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Alt 24.08.2003, 18:26   #21
Tobster
Forumsgast
 
Beiträge: n/a
@Gina

PN ist unterwegs.

Der Mensch kommt wohl im allgemeinen nicht über eine gewisse Größe hinaus. Sowohl körperlich als auch geistig. In gewissen Momenten kann er aber durchaus über sich hinaus wachsen. Aber was für einen Preis zahlt man dafür?

Ich habe eindeutig einen zu hohen Preis bezahlt, aber ich habe es gerne gemacht! Ich habe es nicht als meine Pflicht angesehen.

Ich habe nur mein bestes gegeben. Ich weiß nicht ob es genug war, aber ich hoffe es vom ganzen Herzen. Mehr nicht.

Gewiss war die Zeit die schlimmste in meinen Leben und ob ich die Kraft nochmal für so etwas aufbringen kann, weiß ich nicht.

Aber ich habe auch etwas gelernt. Unsere Zeit ist kostbar. Viel haben wir davon nicht und wir sollten es genießen. Morgen könnte unser letzter Tag sein.

Vier Jahre habe ich das alles mit mir rumgeschleppt und habe meine Freundin verloren, die ich noch immer liebe. Vier Jahre sind genug. Keiner erwartet von uns, dass wir ewig trauern. Durch trauern bringen wir den geliebten Menschen nicht wieder zurück. Im Gegenteil! Wir verbittern und verlieren die Freude am leben.

Um zu vergessen zu können, habe ich angefangen zu trinken. Und was hat mir das gebracht? NIX! Ich bin morgens aufgewacht und die Gedanken waren wieder da.

Vergessen oder verdrängen ist der falsche Weg. Wir müssen das erlebte verarbeiten. Das weiß ich heute. Ich bin grad erst wieder gekommen.

Ich habe eine liebe Freundin besucht. Ich wollte dieses Wochenende nur nicht alleine bleiben, sonst hätte ich wieder drüber nachgedacht. Dafür hab ich knapp 1000 Km abgespult. Aber es hat geholfen.

Ich habe die Freude am Leben wieder gefunden. Und ich will sie behalten. Und ich werde es schaffen!
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Alt 24.08.2003, 23:30   #22
Tobster
Forumsgast
 
Beiträge: n/a
Hi,

das nennst du streiten? Ich nenn es diskutieren...

Jemand der am sterben ist, hat nur einen Wunsch - Tod. Die Angehörige haben einen ähnlichen Wunsch, den sie aber anders ausdrücken - Ihm Leid zu ersparen.

Und da liegt das Manko. Unser Gesundheitssystem ist auf das Leben ausgelegt. Die Ärtze sind auf Heilung geschult. Aber was machen wir, wenn jemand unheilbar krank ist? Er und seine Familie wird alleine gelassen.

Er bekommt Tabletten damit er keine körperlichen Schmerzen hat, aber was ist mit den seelischen? Mit diesen werd er alleine gelassen.

Meiner Mutter wurde ganz beiläufig erzählt, wie lange er noch zu leben hat und dann wurden wir alleine damit gelassen. Und da sollten wir alle ansetzen.

Stichwort: Passive Sterbehilfe. Warum wird nicht vom Krankenhaus direkt angeboten, denjenigen auf seinen letzten Weg zu begleiten? Mit ihm über das was kommt zu reden.

Sowas gibt es zwar von der Kirche, aber das ist doch sehr auf das kirchliche bezogen und das ist ein anderes System.

Was das seelische Gedankengut ausmachen kann, habe ich bei meinem Stiefvater gesehen. Er kam aus der Intensiv auf die normale und war fast am Ende. Er ist mitten im Satz erschöpft zusammen gebrochen. Nachdem er gehört hat, dass er nach Hause kann, war er innerhalb weniger Tage wieder fast normal. Er wollte sogar fast wieder zur Arbeit kommen.

Auf der anderen Seite ist er in drei Tagen zum Pflegefall geworden, weil er irgendwann natürlich mitbekommen hat, dass was nicht stimmt. Eine nähere Beschreibung erspar ich euch.

Körperlich kann der Arzt einen Sterbenden vorbereiten. Es gibt ja genug Medikamente dafür. Wir haben zwar versucht ihn zu begleiten, aber mußten auch wir passen. Wir waren damit ja auch überfordert.


Für mich hört Liebe nicht mit dem Tod auf. Ich liebe ihn noch heute, als wäre er bei mir. Aber halt auf einer anderen Ebene. Ich denke an ihn, also lebt er. Er wenn man ein einen Menschen nicht mehr denkt und er in Vergessenheit gerät, dann ist er tot. Sonst lebt er in einen weiter.

Wenn ich eines Tages sterben muß und an mich wird gedacht, wird auch an ihn gedacht und somit kann man fast ewig leben.

Ob erfüllt oder vollkommend, die Bezeichnung ist doch egal. Hauptsache man ist glücklich!
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Alt 24.08.2003, 23:40   #23
Gina
-
 
Registriert seit: 08/1999
Beiträge: 3.703
Tobster, bist du noch einen Moment da?
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Gina ist offline  
Alt 24.08.2003, 23:40   #24
Schleckermäulchen69
Member
 
Registriert seit: 08/2003
Beiträge: 57
Es tut mir leid, dass Dich der Tod Deines Stiefvaters so trifft. Vielleicht denkt Du aber einfach daran, dass es ihm jetzt gut geht. Er hat keine Schmerzen mehr und kann in Frieden ruhen. Die Trauer ist unsere eigener Egoismus. Wir kommen mit dem Abschied eines lieben Menschen nicht zurecht. Er fehlt uns. Wir können mit ihm nicht mehr reden und lieb drücken.
Aber an dieser Stelle ist das Wohlbefinden des kranken Menschen vorrangig.
Un glaub mir, er wusst mit Sicherheit, dass sein Leben das Ende erreicht hatte. Dass er am Ende noch einmal ein Hoch hatte, ist fast normal. Vielen Menschen, die im Sterben leben, erscheinen für kurze Zeit auf dem besseren Weg zu sein.
Es ist schade, dass ihr mit ihm nicht offen über seine Ängste und auch über Eure eigenen sprechen konntet. Das wäre ein schöner Abschied gewesen.
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Schleckermäulchen69 ist offline  
Alt 25.08.2003, 07:40   #25
schockschwerenot
Senior Member
 
Registriert seit: 05/2003
Beiträge: 880
Tobster,

du brauchst meinen Kommentar nicht, du sagst schon das Richtige, und leichte Abweichungen in der Sicht bei solch kritischen Themen sind alles andere als verwunderlich. Ich denke, aus Sicht der Ärzte war dein Stiefvater in einer guten Situation, es waren Angehörige da, die sich kümmern. Ob sie sich bei anderen, einsamen Sterbenden mehr gekümmert hätten? Wir sind uns einig, dass hier in jedem Einzelfall "mehr" besser wäre.

schockschwerenot
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schockschwerenot ist offline  
Alt 25.08.2003, 11:52   #26
Tobster
Forumsgast
 
Beiträge: n/a
Gina,

kleine Jungs müssen früh schlafen gehen...

Meist erwischt du mich so gegen 22 - 23 Uhr.
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Alt 25.08.2003, 12:19   #27
Tobster
Forumsgast
 
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Getroffen hat.

Es ist Vergangenheit. So hart es klingen mag, aber ich darf und will mir nicht durch die Vergangenheit meine Zukunft zerstören lassen. Aber ich nehme sie mir als Mahnmal und in meinem Herzen lebt er weiter.

Ob es ihn gut geht, weiß ich nicht. Ich glaube weder an Gott noch an die Hölle. Vielleicht gibt es etwas in die Richtung. Wenn ich es merke, kann ich es leider nicht mehr sagen. Dann ist es auch für mich zu spät. Ich sehe das ganze eher mehr als eine neue Ebene.

In der Zeit war ich mir egal. Ich war für ihn da und hab ich geholfen ihn das ganze zu erleichtern.

Nein, er wußte es wirklich nicht. Er hat bis zu den letzten zwei Wochen gemeint, er wird wieder gesund. Deswegen konnten wir auch nicht mit ihm reden.

Auch in der letzten Woche hat er es verdrängt. Viel geredet haben wir nie. Wir wüßten einfach, dass er andere für den anderen da ist. Das sagt mehr als 1000 Worte.

Angst hatte er als er ins Krankenhaus ging. Ich habe ihn noch nie so ängstlich gesehen. Voher hatten wir uns darüber unterhalten. Aber mehr als uns gegenseitig Mut machen konnten wir uns nicht machen.

Ich hätte ihn gerne die Angst genommen, wenn ich es hätte machen können. Abschied habe ich an seinen Sterbebett genommen.

Wir waren alleine und ich einfach versucht ihn wissen zu lassen, dass er nicht alleine ist. Richtig rangekommen bin ich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr.

Ich weiß nicht, wie es bei anderen Krankheiten ist. Aber Krebs-Kranke machen einige Tage vor dem Ende eine Art letzten Widerstand durch. Der Köper schütet sämtliche körpereigene Drogen aus und läßt dadurch alle Schmerzen vergessen.

Das war bei ihm auch und danach ging es rapide bergab.
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Alt 25.08.2003, 12:30   #28
Tobster
Forumsgast
 
Beiträge: n/a
@Schockschwerenot.

Die ganze Thema sehr schwer. Für jeden, der irgenwie in diese Situation gerät.

Wir schreiben zwar unterschiedlich, aber letztendlich meinen wir doch das gleiche.

Wir alle sind einzigartig auf der Welt und so auch unser Ableben. Letztendlich ist doch unsere Liebe ausschlaggebend.
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Alt 25.08.2003, 13:07   #29
schockschwerenot
Senior Member
 
Registriert seit: 05/2003
Beiträge: 880
Zitat:
Original geschrieben von Tobster

Wir alle sind einzigartig auf der Welt und so auch unser Ableben. Letztendlich ist doch unsere Liebe ausschlaggebend.
Unser Leben ist ausschlaggebend, ob wir es gelebt haben und wie. Wie reich es gewesen ist an Dingen, die uns haben wachsen lassen. Darum erscheint es mir dann auch wirklich tragisch, wenn jemand "vor der Zeit" sterben muss.

Aber dann ist der konkrete Abschied auch im Alter schwer, davon schreibst du. Dass du ins Leben zurück findest, das schreibst du auch. Sicher gehst du da noch weitere Schritte.

Wenn ich sterben muss, wünsche ich am meisten, dass mir Zeit bleibt, den Kindern und der Frau zu sagen, dass sie sich weiterhin dem Leben zuwenden sollen. Wir leben für die Lebenden, nicht für die Toten. Und das sollen meine Lieben auch nach meinem Tod tun. Die Erinnerung darf bleiben, natürlich. Aber meine Erinnerung an meinen Vater ist nicht als Blockade, sondern Teil von mir.

schockschwerenot
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schockschwerenot ist offline  
Alt 25.08.2003, 22:59   #30
Finnwal
Golden Member
 
Registriert seit: 03/2002
Ort: Hamburg
Beiträge: 1.132
Kennt eigentlich jemand das Lied "Komm, großer schwarzer Vogel" des Österreichers Ludwig Hirsch?
Das ist ca. 20 jahre alt. Als ich es damals live in einem Konzert gehört habe, hatte ich eine der intensivsten Gänsehäute meines Lebens. In der Ansage hat Ludwig Hirsch erzählt, warum er das Lied geschrieben hat: Eine Bekannte war unheilbar krank. Im Krankenhaus hat sie sich eines Nachts mit den Zähnen alle Schläuche herausgezogen, die sie am Leben erhalten haben. Damit endlich der große schwarze Vogel kommen konnte.
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Finnwal ist offline  
 

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