12.08.2005, 13:17 | #161 | ||||||
Cosmic Hobo
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@Hades:
Das meine ich auch. Es sollte klar sein, dass jede Lehre und Geisteshaltung erkranken kann- sogar die Vernunft. Ich habe auch eine Ahnung, unter welchen Umständen so etwas geschehen kann, nämlich wenn der Mensch seine Bezugspunkte im Handeln verliert und damit beginnt, alles zu relativieren. Ich werde das demnächst, wenn ich mehr Zeit habe, deutlicher ausführen, denn es deutet auf den Anfangspunkt unserer Diskussion mit den absoluten Wahrheiten zurück- die ja von einigen so sehr bestritten werden. @AndrewAustralien: Zitat:
Als Ausgleich schreibe ich privat meine Kurzgeschichten und nehme auch im Studio gerade ein Hörspiel auf, an dem ich mitgeschrieben habe. Das macht mir mehr Spaß, als altbackene Texte mit den Schülern auseinander zunehmen. @Kuhfladen: Zitat:
Aber wie ich bereits sagte, ich schreibe für mich selber, weil es für meine Arbeit besonders wichtig ist, dass ich auf Fragen der Leute kompetent reagiere und meine Theologie konsequent vertreten kann, und aufgrund des Feedbacks auf meine Arbeit im Privatleben glaube ich, dass ich mich da auf einem sehr guten Weg befinde. Zitat:
Das hat aber nichts damit zu tun, dass Liebe und Mitgefühl an die Religion gebunden sind, sondern sie sind frei für jeden zugänglich. Aber mit einer religiösen Hinwendung wird es am einfachsten sein, sie in sein Herz zu lassen und wir brauchen auch einen Zusammenschluss von Menschen, der diesen Werte in ethischen Fragestellungen Gehör verschafft. Zitat:
Der ideale Anspruch an den Menschen erscheint mir nicht der Egoismus, sondern die Liebe. Entscheidet sich jemand für eine Religion, so entscheidet er sich auch für ein gewisses Menschenbild und das ist das gleiche, wenn ich mich einer politischen Partei anschließe oder einer bestimmten Weltanschauung (z.B. dem Kommunismus) nahe stehe. Daran ist ja auch nichts schlimmes, weil, wie ich bereits sagte, wir alle bestimmte zentrale Bezugspunkte für unser ethisches Handeln und Urteilen benötigen. Das entscheidende bei den Religionen ist, dass man auch noch zu Gott gehört und das markiert eine Verfügungsgrenze über die Menschen. Dann kann sich niemand mehr hinstellen und sagen: Mein Baum, mein Auto, mein Haus, meine Frau, meine Kinder, mein alles. Aufgrund dessen löst sich das ganze zerstörerische Besitzdenken auf und wir werden in der Lage sein, loszulassen, anstatt andere für unsere Zwecke zu instrumentalisieren. Die Erlasse aus Rom empfinde ich auch als Zumutung, dennoch erscheint mir beispielweise das Bekenntnis zum Christentum einer der deutlichsten Möglichkeiten für den einzelnen zu sein, sich seine Individualität innerhalb einer Organisation zu wahren, denn abgesehen von der skizzierten Verfügungsgrenze, bejaht das Christentum jeden einzelnen Menschen mit seinen Schwächen als gewollt und berechtigt.
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12.08.2005, 13:20 | #162 | ||||
Cosmic Hobo
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@Kuhfladen:
Zitat:
Es geht nicht darum, dass man zwingend an Engel glaubt, sondern was der Begriff ausdrückt, dass man nämlich in der Liebe erfährt, dass man schon auf Ewigkeit füreinander bestimmt ist, um sich zu ergänzen. Und plötzlich wird einem bewusst werden, dass da mehr ist, als man mit seinen Augen abschätzen kann und das eine Wahrheit existiert, die über diese Welt hinausreicht. Man spürt, dass sein Partner kein Gemisch mehr aus Atomen und DNS-Strängen ist, sondern dass sich in seiner ganzen Gestalt, seinen Bewegungen, seinem Lachen eine Größe ausdrückt, die engelsgleich ist und auf eine tiefe Ebene hinter allen Dingen hindeutet. Auf jenen Flügeln wird man zum Himmel getragen. Nichts kann das treffender beschreiben als religiöse Ausdrücke, und jeder, der, wie ich, viel mit Texten zu tun hat, weiß wovon ich rede. Zitat:
Ich meine, wir befinden uns auf dem besten Wege, die Sprache unserer Herzen zu verlieren und wir halten das auch noch für ganz normal. Starr unser Ego aufzubauen, sich zu nehmen, was man braucht und alle Empfindungen, alle Gefühle wegzusperren und wie trostlose Maschinen dem Tag zu begegnen. Ja, alles muss bewiesen, abgewogen und falsifiziert werden, ansonsten lassen wir es nicht mehr gelten, und darum fällt die ganze Gefühlswelt und alle Empfindungen unseres Herzens komplett aus unserer Moral heraus. Ich behaupte, dass ein solcher Mensch niemals richtig ethisch handeln wird, weil er niemals mit sich selbst übereinkommt. Eine Aufspaltung des Menschen ausschließlich nach Rationalität und Vernunft kann nur die Liebe töten, denn sie ist viel mehr als das und sprengt jeden Katalogisierungswahn. Darum reagiere ich allergisch auf Bestrebungen, die verneinen, dass der Mensch auch ein Sinnwesen ist und seine tiefen Empfindungen benötigt, um ethisch handeln zu können, denn jede Unterdrückung der Liebe, so fromm und moralisch, so rein und heilig, so sittsam und sittig sie auch sein mag, ist immer auch eine Form der Gottesverleumdung und Gottesverleugnung. So unbeantwortbar die Frage nach der Liebe für die Rationalisten auch ist, nicht die Rationalität verleiht Sinn, sondern nur die Liebe und die Frage nach ihr begleitet uns unser ganzes Leben. Immer wieder kehrt sie zurück, Jahr um Jahr, Stufe für Stufe, entsprechend den Stadien unseres Lebens, oft skeptisch und beunruhigend und manchmal eindringlicher und verbindlicher. Einzig entlang dieser Frage reifen wirklich. Allein in dieser Frage liegt der wirkliche Maßstab unseres Lebens. Sollte man uns in zehn, in fünfzehn Jahren noch einmal fragen, wer wir sind, was wir in der Zwischenzeit gemacht haben und was aus uns geworden ist, so wird sich die Antwort nicht an der Anhäufung von Äußerlichkeiten und messbaren Dingen ableiten lassen, sondern einzig an der innerlichen Frage orientieren: Habe ich es geschafft, in der Liebe zu wachsen? Welche Kriterien gelten wohl besser zur Beantwortung dieser Frage, als das religiöse Eingeständnis: "Das Eigentliche ist unsichtbar", und wir werden sie erst hinreichend beantworten können, wenn unser Blick so transparent geworden ist, das wir vermögen, in unser eigenes Herz zu blicken. So, wie es der Gläubige im Gebet tut, und eine Antwort auf die vergiftenden Existenzängste erhält, die unsere Welt seit Jahrtausenden verseuchen. Alles was man dafür tun muss, ist Glauben und darauf vertrauen, dass da mehr ist, als wir mit unseren bloßen Augen wahrzunehmen in der Lage sind; eine Ebene, die nur unserem Herzen zugänglich ist, dem Ort der uns in Wahrheit entspricht und nach dem Gott uns gemeint hat. Es gibt so viele Menschen, die im Bannkreis der Schüchternheit, dem Misstrauen, dem Skeptizismus, dem Zweifel leben und aus ihrer geschürten Angst nie wagen sie selbst zu sein, denn man könnte unheilbar verletzt werden. Auf diese Weise machen sie sich zu Marionetten ihrer eigenen Angst, sagen und tun oft Dinge, die ihnen gar nicht entsprechen und die sie auch gar nicht so meinen, immer im Wahn was darstellen zu müssen oder sich nicht der Lächerlichkeit preiszugeben. Um diesen verstellten Zugang zum Menschen aufzuheben, bedarf es einer Person, die endlich anfängt zu glauben und so einen Raum der Geborgenheit schafft, in dem der Mitmensch endlich so sein kann, wie er gemeint ist. Diese Person wird dann nicht mehr darauf schauen, was ein Mensch äußerlich sagt und handelt, als verzerrtes Abbild seiner selbst, sondern deren Blick wird so tief und transparent sein, dass sie direkt in sein Herz schauen kann, und gegen alle äußeren Umstände, wird sie an das Gute in ihm glauben, weil sie seine ewige Seele erblickt hat; das wahre Antlitz, nach dem dieser Mensch von Gott ins Leben berufen wurde. Es gibt keine Macht, die derart alle Kräfte der Persönlichkeit gegen die Zersplitterungen der Angst sammeln und zusammenführen könnte, wie die Haltung eines grundlegenden Vertrauens- und das können wir von den Religionen lernen. Nur in der Sphäre einer Geborgenheit, wie sie einzig der Glaube eröffnet, kann ein Mensch zur Einheit mit sich selbst gelangen. Und in jedem Fall verschmilzt dabei der Glaube an Gott auf das engste mit dem Glauben an die Personalität und das Gute des Menschen, und ein und dasselbe ist es, an Gott als Wesen, als weltjenseitigen Willen und ewige Liebe zu glauben und die menschliche Person als etwas Absolutes zu betrachten. Dann kommt es zu Liebesliedern; dann entdecken wir, dass wir dankbar sein dürfen für die Existenz des anderen und beginnen, für den Partner Fürbitten zu leisten. Wenn wir finden, dass der andere durch sein Dasein unser Leben segnet, so werden uns die besten Liebesschwüre und Gedichte über die Lippen kommen, um auch auf ihn allen nur möglichen Segen herabzuflehen. Und jedes Wort, selbst wenn es noch so gewöhnlich klingen mag, wird eine solche Zärtlichkeit von Gebet sein, eine solche Verbundenheit der Herzen in Gott, dass sich der Kreis schließt und es gilt: „Wenn auch nur zwei in meinem Namen beisammen sind, bin ich mitten unter ihnen“. Darum, Kuhfladen, ist der religiöse Wortschatz die Sprache unserer Herzen und alle Empfindungen in Liebesliedern rekurrieren auf religiös-spirituelle Erfahrungen zurück, ob es uns nun bewusst ist oder nicht.
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12.08.2005, 13:50 | #163 | ||||||
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abgesehen davon sehe ich mich auch als ein sinnwesen. Zitat:
alles was du schreibst und wovon du überzeugt bist basiert auf deinem glauben. nicht mehr und nicht weniger. irrtümer nicht ausgeschlossen. also komm mir nicht mit dichten argumenten. nur weil du aus der bibel zitieren kannst heißt das ja nicht das du nun die wahrheit verkündest. du erhebst schon einen gewissen anspruch der unfehlbarkeit an deinen glauben. das finde ich sehr anmassend, nach wie vor.
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12.08.2005, 13:57 | #164 | ||
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da gabs mal nen song von udo jürgens: "was wrklich zählt auf dieser welt, bekommt man nicht für geld"
madhatter geht von gott aus zu den menschen, ich denke , man kann es aber auch anderszrum machen...von sich zu den menschen ausgehen und dann verstehen, dass es etwas gibt, was uns alle vereint - eben die liebe....und die kann man auch "gott" nennen...
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12.08.2005, 13:57 | #165 | |||
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Zitat:
zum glück müssen wir gar nichts!
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12.08.2005, 13:58 | #166 | |||
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12.08.2005, 14:22 | #167 | ||
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eben...
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12.08.2005, 16:49 | #168 | |||
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Zitat:
Nehmen wir zum Beispiel den Massenmord bei der Inquisition zum Beispiel. Es gab auch zig Kriege. Das Christentum ist nun friedlicher dank dem Einfluß der Aufklärung - Fortschritt, Vernunft, Freiheit, Libertät. Daß Christen diese durch die Geschichte bekannt gewordene Tatsache nicht zugeben wollen ist zu erwarten, die haben auch nur mit Aberglaube zu tun, nicht mit Tatsachen. Das Christentum ist eines der größten Mörder der Geschichte.
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12.08.2005, 18:29 | #169 | ||
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andrew, ich glaube auch das das größte glück das uns wiederfahren konnte die trennung von staat und religion (kirche) ist. denn wie ich schon sagte, religion führt nicht zwangsläufig in die freiheit, sie kann auch gefangenschaft bedeuten. ob das eine reine frage der auslegung ist möchte ich bezweifeln, denn selbstverständliches läßt sich vieles was in alten schriften steht unterschiedlich auslegen.
nur, wer entscheidet was richtig und was falsch ist? daran krankt zb. das christentum seit jahrhunderten wenn nicht schon seit seinen anfängen. das christentum ist gespalten und das wird sich auch solange nicht ändern bis eine stärkere instanz die mehrheit, die masse in seine richtung zwingen kann. und bislang konnte etwas derartiges nur durch zwang erreicht werden. was das im ergebnis allerdings bedeutet dürfte jedem klar sein. man betrachte nur mal was die taliban in afghanistan angerichtet haben (um mal in der heutigen zeit zu bleiben). und dann kommen da leute daher die behaupten sie kennen die einzige wahrheit. ganz ehrlich, vor diesen leuten habe ich mehr "angst" als vor ein paar bombenden terroristen. denn die sind meistens nur die handlanger dieser "wahrheitskenner und verführer". wie war das madhatter "wahrheit schafft haß"? das haben sich anscheinend so einige wahrheitskenner tatsächlich auf ihre fahnen geschrieben. da sollten sich manche leute doch mal ernsthaft die frage stellen WARUM IHRE WAHRHEITEN haß schaffen. denn normalerweise sind menschen für wahrheiten dankbar!
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13.08.2005, 05:21 | #170 | ||
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Man muß akzeptieren, daß es "einzige Wahrheiten" nur in den Naturwissenschaften gibt, durch Forschung. Auch da, was wirklich eine Wahrheit ist, ist beschränkt. Es ist jetzt zum Beispiel eine bekannte Wahrheit, daß die Erde sich um die Sonne dreht und nicht umgekehrt.
Ich weiß, amn kann da über die Definition von Wahrheit diskutieren und über wie das bewiesen wurde und ob es wirklich so ist weil wir das nicht selber vor Augen beobachten können. Aber ich meine, das ist wahr insofern, daß es allgemeine akzweptiert wurde -- und zwar aufgrund Beweise durch Naturwissenschaftler die andere nicht widerlegen können. Diese Wahrheiten sind also "neutral". An sich bedeutet es nichts, daß die Erde sich um die Sonne dreht. Zu den Zeiten von Galilei und für ihn persönlich war das doch von Bedeutung, wegen der Religion. Aber objektiv betrachtet ändert dieses Wissen nichts an unseren Leben, es ist halt so. Das heißt, die Sonne geht im Morgen auf und am Abend runter, egal ob wir das Wie verstehen. Deshalb sollte kein Mensch oder Gruppe glaubhaft meinen können, sie wüßte eine einzige Wahrheit oder "die" Wahrheit ohne daß es sich um Tatsachen (nicht religiöse Wahrheit über Gott) handelt und diese bewiesen sind. Dann fällt das Problem "wer entscheidet was richtig und was falsch ist weg". Denn durch dieAufklärung gibt es eben die Trennung von Staat und Religion, auch es gibt Fortschritt, Freiheit, Libertät und der Mensch hat die Freiheit, sein Leben so wie er will zu gestalten. Also anders betrachtet, was richtig und falsch ist geibt es natürlich schon als Frage, aber jeder entscheidet für ihn selber, was richtig und was falsch ist. Der Staat hat hier zwei Aufgaben. Erstens, er sorgt dafür, daß weder eine Religion noch sonst eine Gruppe Menschen Macht hat, damit jeder seine Freiheit behält. Zweitens, es gibt die Frage, wie weit gehen die eigene Freiheiten bis die Freiheiten anderer verletzt werden bzw. wie viel individuelle Freiheit kann die Gesellschaft haben bis andere nicht geschützt sind. Darüber kann man diskutieren. Im Prinzip hat keiner das Recht, anderer anzufassen oder andere zu etwas zu zwingen, und der Staat muß das gewährleisten, durch die Gesetze. Das heißt, die Freiheit hört auf, wo andere betroffen werden. Also, jede religiöse Gruppe, die meint, die einzige Wahrheit zu wissen kann ruhig daran glauben, solange sie kein Recht haben, ihre Ideen durchzusetzen bzw. unter sich bleiben. Und wenn sie fundamentalistisch werden, dann greift der Staat bei der Gruppe ein.
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