold werde verdienen können. - "Doch ach", dachte er im stillen bei sich, "nun wird eine andere die drei kostbaren Kleider tragen. Mag sie gleich auch eine Königstochter sein, so ist sie doch nicht die allerschönste und liebste, die nun schon lange auf dem kühlen Meeresgrunde ruht." Ging aber doch zu seinem Meister und sagte, er könne die drei Kleider für die Tochter des Königs machen. Darüber war der Meister sehr erfreut, meldete dem königlichen Kanzler, daß er mit seinem Gesellen die Kleider anfertigen wolle und erhielt gleich tausend Gulden im voraus. Die gab er dem Gesellen, damit er sich alles kaufen könne, was er nötig habe. "Ja", sagte der, "Geld ist dazu schon nötig und nicht wenig!" und nahm die tausend Gulden mit Dank an. Weil ja aber die Kleider schon fertig waren, konnte er die Goldvögel fliegen lassen, wie und wohin es ihn beliebte, ging also ins Wirtshaus, aß und trank mit seinen Freunden nach Herzenslust und fuhr zu jeder Tages- und Nachtzeit in einer vornehmen Kutsche in der Gegend umher. Als der erste Monat beinahe vergangen und weit und breit noch nichts von einem Kleide zu sehen war, wurde dem Meister angst und bange. Er stellte darum den Gesellen zur Rede und sagte: "Übermorgen soll das erste Kleid fertig sein, und du hast noch keine Nadel eingefädelt! Weißt du, daß es uns den Kopf kostet, wenn das Kleid nicht rechtzeitig abgeliefert wird?" - Der aber gab zur Antwort: "Ich kann nur bei Nacht, wenn ich Wein getrunken habe, an dem Kleid arbeiten, und darum muß ich den Tag über ins Wirtshaus gehen. Und in der Kutsche fahre ich nicht zum Vergnügen, sondern um Sonne, Mond und Sterne zu betrachten, damit ich sie schön und natur- getreu widergeben kann. So ist das, Meister! - und dreinreden lasse ich mir nicht! Basta !" Am andern Morgen aber übergab er dem Meister das erste Kleid, auf dem die Sonne dargestellt war. Der bewunderte und lobte die schöne Arbeit und trug sie eigenhändig ins Schloß hinauf. Als die Prinzessin das Gewand sah, erkannte sie im Augenblick das Kleid, das der Drache ihr einst geschenkt hatte, und bat den Meister, ihr auch das zweite bald abzuliefern. - Darauf erhielt er vom Schatzkanzler wieder tausend Gulden ausbezahlt, als Vorschuß für das zweite Kleid. Der Meister gab das Geld dem Gesellen und der machte es kein Haar anders als das erstemal, - er verjubelte es bis auf den letzten Groschen. Der Monat war wieder gerade zu Ende, als er endlich dem Meister das zweite Kleid übergab, das wie der Mond schimmerte. Diesmal freute sich die Prinzessin noch mehr, nahm den Meister beiseite und fragte ihn: "Habt Ihr selber dieses Kleid gearbeitet?" Da wurde er unsicher, wich ihrem Blick aus, setzte zum Sprechen an und konnte doch die richtigen Worte nicht finden. - "Redet die Wahrheit, Meister! Denn sie wird mir, der Tochter des Königs, doch nicht verborgen bleiben!" fuhr sie fort. Und da gestand er ihr, daß er vor einem Vierteljahr einen wandernden Gesellen bei sich aufgenommen habe; der habe die beiden Kleider angefertigt, ganz allein und ohne daß er ihm dabei hätte zusehen können. Da ließ die Prinzessin ihm zweitausend Gulden ausbezahlen, tausend für ihn und tausend für den Gesellen, und verlangte, daß das letzte Kleid der Geselle selber aufs Schloß bringen solle. Der Monat ging wieder dahin mit Trinkgelagen, Festen und Spazierfahrten, und am letzten Tag machte sich der Schneidergeselle auf den Weg zum Schloß und überbrachte der Königstochter das Sternenkleid. Kaum hatte er einen Schritt über die Schwelle ihres Gemachs getan, so hatte die Prinzessin ihn auch schon erkannt, fiel ihm um den Hals und küßte ihn und weinte vor Glück und Wiedersehensfreude. Sie führte ihn zu ihrem greisen Vater, erzählte ihm, wie er sie einst aus der Höhle des Drachen befreit und wie sie einander auf dem wilden Meere verloren und längst für tot gehalten hätten. Nun aber hatten sie sich wiedergefunden, hielten Hochzeit und wurden nach dem Tode des alten Vaters König und Königin über das ganze, große Reich. Nun schlaf' recht schön, Prinzessin Elisa, und träum'was schönes. http://www.tomross.de/gifs/3dleute/3Dleute080.gif
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18.03.2001, 09:01 | #38 | ||
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Das hab ich mal für nen ganz besonderen Menschen geschrieben:
Sternenlicht im Regen Ich sitze an meinem Schreibtisch und schreibe meine Geschichte. Ich komme nicht gerade gut voran, denn es ist im Moment so, daß ich mit keinem meiner Sätze wirklich zufrieden bin. Irgendwie fehlt mir immer die Spannung, das Tempo und der Handlungsbogen. Meine Geschichte entgleitet mir immer wieder, so wie einem ein Stück feuchte, flutschige Seife zwischen den Fingern entgleitet. Und ich komme nicht weiter. Sowas nennt man Schreibblockade, glaube ich. Ich stehe auf. Gehe in die Küche zum Kühlschrank und greife mir eine Dose Bier. Ich öffne sie und trinke mit großen Schlucken. Die Kohlensäure brennt in meinem Hals. Das Bier schmeckt mir nicht und ich stelle die halbvolle Dose in den Kühlschrank. Das Prickeln der Kohlensäure hat meinem Hals gutgetan. Zuviel habe ich wieder geraucht. Mein Kopf ist frei von allen Gedanken und weiterschreiben macht keinen Sinn. Ich beginne unruhig im Zimmer auf und ab zu gehen, schnappe mir wahllos eine Zeitung von dem Stapel neben dem Fernseher und blättere darin. Nach einigen Sekunden lege ich die Zeitung wieder weg. Ich zünde mir einen weiteren Sargnagel an. Der Rauch der Luckys schwebt mit langsamen, kräuselnden Bewegungen der Decke zu, wo er sich verflüchtigt und ich ihn aus den Augen verliere. Die Zigarette schmeckt mir nicht und ich drücke sie inach einem Zug in den Aschenbecher, wo sie verglühen kann, wie ein Komet, der in die Erdatmosphäre eintritt. Ich gehe zum Fenster und schaue hinaus. Draußen ist alles grau. Die Sonne ist nicht zu sehen. Zu bedeckt ist der Himmel mit dicken, grauen Regenwolken, die so dicht zusammenkleben, daß man keine einzelne Regenwolke mehr ausmachen kann. Es ist nur noch eine Masse regenbringender Wolken. Es regnet. Dicke Tropfen fallen vom Himmel und Rasen der Erde entgegen. Ich betrachte, wie die Regentropfen auf das Fenster treffen und an ihm herunterperlen, wie sie sich an der glatten Scheibe vereinen und hinunterlaufen. Sie laufen zur Fensterbank, wo sie sich zu einer einzigen großen Fläche von Feuchtigkeit und Nässe vereinen. Langsam perlen ssie am Fenster hinab und jedesmal, wenn zwei Regentropfen sich vermischen, so denke ich, zwei Liebende vor mir zu haben.Liebende, die sich endlich ihrer Liebe hingeben können, die zu einer einzigen Einheit verschmilzen und zusammensind, bis sie vergehen. Durch das Licht der Zimmerbeleuchtung wird das Fenster erleuchtet. Die Regentropfen funkeln. Angestrahlt vom Schein der Deckenlampe erwecken sie den Eindruck, etwas sehr wertvolles und kostbares zu sein. Und in ihrem Inneren leuchtet der Kern in milliarden Farben. Sie sehen aus wie Diamanten und ich möchte nach ihnen greifen. Doch jedesmal, wenn ich versuche, einen dieser strahlenden Punkte zu erreichen, entzieht er sich mir. Er gleitet zwischen meinen Fingern hindurch und verläuft. Unerreichbar für mich. Und dann stört es mich. Regentropfen mit Diamanten zu vergleichen stört mich. Die Schönheit der Regentropfen ist viel anmutiger, natürlicher und machtvoller als ein Diamant je sein kann. Sie sehen nicht aus wie ein Diamant und sind auch niht so, denn sie müssen nicht geschliffen werden, um zu leuchten. So können sie auch nicht aussehen. Denn Regentropfen,.....ja Regentropfen sehen aus,.... sie sehen aus wie...Sterne !!! Und manchmal wünsch ich mir, ich wäre dort, an einem fernen,...........schönen Ort, mich zieht es in das Reich der Sterne, mit dir dort, ja, das wär ich gerne. Ich seh ihr Strahlen jede Nacht, ich fühle ihre schöne Macht, in diesem Glanz will ich versinken, ich weiß, ich kann dort nicht ertrinken. Der hellste Stern am Himmelszelt, er schaut so lang auf diese Welt, was sieht er ausser Regen, und gibt uns trotzdem seinen Segen. Du bist der Stern, bist immer da Er ist so schön und wunderbar, du strahlst und gibst mir deine Wärme, mein Stern du bist, ich von dir lerne.... Plötzlich muß ich husten.Im Zimmer hängen dichte Rauchschwaden, denn während ich gedankenverloren aus dem Fenster gestarrt habe, ist meine Zigarette verqualmt und hat sämtliche alte Kippen entzündet. Der ganze Inhalt des Aschenbechers ist mit der Zirgarette verglüht und in der Wohnung hängt ein übelriechender Zigarettendunst. Es sieht aus, wie in einem türkischen Dampfbad, nur riecht es nicht so gut. Ich reiße das Fenster weit auf. Doch die Luft, die von außen schwergällig hereinströmt verstärkt meinen Hustenreiz nur, so daß ich in die Küche tiger und mir ein Glas mit Wasser genehmige. Doch auch das Wasser vertreibt nicht das Kratzen im Hals und ich verlasse die Wohnung um etwas frische Luft zu schnappen. Ich trete aus der Haustür hinaus. Eine warme Brise weht mir in das Gesicht.Ich atme tief ein und rieche den Duft des Sommers. Mir fällt auf, daß es nicht mehr regnet und ich wundere mich, daß es bereits dunkel ist. Ein Blick auf meine Uhr verrät mir, daß ich zwei Stunden am Fenster gestanden habe. Ich schaue auf. Die Wolkendecke ist aufgerissen und der Blick in den Himmel ist möglich. Ich sehe Stene. Nicht einige wenige, sondern tausende und abertausende von Sternen, die am Himmel stehen und leuchten. Sie lächeln freundlich auf mich herab, als wollten sie mir ihr Wohlgefallen am eigenen Leuchten zu verstehen geben. Sie leuchten und strahlen. Tausende, nein millionen winziger Punkte, die teilweise so weit enfernt sind, daß ihr Licht 400 Jahre bis zu Erde braucht. Und trotzdem erreicht mich ihr Leuchten mit Kraft. Millionen Sterne vereinen sich zu einem einzigen Lichterfest. Ich muß schon wieder an die Liebenden denken. Ich möchte mich hinlegen, um so viele Sterne wie möglich zu sehen. Langsam trete ich auf den Rasen und lege mich hin. Das Gras duftet ebenfalls nach Sommer und der schon zu verdunsten beginnende Regen dringt durch meine Kleider und kühlt auf angenehme Weise meinen erhitzten Körper. Mit offenen Augen liege ich auf dem Rücken und starre in den Himmel. Ich sehe Sterne, sehe bekannte Konstellationen, wie mir unbekannte Sternbilder. Ich sehe auch bekannte Dinge von der Erde, wie Autos, Tiere, Pflanzen.....!!! Ich freue mich über die Vielfalt der Sterne und über die Macht meiner Fantasie. Es scheint, als strahlten die Sterne diese Nacht besonders hell. Doch ein kleines, hell leuchtendes Sternenfeld am Rande meiner Wahrnehmung erweckt meine Aufmerksamkeit. Sie haben irgendwie die Form eines Gesichtes und die zwei hellen, besonders strahlende Sterne in der Mitte erinnern mich an etwas. Ich schließe meine Augen und sehe deine Augen. Augen, die ebenso funkeln, wie diese Sterne. Ich denke an einen Spruch, den ich mal zu dir sagte, den du aber bereits kanntest: Dein Vater ist ein Dieb, weil er die Sterne vom Himmel geholt und sie dir in die Augen gelegt hat. Je länger ich jedoch in den Himmel blicke und das Licht der Sterne auf meine Netzhaut trifft, so denke ich, daß ich gelogen hab. Es war nicht dein Vater, der deine Augen nach dem Abbild der Sterne erschaffen hat. Es waren die Sterne, die sich deinen Augen angepasst haben um nicht zu verblassen. Ich schließe meine Augen wieder und atme tief ein........ Ich liege, von Sternen beschütz, auf dem Rasen und möchte einschlafen. Ich will mich in das Reicn der Sterne begeben, welches ich nur in meinen Träumen erreichen kann, weil es so weit entfernt. Ich möchte schlafen unter einer Decke von Sternen, mit der ich mich zudecke. Mein Kissen wird das Gras sein, meine Decke die Sterne. Ich lasse mich in den Schlaf fallen und decke mich mit dem Himmel zu. Ich träume. Ich träume von Sternen. Oder waren es deine Augen..........
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29.03.2001, 03:38 | #39 | ||
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Das war wirklich schön, loop.
Poet, damit du mal siehst, was passieren kann, wenn man zu viele Märchen liest... Das Märchen vom Wunschkind (Georg Sangerberg) Es war einmal mitten im Winter, da saß in einem Vorort ein Ehepaar am Fenster und sah hinaus, wie die Schneeflocken zur Erde fielen. Die Frau nähte und stach sich mit der Nadel in den Finger, so daß ein Blutstropfen zur Erde fiel. Da sagte sie vor sich hin:"Ach, wenn ich mir's so recht überlege, ich hätte doch gern ein kleines Kindchen." Der Mann war's zufrieden, denn er mochte Kinder sehr. Im Jahr darauf ging ihr Wunsch in Erfüllung. Das Kind war so rot wie Blut, so weiß wie Schnee und so schwarz wie Ebenholz. Der Mann erschrak furchtbar, als er es zum ersten Male sah, aber er schwieg zu seiner Frau und nahm sich vor, es immer lieb zu haben, denn er hatte es sich ja so gewünscht. Als das Kind vier Jahre alt war, las der Vater ihm einmal Märchen vor, damit es einschliefe. Er dachte sich gar nichts dabei, denn seine Mutter hatte ihm oft Märchen erzählt und dieser die Großmutter und so fort durch die Generationen, und alle waren sie rechtschaffene Bürger mit gesunden Instinkten geworden, die ihre Nachbarn piesackten, den König liebten und ihre Feinde totschlugen. Das Kind aber verlangte mehr und immer mehr Märchen und konnte sich einfach nicht satthören und schrie und zeterte, wenn die Eltern ihm nicht zu Willen waren. In den Tagen darauf brachte es Vater und Mutter mit eigenartigen Aussprüchen in Verlegenheit. So sagte es, wenn die Mutter ihm den Frühstückskakao eingoß:"Strip, strap, strull/ ist der Becher nicht bald full?" Beim Mittagessen hieß es: "Frau Meisterin / wenn sie uns kein besser Essen gibt / so geh ich fort und schreibe morgen früh mit Kreide an die Haustür / Kartoffeln zuviel / Fleisch zuwenig / adjes, Herr Kartoffelkönig." Den Eltern war die ganze Sache ein wenig peinlich, besonders da sie moderne, aufgeschlossene Menschen mit ebensolchen Bekannten waren. Auf Spaziergängen rief das Kind nun häufig "Hussa, hussa" und "Heda, holla" und versuchte, das Hifthorn im Walde nachzuahmen. Der Vater hätte das Märchenvorlesen nun am liebsten eingestellt, aber es war bereits zu spät. Eines Nachts sprach er: "Wir wollen's gut sein lassen. Ich bin müde und will schlafen wie du." Da wurde das Kind bitterböse, warf ihn mit allen Kräften an die Wand, daß ihm die Rippen krachten und sagte: "Nun wirst du Ruhe haben, du garstiger Frosch!" Es meinte fest, wenn er von der Wand herabfiele, würde er sich in einen schönen verzauberten Prinzen verwandeln. Es geschah aber nichts. Die Mutter war von dem Gepolter wach geworden und lief eilends die Treppen hoch, fand aber die Tür verschlossen, und als sie anklopfte, sagte das Kind: "Wir machen nicht auf, du bist unser Mütterlein nicht, die hat eine feine, liebliche Stimme, du aber bist der böse Wolf!" Als die verzweifelte Frau, die ihren Mann stöhnen hörte, noch inständiger bat, sagte das Kind: "Leg erst mal deine Pfote aufs Fensterbrett, damit ich sehe, ob du mein Mütterlein bist!" Und ließ sie nicht herein. Am nächsten Morgen war das Kind in aller Herrgottsfrühe wach und sagte zu seinem Vater: "Dein Leben ist verwirkt, und du kannst bloß Gnade finde, wenn du den Berg abträgst, der vor meinem Fenster liegt, und das mußt du binnen acht Tagen zustande bringen." Der Vater war inzwischen so eingeschüchtert, daß er wirklich den Spaten nahm und vorm Haus zu graben anfing, wobei ihn die Nachbarn argwöhnisch betrachteten. Er wußte aber schon, daß er keine Chance mehr hatte. Da ging das Kind zur Mutter, die den Schrecken der Nacht noch nicht ausgeschlafen hatte, rüttelte sie wach und schrie sie an: "Steh auf, du Faulenzerin, trag Wasser und koch dem Harbert (so hieß der Mann) was Gutes, der sitzt im Stall und soll fett werden. Und wenn er fett ist, will ich ihn essen." Dann ging es zu seinem Laufställchen, da saß der Vater und traute sich nicht zu rühren. "Vaterle, steck den Finger heraus", sagte das Kind, "damit ich fühle, ob du schon fett bist!" Der Vater aber steckte ein kleines Hölzchen heraus. Da bekam das Kind große Angst, es möcht eihm gehen wie der Hexe. Aber es ließ sich nichts anmerken, und als der Vater eingeschlafen war, schlug es ihm den Kopf ab. Aber auch diesmal stand kein verwunschener Königssohn an seiner Stelle und hielt um seine Hand an. Das Kind seufzte und nagelte den Kopf in den dunklen Flur über die Tür, und so oft es vorüberging, sprach es: "Oh, du Falada, da du hangest." Und da der Kopf schwieg, antwortete es an seiner Stelle: "Oh, du Jungfer Königin, da du gangest / wenn das deine Mutter wüßte / das Herz im Leibe würde ihr zerspringen." Da war dem Wunschkind wieder leichter zumute. Es sprang fröhlich ins Wohnzimmer, wo die Mutter wie versteinert am runden Tisch saß und vor sich hinstarrte. Das Kind fragte: "Nun, Ziege, bist du satt?" Die Mutter antwortete, wie unter einem schrecklichen seelischen Zwang: "Wovon sollt ich satt sein / ich sprang nur über Gräbelein / und fand kein einzig Blättelein / meh, meh." Da jauchzte das Kind auf, nahm die Peitsche von der Wand und versetzte ihr solche Hiebe, daß sie in gewaltigen Sprüngen in die Welt hinauslief. Darauf setzte sich das Kind an den Tisch, an dem noch das unberührte Frühstück stand, sprach "Tischlein deck dich" und aß und trank, daß ihm das Herz im Leibe lachte.
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31.03.2001, 02:32 | #40 | ||
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Die Geschichte von O Tsuki und O Hoshi
Da gab es einmal eine Stiefmutter. Die Tochter der früheren Frau hieß O Tsuki (Mond), ihre eigene Tochter O Hoshi (Stern). Einmal, als der Vater nach der Hauptstadt Edo gegangen war, beschloß die Stiefmutter, ihre Stieftochter umzubringen. Sie bereitete also für O Tsuki einen mit Gift gefüllten Reiskuchen, für die eigene Tochter O Hoshi füllte sie einen Kuschen mit Zucker. Dann rief sie ihre Tochter: >>O Hoshi, O Hoshi, merk es dir genau, in O Tsukis Kuchen habe ich Gift getan, du darfst nichts davon essen, darfst es ihr aber auch nicht sagen.<< Dann gab die Stiefmutter jedem der beiden Mädchen einen Kuchen und schickte sie sie fort. Unterwegs zog O Hoshi die Schwester am Ärmel: >>Schwester, Schwester, komm hierher, laß uns dort spielen<<, und führte sie zum Flußufer. Dort sagte sie: >>So, Schwester, nun wirf deinen Kuchen in das Wasser, ich geb dir die Hälfte von meinem Kuchen ab.<< Nachdem sie den Kuchen in den Fluß geworfen hatte, gingen sie wieder nach Hause. Als die Mutter, die geglaubt hatte, daß O Tsuki den Giftkuchen gegessen habe und gestorben sei, beide Mädchen heimkehren sah, wollte sie zuerst ihren Augen nicht trauen. Dann aber faßte sie einen neuen Plan. Diesmal wollte sie selbst die Stieftochter mit einer Lanze erstechen. Sie rief also die eigene Tochter zu sich: >>O Hoshi, O Hosi, höre genau zu, ich werde heut nacht die Schwester mit der Lanze erstechen, du darfst ihr aber nichts davon sagen.<< - >>Nein, ich will ihr kein Wort davon verraten<<, sagte O Hoshi. Da sie aber die Schwester sehr lieb hatte, sprach sie beim Schlafengehen zu ihr: >>Schwester, Schwester, komm heute nacht doch zu mir in mein Bett und schlafe bei mir.<< Als sie so die O Tsuki in ihr eigenes Bett geführt hatte, legte sie in deren Bett einen mit roten Benisaft gefüllten Flaschenkürbis. Mitten in der Nacht ergriff die Stiefmutter eine lange Lanze und stieß sie durch Boden des oberen Stockwerkes herab in O Tsukis Bettzeug. Als sie dann die Lanze wieder herauszog und die mit dem Benisaft gefärbte Spitze sah, glaubte sie, daß ihr böser Plan geglückt sei, und legte sich selbst zur Ruhe. Am nächsten Morgen rief sie dann wie immer: >>O Tsuki, O Hoshi, ´s ist Zeit zum Aufstehen<<, und als sie beide Mädchen antworten hörte, >>ja, wir kommen<<, und beide dann ihr Zimmer betreten hatte, erschrak sie und und war ärgerlich, daß ihr auch dieser Anschlag nicht geglückt war. Nun, dachte sie über einen neuen Plan, die Stieftochter zu beseitigen, nach. Schließlich kam sie auf den Gedanken, sie einsam im Gebirge auszusetzen. Sie ging zu einem in der Nähe wohnenden Steinmetzen und gab ihm viel Geld, ihr bei diesem Plan behilflich zu sein. ER mußte auf ihre Anweisung aus einem einzigen Steinblock einen großen Steinsarg herstellen, in dem dann O Tsuki in einer unzugänglichen Gegend ausgesetzt werden sollte. Wieder rief sie ihre eigene Tochter: >>O Hoshi, O Hoshi, diesmal wollen wir die Schwester im tiefen Wald aussetzen. Schweige aber über den Plan und verrate ihr kein Wort davon.<< O Hoshi versprach dies und fragte, wie es die Mutter anstellen wollte. Als sie erfahren hatte, daß man sie in einen Steinsarg einschließen und an eine unbekannte Stelle tragen lassen würde, ging sie heimlich zum Steinmetzen und bestellte ihm, er müsse in die Seite des Sarges ein kleines Loch bohren. Als dann nach ein paar Tagen der Steinmetz mit dem Sarg kam, um O Tsuki in den Wald zu schaffen, und O Tsuki in den Sarg steigen mußte, gab ihr O Hoshi heimlich einen großen Beutel voll Mohnsamen mit in den Sarg und flüsterte ihr zu: <<Schwester, Schwester, streue unterwegs durch das kleine Loch hier immer etwas von dem Mohnsamen aus; wenn es dann Frühling geworden ist und die Blumen aufgeblüht sind, will ich ihrer Spur folgen, um dir Hilfe zu bringen.<< Als man dann O Tsuki in den Sarg eingesperrt hatte, ließ die Stiefmutter einige schlechte Kerle kommen, die den Sarg nehmen mussten und ihn zu einem Moor, tief, tief im Walde an einer unzugänglicher Stelle tragen und dort vergraben sollten.
Als der Frühling kam und der Schnee geschmolzen war, und als die Blumen zu blühen begannen, bat O Hoshi die Mutter: >>Mutter, Mutter, darf ich heut in den Wald gehen, um Mitsublumen zu pflücken? Leihe mir doch eine Axt, um das Unterholz wegzuschlagen.<< Mit der Axt verließ sie das Haus, und als sie das Ende des Dorfes erreicht hatte, sah sie, daß von dort ab bis zum Fuß des Berges und von dort dann immer weiter, immer tiefer in den Wald hinein, rote Mohnblumen den Weg wiesen, den die Männer mit dem Steinsarg genommen hatten. Den Blumen folgend, kam sie tiefer und immer tiefer in den Wald. Weiter und immer weiter der Spur folgend, kam sie zuletzt in eine dichte Wildnis, einsam und verlassen , wo sich nicht einmal mehr die Vögel niederzulassen wagten, und stand schließlich vor einem düsteren, wilden Moor. Dort sah sie, als sie umherschaute, eine Stelle, an der die Mohnblumen im Kreise aufgeblüht waren, und wußte so, daß dies die Stelle war, wo man den Sarg der Schwester eingegraben hatte. Schnell ergriff O Hoshi die Buschaxt und grub im Erdreich nach, bis sie auf Stein stieß. Das war der Deckel von O Tsukis Sarg. Sie suchte ihn aufzuheben, aber es wollte ihr nicht gelingen, und sie riß sich dabei die Nägel von den Fingern. Trotzdem arbeitete sie mit aller Kraft weiter, und das Blut floß von ihren Fingern. Zuletzt gelang es ihr mit großer Anstrengung, den Deckel etwas zu lüften, so daß sie durch einen schmalen Spalt das Ende von O Tsukis Gürtel erblicke konnte. Sie griff hinein, ergriff den Gürtel, und an ihm ziehend, rief sie laut: >>Schwester, he! Schwester, he!<< Erst kam aus dem Sarge keine Antwort. Dann aber vernahm sie ein ganz leises Stöhnen und merkte daraus, daß die Schwester noch am Leben war. Indem sie nochmals alle Kraft zusammennahm und laut den Namen der Schwester rief, versuchte sie nochmals den Deckel emporzuheben, und plötzlich, nach fast übermenschlicher Anstrengung , ließ sich der Deckel leicht wie eine Feder fortheben. Voll Freude umarmte O Hoshi die Schwester und hob sie aus dem Sarg. Da bemerkte sie, daß O Tsuki, da sie alle tage und Nächte geweint hatte, blind geworden war. Nun nahm O Hoshi ihr linkes Auge und setzte es der Schwester an die Stelle des rechten Auges ein. O Tsukis rechtes Auge setzte sie sich in die eigene Augenhöhle ein, da öffnete es sich wieder. Da nahm sie O Tsukis linkes Auge und setzte ihr dafür ihr rechtes Auge ein und O Tsukis in ihre rechte Augenhöhle, und auch dieses öffnete sich wieder. So hatten beide das Augenlicht wiederbekommen, und während noch beide Schwestern dasaßen und sich weinend ihre Erlebnisse erzählten, kam der Fürst des Landes auf einem Jagdzug, begleitet von vielen Vasallen, vorüber. Als er die Geschichte der beiden Schwestern gehört hatte, ließ er sie auf sein Pferd steigen und führte sie so zu seinem Palast. Eines Tages, als die beiden Schwestern die Gegend aus dem Fenster des Palastes betrachteten, sahen sie einen blinden Bettler des Weges kommen, der zum Takt eines Bettelgongs die Worte sang: >>O Tsuki, O Hoshi, Wäret ihr am Leben, Ich müßte diesen Bettelgong Nicht schlagen... Kan, kan, kan!<< Unaufhörlich sang er immer wieder nur diese Worte und schlug dazu auf den Gong. Als er vor das Fenster des Palastes gekommen war, sahen O Tsuki und O Hoshi, daß der blinde Bettler ihr eigener Vater war. Schenll eilten sie hinaus auf die Straße und führten ihn in den Palast. Dort erfuhren sie von ihm, daß er, als er von der Reise zurückkehrte, beide Töchter nicht mehr vorgefunden habe und aus Schmerz darüber so viel geweint habe, daß er das Augenlicht verloren hätte, während er eine Pilgerfahrt durch das Land machte, um die Verschwundenen zu suchen. Als sich die Töchter dann zu erkennen gegeben hatten, nahm O tsuki ihr rechtes Auge und O Hoshi ihr linkes Auge und setzten sie dem Vater ein, so daß er wieder sehen konnte, und führten ihn froh vor den Fürsten. Dieser war darüber auch erfreut, daß Vater und Töchter wieder vereinigt worden waren, und erlaubte ihnen, für die Zeit ihres Lebens im Palaste zu wohnen. Nach ihrem Tode wurde der Vater die Sonne, O Tsuki der Mond und O Hoshi ein Stern. Die böse Stiefmutter aber mußte als Maulwurf in der Erde leben und darf die Sonne nicht sehen, da der Maulwurf sterben muß, wenn ihn ein Sonnenstrahl trifft. So, das war mein Beitrag für bessere Träume in der Nacht, auch wenn´s jetzt noch Nachmittag ist. Hoffe mal, sie hat euch gefallen. @ xtine Dazu fällt mir bloß eins ein: ROFL!!! Und eins steht dann jetzt schon mal fest. Ich werde meinen Kindern später sicher keine Märchen vorlesen, jedenfalls nicht, falls sie ein schwarz-rot-weißes Muster haben. Eure NachtHimmel ------------------------------------------------------------ Die Seele ist das eigentliche Lebewesen in uns. [Geändert von NachtHimmel am 30.03.2001 um 17:41 Uhr]
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