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Alt 31.03.2006, 09:54   #911
AndrewAustralien
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Beiträge: n/a
Zitat:
Zitat von Toktok
Bei den Projekten, die als Hilfe zum Wiederaufbau daher kommen, handelt es sich jedoch um die erwähnten problematischen Projekte zur Ausbeutung und Plünderung des Iraks, die durch die Anwesenheit der Truppen geschützt werden, aber deren Erfolge der irakischen Bevölkerung in den nächsten hundert Jahren sicherlich nicht zugute kommen werden, sondern eben nur Profitinteressen bedienen.
Das es, allerdings vor allem durch Firmen und aufgrund wirtschaftlicher (statt militärischer) Interesse der alliierten Staaten, Ausbeutung gibt, stimmt schon. Das ignoriert aber alles, was die Truppen sonst erreichen (Aufbau, Schutz, ein wenig Ordnung bzw der Versuch), und was ohne die Truppen passieren könnte.

Zitat:
Sage mal, verfolgst du überhaupt die Nachrichten, die die Vorgänge im Irak behandeln?
Indem man alle islamisch-fundamentalistischen Gruppen ausdrücklich dazu ermutigt hat, am politischen Geschehen teilzunehmen, indem sie direkt ins Parlament befördert wurden, und seien diese Gruppen noch so extremistisch, hat man keinen demokratischen Rechststaat aufgebaut, sondern eine islamische Priesterverwaltung, wie man sie auch im Iran vorfindet, und in der die Scharia de facto die gültige und auch praktizierte Rechtsnorm darstellt.
Die Scharia wird nicht im Irak gelten. Höchtens nur inoffizielle und ohne Anerkennung unter bestimmten Gruppen. (Wie sie in Afghanistan gelten könnte wenn der, der nicht mehr Muslim ist, dort bleiben müßte).
Alle Gruppen müssen erstmal als legitim betrachtet werden und beim ersten Anschlag für den sie zuständig sind, aberkannt werden. Nicht umgekehrt, ferner, wie ich sagte, die Staatlichkeit/Rechtsstaatlichkeit ist da noch nicht so weit, und das ist ein Grund, warum die Truppen bleiben müssen.
In der BRD gibt es gewisse Regeln, Gesetze und Gerichte, und es funktioniert so, so wurde die Sozialistische Reichspartei 1953 verboten. Im Irak herrscht aber noch Bürgerkrieg, man kann noch nicht genau über Beteiligung am politischen Prozeß reden.

Zitat:
Von einer Demokratie, so wie wir sie kennen und uns vorstellen, ist der Irak himmelweit entfernt. Dieser Sauhaufen, der einzig und allein durch großen Druck der Besatzungsmächte installiert wurde, wird sich ebenso wenig plötzlich in eine Demokratie verwandeln, wie es die iranische Priesterregierung machen wird.
Eben, keine normale Demokratie. Die Regierung (der Sauhaufen) mag enorme Probleme haben und eben nicht demokratisch sein so wie wir es verstehen, aber das geht nicht, wenn es einen Bürgerkrieg gibt, außer die Regierung gewinnt, was nicht der Fall im Irak wäre wenn die Truppen gehen würden.
Abgesehen davon muß einer eine Regierung gründen die durch Wahlen dann legitimiert wird und regieren kann. Das würde ein späterer Gewinner des Bürgerkriegs nur machen wenn der Gewinner das will und dafür sorgen kann. Die Terroristen die kämpfen wollen das nicht, sie würden am liebsten alleine diktieren. Und vergesse nicht, die bekämpfen auch einander.

Zitat:
Damals, nachdem von dir erwähnten Ereignis, dem Kuwaitkrieg 1991, gab es tatsächlich aufrichtige, demokratische Bestrebungen, die nicht von außen aufgezwungen wurden, sondern direkt vom irakischen Volk ausgingen. Diese Bewegung strebte die Entmachtung der Diktatur an, und man hätte sie leicht unterstützen und damit zum Erfolg führen können - Hussain war schließlich stark angeschlagen.
Das könnte sein, aber das ist nicht passiert. Wäre wünschenswert gewesen, aber leider kann man die Vergangenheit nicht ändern.

Zitat:
Wie so oft in ihrer Geschichte internationaler, interventionistischer Politik war die USA, die Hussains Truppen noch aus Kuwait vertrieben hatten, jedoch keineswegs an demokratischen Bestrebungen interessiert, sondern rief lieber nach "Stabilität, Stabilität" und sah zu, wie alles blutig im Sand verlief.
Stimmt, die USA haben falsch gehandelt. (Wieder) Aber nun wurde gehandelt, wir müssen uns mit dem was jetzt passiert beschäftigen.

Zitat:
Vor dem letzten Irak-Krieg waren wir uns darin einig, dass eine Demokratie von demokratischen Bewegungen eines Volkes selbst ausgehen muss und auch nur so erfolgreich funktionieren kann.
Ja. Aber es gab den Krieg. Das ist der Punkt. Ich wiederhole gern, daß ich strikt dagegen war, habe viel darüber geschrieben damals vor 3 Jahren. Aber nun passierte der Krieg. Nun ist das Land im Chaos, es braucht Hilfe.

Zitat:
Nicht nur. Wenn Firmen im Auftrag einer Regierung in einem fremden Land sind, handeln sie nicht nur in ihrem Interesse, sondern auch in jenem der Regierung, die sie beauftragt haben. Die Profite fließen schließlich in die Länder zurück, in denen besagte Firmen ihren Hauptsitz haben und kommen dort über Steuergelder, Sicherung von Arbeitsplätzen etc. dem Land insgesamt zugute.
Weitere Gründe, warum der Krieg falsch war. Ich stimme denen auch zu. Aber nun sind die Truppen da, nun gibt es Chaos. Diese Punkte ändern nichts daran.

Zitat:
Gründe für außenpolitische Aktivitäten liegen immer auch in einem starken Eigeninteresse. Im Irak sagte man, dieses Land sei wegen seiner Massenvernichtungswaffen und seiner Unterstützung von Terroristen eine Gefahr besonders für Amerika, aber auch für den Rest der Welt. Wir alle wissen, dass es sich dabei lediglich um kriegsvorbereitende, erfundene Behauptungen hielt, die sich samt und sonders längst zweifelsfrei als unwahr erwiesen haben.
Siehe oben. Ich schreibe hier nicht, um die Außenpolitik der USA und anderer zu verteidigen. Nur, jetzt ist es soweit.

Zitat:
Welch haarsträubende Verniedlichung: "Die Besatzungsmächte haben ja den guten Willen der irakischen Bevölkerung zu helfen, bloß manchmal machen sie eben kleine Fehler in ihren Befehlen an die Truppen." Andrew, im Ernst, das ist doch Unsinn. Die Befehle sind alle wohlüberlegt, und das Chaos, indem der Irak versinkt, ist fremdverschuldet.
Es liegt im amerikanischen Interesse, daß es im Irak eine kooperative, alliierte Regierung gibt und daß es Stabilität gibt.
Um das zu erreichen müssen die Truppen helfen: für Ordnung sorgen und mit dem Aufbau.

Zitat:
Auch die zahlreichen terroristischen Gruppierungen, deren Mitverantwortung du hier betonst, sind nicht Ursache, sondern erst Folge des Krieges und der anschließenden Besatzung. Die Ursache ist also der Krieg und die Besatzung, dort muss man ansetzen.
Es ist zu einfach zu sagen, daß die Terroristen nicht due Ursache wären. Aber das ist sowieso nicht relevant, das ignoriert immernoch wie es weitergeht indem es um die Vergangenheit geht. Nun gibt es Chaos, nun muß es Ordnung geben.

Zitat:
Andrew, irakische Ölanlagen befinden sich bald auf Vordermann, während die Krankenhäuser nach wie vor elendig aussehen und es nicht mal in der Hauptstadt länger als wenige Stunden am Tag elektrischen Strom gibt. Daran sieht man, wie die Interessen im und am Irak geartet sind. Niemand interessiert sich dort für den Wiederaufbau der Infrastruktur, wo er dem gewöhnlichen, irakischen Volk dienlich wäre, jedenfalls nicht in ausreichendem Maß.
Würden die Truppen abhauen, dann würden die Krankenhäuser immernoch elendig aussehen, es sei denn, Terroristen bomben sie weil Feinde drin sind. Es würde mehr Gewalt und Krieg geben. Den Krankenhäusern könnte man erst verbessern wenn es eine effektive Regierung gibt und Ordnung gibt. Dafür braucht das Land momentan Hilfe, nicht weil die Irakis nicht in der Lage wären, sondern weil es Bürgerkrieg gibt.
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Alt 31.03.2006, 10:07   #912
AndrewAustralien
Forumsgast
 
Beiträge: n/a
Zitat:
Zitat von Toktok
Die Infrastruktur des Saddam-Regimes war nicht mangelhaft aufgrund terroristischer Aktionen, denn Terrorismus gab es unter Saddam nicht, auch wenn die Invasionsmächte in kriegsvorbereitender Manier diese Bedrohung konstruiert hatten.
Vielmehr war die Infrastruktur mangelhaft wegen der drastischen Sanktionen, denen der Irak nach dem Kuwaitkrieg für mehr als ein Jahrzehnt ausgesetzt war.
Saddam ist nicht mehr da. Es geht um die Lösung des Problems, die Ursachen sind ein anderes Thema. (Richtig, nicht Terroristen, sondern teilweise Saddam, teilweise der Krieg)
Und nein, die Infrastruktur war nicht "nicht mangelhaft" oder "ausreichend" vor den Sanktionen.


Zitat:
Soso, plötzlich haben die Truppen also doch wieder militärische Aufgaben, ganz klassisch, während der Aufbau der Infrastruktur wieder jenen Unternehmen zukommt, die besser dazu in der Lage sind.
Und weiter: Die Truppen handeln einzig und allein im Auftrag und auf Befehl jener Regierungen, die sie in den Irak entsand haben.
Siehe oben. Es ist im westlichen Interesse, daß es dort Ordnung und Stabilität gibt, mit einer alliierten, gewählten Regierung.
Die Truppen haben mehrere Aufgabenbereiche.

Zitat:
Doch, denn die beschriebenen Aktivitäten ziehen den Bürgerkrieg in die Länge. Wenn Milizen immer dann mit Nachschub an Waffen, Munition und Geld versorgt und in ihren fragwürdigen Kampf geschickt werden, rückt der Frieden in weite Ferne.
Ganz im Gegenteil. Würde es die Truppen nicht geben, gäbe es weniger Hindernisse für die Terroristen, wesentlich mehr Möglichkeiten, einander und zivile Ziele zu bomben und um Waffen reinzuschmuggeln.

Zitat:
Es handelt sich auch nicht um unbewiesene Behauptungen, denn der amerikanische Verteidigungsminister selbst, Donald Rumsfeld, spricht diesen Milizen die größte Wirkung bei der Unterdrückung und Beseitigung von Aufständischen zu, und deshalb werden sie unterstützt.
Ein großer Fehler, wie man seit drei Jahren sieht. Er wird sich aber nicht ändern, denn man ist fest entschlossen den bisherigen Irrweg weiterhin zu beschreiten.
Das Bleiben der Truppen und Unterstützunf gewisser Milizien sind verschiedene Punkte. Das Unterstützen Milizien ist eine der vielen inakzeptablen Aktionen der USA, das heißt aber nicht, daß die Truppen gehen sollten. Wie ich oft sagte, jemand muß für Ordnung sorgen, weder die Regierung dort noch andere sind momentan in der Lage dazu.

Zitat:
Bitte sehr. Dann hat man jedoch die oben erwähnten, zutiefst antidemokratischen Bewegungen in den Parlamenten und damit eine wirkliche Demokratisierung verhindert. Antidemokraten verwandeln sich nämlich nicht in Demokraten. Definitiv nicht.
Abwarten, wie gesagt, Rechtsstaatlichkeit wie wir es uns vorstellen kommt nocht von heute auf morgen und muß aufgebaut werden.

Zitat:
Wie stark sollen die Truppen sein, die du entsenden willst? Der Irak ist ein Land mit einer Bevölkerung von ca. 28.000.000 Einwohnern. Und Bedenke: Soldaten sind keine Ordnungshüter. Sie sind für Polizeiaufgaben nicht ausgebildet und können solche Aufgaben folglich auch nicht effizient wahrnehmen. Hinzu kommt, dass kein Iraker um die Besetzung seines Landes gebeten hat. Sie sind froh, dass Saddam Hussain weg ist, aber eine Militärdiktatur, verursacht durch eine große Zahl fremder Truppen im Land, wollen sie sicherlich auch nicht.
Ich weiß nicht, noch wie viel Truppen man bräuchte um schneller für Ordnung sorgen zu können, da sind viele Faktoren relevant.
Aber Ordnunghüter können Truppen doch wohl sein.

Zitat:
Unterdessen, in diesem Chaos, reißen sich ausländische Unternehmen die Ressourcen des Landes unter ihre Finger, fernab jeglicher demokratischer Legitimation durch die Iraker, aber dafür vertraglich festgelegt bis zur Erschöpfung. Wo die Profite landen, kannst du dir an wenigen Fingern abzählen. Das irakische Volk zählt nicht dazu.
Ich stimme dir völlig zu, daß das nicht in Ordnung ist.
Aber das ist nach wie vor ein anderes Thema als das, ob und wie man im Land für Ordnung, Stabilität und eine Regierung sorgen kann.
Übrigens, je schneller es eine "richtige" gewählte Regierung gibt, desto schneller kann sie Druck dagegen anwenden.

Du hast mein Punkt über Belarus übersehen: was wäre, wenn man, egal wie, Lukaschenko und Freunde/Konsorten in Minsk entmachten würde und dann nichts machen würde? Dort gäbe es weniger terroristische Gruppen die einander bekämpfen wollen, doch würde es ein Vakuum geben, irgendjemand müßte für demokratischen Wahlen sorgen. Dort könnte es die UNO sein die dann geht sofern es eine demokratische Wahl gab. Der Punkt ist aber, es passiert nicht halt so, jemand muß dafür sorgen: Macht haben und die Möglichkeit, diese zu legitisimieren und das Hoheitsgebiet zu kontrollieren.
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Alt 31.03.2006, 12:38   #913
Kuhfladen
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Registriert seit: 07/2004
Beiträge: 4.745
Zitat:
Zitat von Toktok
Ich freue mich ja immer, wenn die Disputanten hier nicht meiner Meinung sind; worüber wollten wir uns sonst auch streiten, nicht wahr? Das also vorweg.
ja gut, aber bitte versuch nicht eine methode daraus zu machen. Manchmal habe ich bei dir allerdings das gefühl das es dir eher darum geht deine meinung durchzusetzen als ein tatsächlich konstruktives gespräch zu führen. ist mir manchmal zu anstrengend dann darauf einzugehen.

Zitat:
Zitat von Toktok
Wie gesagt, die Haltung, die du oben zum Ausdruck bringst, ist alles andere als untypisch auch unter denjenigen, die den Krieg im Vorfeld abgelehnt haben, weil sie sämtliche Befürchtungen hatten, die heute eingetreten sind, ganz zu schweigen von der generellen Völkerrechtswidrigkeit der ganzen Operation, die allein schon Grund genug ist.
und was genau willst du mir nun damit sagen? das ich in deinen augen den gleichen irrtümern aufsitze?
mensch bist du toll das du eine ganz andere meinung als die meisten anderen hast. bewundernswert.

Zitat:
Zitat von Toktok
... Und nicht nur sie: Die ökonomischen Besatzer sollten sie ebenfalls gleich mitnehmen.
deine antiimperialistische wortwahl passt auch irgendwie zu deiner denkweise.

Zitat:
Zitat von Toktok
Das ganze, riesengroße Schlamassel, welches der Krieg und die anschließende Besatzung angerichtet haben und immer noch anrichten, das ganze Leid, vor allem der irakischen Bevölkerung, aber auch der Familien der gefallenen ausländischen Soldaten und all die Verletzten und Verstümmelten unter ihnen, mit Äußerungen à la "wo gehobelt wird,..." oder "Menschen sind eben nicht unfehlbar" abzutun, grenzt - Entschuldigung, werter Fladi - geradezu an Menschenverachtung.
ich muss dir leider unterstellen das du meine beiträge bewußt nicht verstehen willst. würdest du genauer lesen und vor allem verstehen, dann würdest du solch schwachsinnige kommentare wohl eher nicht schreiben.
was du hier betreibst ist zynismus pur. da stehe ich persönlich nicht so drauf und ich habe auch keine lust mit solchen leuten zu diskutieren. bringt nix und ist zeitverschwendung.

den rest deines beitrages habe ich ab der stelle auch nicht mehr gelesen weil mich deine meinung dazu auch nicht mehr interessiert.
tschö toktok.
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Geändert von Kuhfladen (31.03.2006 um 12:41 Uhr)
Kuhfladen ist offline  
Alt 31.03.2006, 14:42   #914
Toktok
night strike specialist
 
Registriert seit: 05/2001
Beiträge: 5.545
Schlecht gefrühstückt, Fladi?

Ich verstehe euch ja, dich und Andrew. Ihr glaubt, die Truppen könnten und würden im Irak Ordnung schaffen. Andrew geht sogar offen soweit zu behaupten, sie könnten einen Bürgerkrieg verhindern, und du, Kuhfladen, denkst vermutlich ähnlich. Das hat sich jedoch als Irrtum erwiesen, auch wenn ich euch diese Denkweise gerne zugestehe.
Alles, was die Truppen im Irak maximal erreichen, ist eine Abmilderung des Konflikts, doch geht damit auch ein Aufschieben des selben einher. Damit ist dieser Konflikt jedoch alles andere als aus der Welt geräumt.
Dass die Truppen es nicht schaffen trotz ihrer Anwesenheit den Bürgerkrieg zu verhindern, bzw. die Konflikte, die ihn auslösen, zu beseitigen, zeigt sich in jedem einzelnen Anschlag, in jedem einzelnen Menschen, der eines unnatürlichen Todes stirbt. Vielleicht sollten wir uns auch über die Definition von Terrorismus und über Möglichkeiten diesen von Bürgekriegsszenarios abzugrenzen unterhalten. Das Meiste, was ihr nämlich als terroristische Aktionen bezeichnet, ist nichts anderes als Zeichen für den unausweichlichen Bürgerkrieg, z. B. der Aufstand in Falludscha, oder unlängst der Anschlag auf die Goldene Moschee von Samarra.

Wir stellen also fest, dass eben dieser Bürgerkrieg trotz Anwesenheit der Truppen nicht nur unvermeidbar, sondern ohnehin längst im Gang ist. Lange Zeit hat man diese Bewertung aus den Reihen der Regierungen der Invasionsmächte aus politischen Gründen vermeiden wollen, doch mittlerweile bestreiten weder der US-Verteidigungsminister Rumsfeld, noch der US-Präsident Bush selbst, dass die Situation im Irak einem Bürgerkrieg gleicht.

Faktisch kann man eine Dreiteilung im Irak beobachten: Der Nordwesten wird von Kurden dominiert, die sicherlich zu den eigentlichen Gewinnern des Kriegs gezählt werden können. Dort ist ein Wirtschaftsaufschwung längst im Gang; man hört nur relativ selten von Anschlägen in dieser Region; es gibt eine regionale Regierung; und die Kurden stellen auch den Staatspräsidenten sowie andere einflussreiche Politiker.
Im Süden des Landes befindet sich ein neues Handelszentrum im Aufbau, wobei sich Kuwait und Iran einen regelrechten Wettstreit liefern. Weiter nördlich liegen die beiden fest in den Händen iranischer Religionsstiftungen befindlichen Städte Nadschaf und Kerbela.
Und sicherlich sind auch die Europäische Union und die USA beim Aufbau des Iraks sehr aktiv und hiflsbereit.
Das Problem ist bloß, dass die irakische Bevölkerung davon wenig zu spüren bekommt. Für sie gehören Terror, sonstige Kriminalität und Preistreiberei zum lebensbestimmenden Alltag. Für sie steigen die Lebenshaltungskosten zusehends, während die Wahrscheinlichkeit eines nicht natürlichen Todes zu sterben, ebenfalls angestiegen ist. Von ihnen glaubt niemand an eine positive Entwicklung zu ihren Gunsten.

Eure Argumente, die Truppen könnten den Bürgerkrieg verhindern und das Chaos minimieren, ihr Abzug hingegen würde alles nur verschlimmern, überzeugen mich daher nicht sonderlich. Zu lange schon gehören Chaos, Gewalt, Staatsverbrechen, Terror und sonstige Kriminalität zur Tagesordnung der Iraker, und zwar in einem Ausmaß, dass selbst ohne Besatzung kaum noch steigerungsfähig erscheint. Außerdem stimmen nahezu alle unabhängigen Experten darin überein, dass mit dem Rückzug der Besatzungstruppen selbst eine Hauptursache für oben beschriebene Gewalt beseitigt würde.

Mit meiner Ansicht stehe ich also keineswegs allein dar. Sogar in der U.S.A. zeichnet sich mittlerweile deutlich ab, dass eine Bevölkerungsmehrheit den umgehenden Abzug der Truppen befürwortet, was sich sowohl aus Umfragen, als auch aus den zahlreichen, landesweiten Aktionen ergibt, die dort stattfinden. In Großbritannien ist es schon viel länger der Fall.

Für den Abzug der Besatzungstruppen zu sein bedeutet auch keineswegs, den Irak in internationale Isolation zu führen, das Land seinem Schicksal zu überlassen und sich jeglicher Verpflichtungen zu entziehen. Verpflichtungen ergeben sich schließlich zur Genüge: daraus, dass die USA das Hussain-Regime unterstützten, als es noch treu verbündet war; daraus, dass beide Seiten im blutigen Iran-Irak-Krieg unterstützt wurden; daraus, dass schon im Kuwait-Krieg 1991 gewaltige Zerstörungen angerichtet wurden; daraus, dass der Irak danach über 13 Jahre hinweg verherenden Sanktionen ausgesetzt gewesen ist; und selbstverständlich ergeben sich diese Verpflichtungen auch aus der Invasion und der anschließenden Besatzung ab 2003.
Mit fortgeführter Besatzung kann diesen Verpflichtungen nicht nachgekommen werden. Der erste Schritt sollte also in einem umgehenden Rückzug der Truppen bestehen, worauf die in vorangegangenen Beiträgen genannten Maßnahmen folgen sollten.
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Geändert von Toktok (31.03.2006 um 14:46 Uhr)
Toktok ist offline  
Alt 02.04.2006, 07:59   #915
AndrewAustralien
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Ich glaube du hast viele guten Punkte wenn es um den Krieg und was seitdem passiert ist geht, nur, ich sehe keine Begründung von wie es ohne die Truppen dort besser gehen würde. Besonders keine Begründung von warum die verschiedenene oft terroristischen Gruppen im Irak aufhören würden, einander und die dortige Regierung zu bekämpfen und wie das sonst (ohne die Truppen) zu Ende zu bringen wäre.

Zitat:
Zitat von Toktok
Außerdem stimmen nahezu alle unabhängigen Experten darin überein, dass mit dem Rückzug der Besatzungstruppen selbst eine Hauptursache für oben beschriebene Gewalt beseitigt würde.

Mit meiner Ansicht stehe ich also keineswegs allein dar. Sogar in der U.S.A. zeichnet sich mittlerweile deutlich ab, dass eine Bevölkerungsmehrheit den umgehenden Abzug der Truppen befürwortet, was sich sowohl aus Umfragen, als auch aus den zahlreichen, landesweiten Aktionen ergibt, die dort stattfinden. In Großbritannien ist es schon viel länger der Fall.
Ja viele wollen, daß die Truppen wieder nach Hause kommen, aber aus verschiedenen Gründen die nicht immer mit der Zukunft Iraks zu tun haben, sondern vor allem wegen der Kosten, wegen der Berichte in den Medien wenn westliche Truppen sterben und weil man sonst kein Ende sieht.

Folglich würden mich Berichte der unabhängigen Experten interessieren, vor allem wenn sie begründen, wie der Bürgerkrieg ohne die Truppen aufhören würde/wie er zu stoppen ist.
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Alt 03.04.2006, 14:20   #916
Toktok
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Beiträge: 5.545
Zitat:
Zitat von AndrewAustralien
Ich glaube du hast viele guten Punkte wenn es um den Krieg und was seitdem passiert ist geht, nur, ich sehe keine Begründung von wie es ohne die Truppen dort besser gehen würde. Besonders keine Begründung von warum die verschiedenene oft terroristischen Gruppen im Irak aufhören würden, einander und die dortige Regierung zu bekämpfen und wie das sonst (ohne die Truppen) zu Ende zu bringen wäre.
Aber Andrew, wie oft soll ich es noch erklären? Du scheinst nicht aufmerksam genug zu lesen, wenn es dir immer noch an Begründungen hapert.

Also noch ein letztes Mal kurz und knapp:
Viele Guerilla-Angriffe richten sich direkt oder indirekt gegen die Besatzer. Zögen diese sich zurück, wäre der Nährboden für diese Angriffe entzogen. Weil kein Iraker darum gebeten hat deren Land besetzt zu halten, wäre eine Hauptursache des Chaos und der Gewalt mit einem Rückzug der Besatzungstruppen also aus dem Weg geräumt.

Im Folgenden ein Zitat aus einer Rede des US-Verteidigungsministers Rumsfeld:
"An etwa 75 % aller Militäreinsätze im Land sind irakische Sicherheitskräfte beteiligt, und fast die Hälfte hiervon wird selbständig von Irakern geplant, durchgeführt und geleitet. Die irakischen Sicherheitskräfte sind weitaus besser als die Koalitionstruppen fähig, den ausländischen Akzent eines Terroristen zu erkennen und Gewalt anzuwenden, ohne das Gefühl der Besatzung zu verstärken."
Die Iraker wollen und brauchen also keine Besatzung.

Hinzu kommt das Auspielen der einzelnen Gruppen innerhalb der irakischen Bevölkerung gegeneinander, die Ausbildung, Bewaffnung und Finanzierung von Milizen, die zwar Aufstände eindämmen sollen, aber letztendlich nur fortgesetzte Unruhen verursachen. Das geschieht selbstverständlich im Interesse der Besatzer - andere Gruppen würden sie schließlich nicht unterstützen - welches jedoch keineswegs das Interesse der Mehrheit der irakischen Bevölkerung ist.

Zitat:
Zitat von Andrew
Ja viele wollen, daß die Truppen wieder nach Hause kommen, aber aus verschiedenen Gründen die nicht immer mit der Zukunft Iraks zu tun haben, sondern vor allem wegen der Kosten, wegen der Berichte in den Medien wenn westliche Truppen sterben und weil man sonst kein Ende sieht.
Eben. Die Gründe sind so zahlreich, dass es regelrecht paradox ist, weshalb manche Menschen trotz allem an einer forgesetzten Besatzung festhalten und versuchen, in ihr einen Sinn zu suchen.
Es scheint eine sehr bizarre "Logik" dahinter zu stecken, mit der man sich konfrontieren sollte: Die Menschen, die den Irak verwüsteten; die Sanktionen, welche während der letzten 15 Jahre hunderttausenden Irakis das Leben kosteten, erst ermutigt, dann erzwungen haben; die schon bei der Übernahme der grundlegendsten Verantwortungen als Besatzungsmacht (die Genfer Konfentionen beschränken das Recht sich in innere Angelegenheiten des bestzten Volks einzumischen) kläglich versagt haben; die heute eine Hauptursache für Instabilität im Irak sind; ja, dass diese Menschen die einzigen sein sollen, die den Irak vor Anarchie, Gewalt und Hunger schützen könnten.
Eine solche "Logik" würden wir doch in keinem anderen Bereich unserer Leben akzeptieren, aber wenn es um die Verbrechen einer Weltmacht geht, scheinen einige die Historie kontinuierlich zu ignorieren und die Ansicht zu vertreten, dass alle Verbrechen entschuldbar seien, wenn sich dahinter nur genügend Versprechungen guter Absichten ("Freiheit", "Demokratie", "Ordnung",...) verbürgen.

Zitat:
Zitat von Andrew
Folglich würden mich Berichte der unabhängigen Experten interessieren, vor allem wenn sie begründen, wie der Bürgerkrieg ohne die Truppen aufhören würde/wie er zu stoppen ist.
Über 76 amerikanische Städte haben Resolutionen erlassen, in welchen ein umgehender Rückzug der Truppen gefordert wird. Dort findest du sicherlich genügend weitere gute Gründe, neben denen, die hier bereits erwähnt sind.
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Toktok ist offline  
Alt 04.04.2006, 11:24   #917
AndrewAustralien
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Zitat:
Zitat von Toktok
Aber Andrew, wie oft soll ich es noch erklären? Du scheinst nicht aufmerksam genug zu lesen, wenn es dir immer noch an Begründungen hapert.

Also noch ein letztes Mal kurz und knapp:
Viele Guerilla-Angriffe richten sich direkt oder indirekt gegen die Besatzer. Zögen diese sich zurück, wäre der Nährboden für diese Angriffe entzogen. Weil kein Iraker darum gebeten hat deren Land besetzt zu halten, wäre eine Hauptursache des Chaos und der Gewalt mit einem Rückzug der Besatzungstruppen also aus dem Weg geräumt.
Daß die Irakis nicht um die Besetzung gebeten hat, hat nichts mit wie es weiter gehen würde wenn die Truppen gehen würden, denn man muß die heutige Situation betrachten.

Daß viele der terroristischen Gruppen innerhalb des Landes die Besetzer kämpfen ist klar. Das würde aufhören, das ist auch klar. Was du nicht erwähnt hast, ist, daß sie sich weiter bekämpfen würden und daß sie weniger Hindernisse hätten und mehr Möglichkeiten hätten, Waffen zu sammeln. Ferner, die Regierung ist noch nicht in der Lage, das Land allein zu kontrollieren. Der Bürgerkrieg würde weiter gehen bis es einen Sieger gibt, dieser könnte eine terroristische Gruppe sein, die eine Diktatur erstellen will.

Zitat:
Im Folgenden ein Zitat aus einer Rede des US-Verteidigungsministers Rumsfeld:
"An etwa 75 % aller Militäreinsätze im Land sind irakische Sicherheitskräfte beteiligt, und fast die Hälfte hiervon wird selbständig von Irakern geplant, durchgeführt und geleitet. Die irakischen Sicherheitskräfte sind weitaus besser als die Koalitionstruppen fähig, den ausländischen Akzent eines Terroristen zu erkennen und Gewalt anzuwenden, ohne das Gefühl der Besatzung zu verstärken."
Die Iraker wollen und brauchen also keine Besatzung.
Das zeigt, daß die Regierung und einheimische Truppen immer erfolgreicher werden.
An etwa 75 % aller Militäreinsätze im Land sind irakische Sicherheitskräfte beteiligt - gut, weiter so. Aber die anderen 25%? Ob die einheimischen Sicherheitskräfte es ohne die Truppen allein schaffen würden? Das wird, und siehe oben, nicht erwähnt.

Zitat:
Hinzu kommt das Auspielen der einzelnen Gruppen innerhalb der irakischen Bevölkerung gegeneinander, die Ausbildung, Bewaffnung und Finanzierung von Milizen, die zwar Aufstände eindämmen sollen, aber letztendlich nur fortgesetzte Unruhen verursachen.
Das hat nichts mit den Truppen zu tun, sondern mit den Regierungen. Heißt, das wird im Westen entschieden und könnte weiter gemacht werden, auch wenn es manchmal schwieriger wäre.

Zitat:
Das geschieht selbstverständlich im Interesse der Besatzer - andere Gruppen würden sie schließlich nicht unterstützen - welches jedoch keineswegs das Interesse der Mehrheit der irakischen Bevölkerung ist.
Alle Kämpfer im Irak haben ihre Anhänger, viele bekommen von verschiedenen Quellen (vor allem vom Iran und aus anderen offiziellen oder illegalen Quellen im Nahen Osten).

Zitat:
Die Gründe sind so zahlreich, dass es regelrecht paradox ist, weshalb manche Menschen trotz allem an einer forgesetzten Besatzung festhalten und versuchen, in ihr einen Sinn zu suchen.
Es scheint eine sehr bizarre "Logik" dahinter zu stecken, mit der man sich konfrontieren sollte: Die Menschen, die den Irak verwüsteten; die Sanktionen, welche während der letzten 15 Jahre hunderttausenden Irakis das Leben kosteten, erst ermutigt, dann erzwungen haben; die schon bei der Übernahme der grundlegendsten Verantwortungen als Besatzungsmacht (die Genfer Konfentionen beschränken das Recht sich in innere Angelegenheiten des bestzten Volks einzumischen) kläglich versagt haben; die heute eine Hauptursache für Instabilität im Irak sind; ja, dass diese Menschen die einzigen sein sollen, die den Irak vor Anarchie, Gewalt und Hunger schützen könnten.
Erstens kann man die Geschichte nicht rückgängig machen, wie gesagt, und sie die oben erwähnten nicht beantwortete Punkte.

Zitat:
Eine solche "Logik" würden wir doch in keinem anderen Bereich unserer Leben akzeptieren, aber wenn es um die Verbrechen einer Weltmacht geht, scheinen einige die Historie kontinuierlich zu ignorieren und die Ansicht zu vertreten, dass alle Verbrechen entschuldbar seien, wenn sich dahinter nur genügend Versprechungen guter Absichten ("Freiheit", "Demokratie", "Ordnung",...) verbürgen.Eine solche "Logik" würden wir doch in keinem anderen Bereich unserer Leben akzeptieren, aber wenn es um die Verbrechen einer Weltmacht geht, scheinen einige die Historie kontinuierlich zu ignorieren und die Ansicht zu vertreten, dass alle Verbrechen entschuldbar seien, wenn sich dahinter nur genügend Versprechungen guter Absichten ("Freiheit", "Demokratie", "Ordnung",...) verbürgen.
Wer stark genug ist, einem weh zu tun ist auch starkl genug, einen zu schützen. Der Krieg war nicht gegen das irakische Volk, sondern gegen Saddam, sein Regime und die Baath Partei. Ich weiß, daß das irakische Volk den westlichen Ländern völlig egal ist, daß es sich um einen inakzeptablen und unerlaubten Krieg handelte, daß es weden den USA noch anderen interessiert noch interessieren wird, wie es den normalen Menschen geht. Und ich bin, wie du weißt, immer skeptisch und oft sehr kritisch wenn es zur Außenpolitik der USA (und oft anderer) kommt.
Aber ich habe schon gesagt: es ist auch im Interesse der Alliierten, daß es im Irak Stabilität und Ordnung gibt und eine kooperative "westliche" Regierung gibt, was auch Stabilität und Ordnung bräuchte. Folglich müssen die Besatzungsmächte dafür sorgen, auch im eigenen Interesse.

Zitat:
Über 76 amerikanische Städte haben Resolutionen erlassen, in welchen ein umgehender Rückzug der Truppen gefordert wird. Dort findest du sicherlich genügend weitere gute Gründe, neben denen, die hier bereits erwähnt sind.
Ja darüber hörte ich am WE ein bisschen bei "NPR" (National Public Radio). Nun geht es in Wisconsin los, wenn ich mich richtig daran erinnere. Das, interne Opposition zur Politik der Regierung, ist anders. Obwohl ich Opposition zu Bush immer begrüße. Aber es wird in den Abstimmungen vor allem um die Kosten gehen und darum, daß über jeden toten amerk. Soldat berichtet wird.

Wie gesagt, du hast viele guten Punkte, aber nicht alle Fragen beantwortet, vor allem nicht darüber gesprochen, daß viele einander bekämüfen und das ohne die Truppen weiter tun würden.
Folglich müssen wir es hier einfach anders sehen.
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Alt 04.04.2006, 13:28   #918
Toktok
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Zitat:
Zitat von AndrewAustralien
Wie gesagt, du hast viele guten Punkte, aber nicht alle Fragen beantwortet, vor allem nicht darüber gesprochen, daß viele einander bekämüfen und das ohne die Truppen weiter tun würden.
Andrew, die Iraker haben vor der Invasion ihr Land zusammen gehalten, sie erzielen kleine Erfolge dabei unter der Besatzung (wobei die Besatzung sicherlich eine Hauptursache dafür ist, dass diese Erfolge nur kleine sind), und sie sind zweifellos auch ohne die Besatzer dazu im Stande.
Vor der Invasion litt das irakische Volk unter dem Hussain-Regime und den zahlreichen, drastischen Sanktionen, die seit dem zweiten Golfkrieg gegen das Land verhängt wurden. Nenne mir einen plausiblen Grund, weshalb nach einem Rückzug der Truppen beispielsweise wieder die verschwindend geringe Minderheit der Hussain-treuen Baathisten die Macht an sich reißen könnte, oder eine andere Minderheit dazu in der Lage wäre, sofern diese nicht wieder von außen in diese Position gebracht würde - ein Vorgang übrigens, bei dem die interventionistische Außenpolitik der USA beste Erfahrungen hat.
Die Gruppen teilen sich das Land auf, Andrew. Das haben sie im Ansatz unter Hussain gemacht, und sie machen es während der mittlerweile dreijährigen Besatzungszeit. Die Kurden dominieren bereits den Norden, und die Sunniten und Schiiten sind auch dabei einen Weg zu suchen. Ein Rückzug der Besatzer wäre dabei nur erleichternd.
Eine von außen erzwungene, gütliche Einigung und Einigkeit wird es nicht geben, so sehr du dir das wünschst. Das haben die letzten drei Jahre bewiesen, aber auch alle anderen der zahlreichen Bürgerkriege nach dem zweiten Weltkrieg, in den Drittmächte eingriffen.

Siehe Afghanistan. Dort gab es einen Bürgerkrieg; 1979 marschierten sowjetische Truppen in das Land ein. Sowohl der Westen, als auch die islamische Welt verurteilte diese Besatzung. Schnell wurde ein Stellvertreterkrieg daraus, in dem der Westen verschiedene, mehr oder weniger religiös-fanatische Gruppen der Mudjahedin unterstützte. Die USA unterstützten sowohl das damalige islamistische, pakistanische Regime und versorgten die afghanischen Mudjahedin-Kämpfer finanziell, zusammen mit Saudi-Arabien je zur Hälfe; die Gesamthöhe betrug mehrere hundert Millionen Euro jährlich. Auch lieferten sie eine Menge Waffen an die verschiedenen Islamistengruppen.
Das war übrigens noch eine Zeit, in der die islamistischen Mudjahedin-Kämpfer noch von allen westlichen Medien als Gotteskrieger nicht etwa scharf kritisiert, sondern glorifiziert wurden.
Zwischen 1988 und 1989 zogen die sowjetischen Truppen sich zurück. Danach ging der Machtkampf jedoch weiter; der Westen lieferte genügend militärische Mittel dafür. Noch bis 1995 dauerte der Bürgerkrieg an, und wir alle wissen, dass die radikal-islamischen Taliban als Sieger daraus hervorgingen und ab diesem Zeitpunkt ca. 90% des Landes kontrollierten.
Bilanz: ca. 1,5 Millionen Tote.
2001 wurden die Taliban gestürzt, aber zweierlei wurde für dieses Land damit sicher nicht erreicht: das Schaffen von Frieden und funktionierender Demokratie. Die Taliban sind keineswegs besiegt, sondern treiben weiterhin überall - von der Hauptstadt vielleicht abgesehen - ihr Unwesen. Afghanistan ist wieder deutlich führender Opium- und somit Heroin-Produzent, und darüber hinaus existieren über tausend (!) verschiedene, bewaffnete Gruppierungen im Land, die den unzähligen Warlords und Drogenbaronen als Privatarmeen dienen. Staatsform Afghanistans: islamische Republik.

Im Irak zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Die Besatzer haben von Anfang an eingesehen, dass sie über die Köpfe der Muslime hinweg sowieso keine Einigung und Einheit erzielen können, also solidarisieren sie sich mit ihnen. Die Verfassung ermutigt, wie gesagt, ausdrücklich auch die Teilhabe radikal-islamischer Gruppierungen am politischen Geschehen; die finanzielle Unterstützung, sowie die mit Waffen, fließt auch an Milizen, die sich aus eben diesen Gruppen rekrutieren. Staatform Irak: offiziell eine (islamische) Republik, faktisch eine Priesterverwaltung nach iranischem Vorbild. Demokratie, wie wir sie kennen? Fehlanzeige, ganz im Gegenteil: Nicht mal der Laizismus ist geblieben. Es gibt also keine Garantie dafür, dass am nicht absehbaren "Ende" nicht wieder eine Macht als Sieger da stünde, welche man ganz und gar nicht in dieser Position sehen wollte.
Hier gewinnst du einen kleinen Eindruck davon, was im Irak seit Beginn der Besatzung passiert. Hier ein Eindruck davon, wie das "Engagement" der Besatzungsmächte aussieht.
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Toktok ist offline  
Alt 04.04.2006, 14:16   #919
AndrewAustralien
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Darauf muß ich morgen oder Donnerstag antworten....
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Alt 05.04.2006, 13:40   #920
AndrewAustralien
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Beiträge: n/a
Zitat:
Zitat von Toktok
Andrew, die Iraker haben vor der Invasion ihr Land zusammen gehalten, sie erzielen kleine Erfolge dabei unter der Besatzung (wobei die Besatzung sicherlich eine Hauptursache dafür ist, dass diese Erfolge nur kleine sind), und sie sind zweifellos auch ohne die Besatzer dazu im Stande.
Ja, sofern jemand für Ordnung und Frieden sorgen kann. Könnten die Truppen das machen, würde es diese schon geben. Aber auch wenn sie es noch nicht geschafft haben, keiner könnte es sonst. Das hast du immer nicht erwähnt.

Zitat:
Vor der Invasion litt das irakische Volk unter dem Hussain-Regime und den zahlreichen, drastischen Sanktionen, die seit dem zweiten Golfkrieg gegen das Land verhängt wurden. Nenne mir einen plausiblen Grund, weshalb nach einem Rückzug der Truppen beispielsweise wieder die verschwindend geringe Minderheit der Hussain-treuen Baathisten die Macht an sich reißen könnte, oder eine andere Minderheit dazu in der Lage wäre, sofern diese nicht wieder von außen in diese Position gebracht würde - ein Vorgang übrigens, bei dem die interventionistische Außenpolitik der USA beste Erfahrungen hat.
Ein Grund wenn keine Gruppe von außen Hilfe bekäme: weil sie schon Lust auf Krieg haben und Waffen haben und die Authorität der Regierung ablehen.
Allerdings ist es schlimmer, viele bekommen Hilfe von außen, vor allem aus dem Iran.

Es wären nicht die Baathisten, die die Macht ergreifen könnten, nicht mehr, Saddams Regime war zu unbeliebt. Es könnte aber irgendwelche islamistischen Gruppen sein.

Zitat:
Die Gruppen teilen sich das Land auf, Andrew. Das haben sie im Ansatz unter Hussain gemacht, und sie machen es während der mittlerweile dreijährigen Besatzungszeit.
Unter Saddam konnten sie nichts sagen, sonst gab es die Todesstrafe und/oder Folterung.
Nun müssen sie wegen der Besatzung das Land aufteilen.
Viele wohlen Kontrolle über das ganze Land. Einer der Gründe für den Bürgerkrieg. Die wollen die "anderen" im Land kontrollieren und unterdrücken, denn die wollen nämlich eine Diktatur, keine freien Wahlen und keine demokratische Regierung.

Zitat:
Eine von außen erzwungene, gütliche Einigung und Einigkeit wird es nicht geben, so sehr du dir das wünschst. Das haben die letzten drei Jahre bewiesen, aber auch alle anderen der zahlreichen Bürgerkriege nach dem zweiten Weltkrieg, in den Drittmächte eingriffen.
Einer der Gründe, warum es noch nicht so weit ist. Sofern die Regierung diese schafft, dann wird es die geben. Die Regierung kann das noch nicht alleine schaffen.

Zitat:
Siehe Afghanistan.
Keiner hat eine demokratische Regierung dort erstellt und wirklich unterstützt. Wie du sagst, verschiedene Gruppen, vor allem Taliban, kontrollieren vielen Teile des Landes. Es müßte gezwungen werden, daß es keinen weiteren Bürgerkrieg gibt, daß der Staat seine Gewalt anwenden kann (Gewaltsmonopol) und daß es fredliche Wahlen für alle geben kann. Das wäre gar nicht einfach, wäre der einzige Weg. Im Irak könnte das evtl schneller passieren, ohne die Truppen würde es genau so wenig dort passieren wie in Afghanistan.

In deinen Links sieht man klar, was die Truppen/ihre Regierungen falsch machen und wie viele Opfer es bis jetzt wegen des Krieges gab. Gründe, warum ich dagegen war. Aber meine Fragen werden auch da nicht beantwortet: wie man sonst dafür sorgt, daß der Bürgerkrieg aufhört, daß es Frieden gibt, daß es einen normalen Staat gibt der das Land kontrollieren kann. Denn ohne das wäre es wie Afghanistan.
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