GlaubeLiebeHoffnung

Hallo zusammen,

ich bin neu hier und möchte gern einmal etwas loswerden, in der Hoffnung den ein oder anderen Gleichgesinnten zu treffen.

Ich (28) lebe seit einem Jahr in einer Beziehung. Zu Beginn war es wunderbar, die Schmetterlinge flogen nur so, doch mit der Zeit stellte sich der Alltag ein, und manche Schmetterlinge hörten auf zu fliegen.

Mein Partner lebt sehr zurückgezogen in einer eigenen Welt und ist für Gefühle so gut wie nicht empfänglich.Er spricht kaum über sich und wenn, dann nur über sein Hobby, darüber kann er stundenlang reden. Ich kann damit eigentlich nichts anfangen und ich verstehe auch nichts davon, aber ich höre mir das gerne an und fange jetzt auch an, darüber zu lesen und mich zu informieren, damit ich mich darüber mit ihm austauschen kann. Ich merke, dass ihm das wichtig ist, also überwinde ich mich, und beschäftige mich damit.

Wenn es jedoch um Gefühle geht, dann ist er stumm. Komme ich zb. gestresst von der Arbeit und hätte gern, dass mein Partner mich umarmt, dann muss ich das ganz klar und sachlich sagen. Lege ich eine negative Emotion hinein,weil ich sauer bin, dass er von sich aus nicht auf mich zukommt, zieht er sich zurück.Das ist für mich sehr anstrengend, weil es mich oft sehr verletzt, und ich oft den Wunsch habe, es müsste nicht alles von mir ausgehen.
Treffen wir uns in der Öffentlichkeit, dann schafft er es nicht, mich vor Menschen mit einem Kuss zu begrüßen, ja er geht dann so auf Distanz, dass er nur "Hallo" sagt und es keinen Körperkontakt gibt.Mittlerweile komm ich damit zurecht, denn die Freude, ihn zu sehen, überwiegt.

Gestern habe ich mit ihm eine Freundin getroffen, die Therapeutin ist.Ich hatte sie schon lange nicht mehr gesehen und wollte meinen Freund gern mitnehmen. Als ich sie heute nochmal traf, um etwas bei ihr abzuholen, da sagte sie mir, dass sie den starken Verdacht habe, dass mein Freund Autist sei.Wir sprachen sehr lange über die Krankheit und ich konnte den meisten Krankheitssymptomen zustimmen, weil ich es bei ihm genauso erlebe.

Meine Freundin gab mir den Rat, mich über diese Krankheit zu informieren und dann ihn noch bewusster wahrzunehmen, wo er wie reagiert und wie ich ihn am besten erreichen kann. Zudem sollte ich schauen, ob meine Liebe groß genug ist, diesen Mann zu tragen.

Ich bin auf der einen Seite dankbar und erleichtert, dass ich jetzt etwas greifbares habe, womit ich umgehen kann. Auf der anderen Seite habe ich Angst, dem ganzen nicht gerecht zu werden.
Ich möchte versuchen, die Liebe aufzubringen, diesem Mann eine gute Partnerin zu sein und weiterhin an seiner Seite zu sein, allerdings weiß ich nicht, wie ich das praktisch anstellen muss.

Vielleicht gibt es hier unter euch Menschen, die mir da weiterhelfen können.
Herzlichen Dank im Voraus!!

hoefti

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Valentino

Du scheinst ja auf einem guten Weg zu sein. Du gehst auf Deinen Partner zu und suchst Wege einer für beide Seiten befriedigenden Partnerschaft.

Dein Partner ist wie er ist. Sollte der Verdacht auf Autismus zutreffen ist daran nichts zu rütteln. Du kannst nur lernen damit umzugehen.

Fakt ist dass es möglich ist dauerhaft mit einem Autisten zusammen zu sein. Fakt ist aber auch dass das kein Spaziergang ist.

Informier Dich mal über den Begriff Asperger. Eventuell trifft es das etwas genauer.

leonora

Die Schwierigkeit im Zusammanleben mit einem Asperger ist, dass man immer völlig allein für die eigenen Gefühle zuständig ist.

Für andere selbstverständliche Dinge (sich melden, nachfragen, was los ist, wenn der andere "komisch" schaut, überlegen, wie der andere sich fühlen könnte, wenn man das eine oder andere (nicht) macht, kommen in dieser Welt nicht vor.

Eine typische Aussage ist z.B. "keine Nachrichten sind gute Nachrichten".

Auch wenn man etwas "einfordert", dann bedeutet das nicht, das der Aspie wirklich erkennt, welche Bedeutung dies für einen hat, er hat einfach keinen "Sinn" dafür

man kann "Regeln" formulieren, die dann (aus der eigenen Wahrnehmung heraus) "sklavisch" eingehalten werden, weil einem deutlich wird, dass es nicht "aus dem Gefühl" heraus passiert
während der Aspi sich nur, weil er etwas für einen empfindet, überhaupt auf diese Regeln und das Befolgen einlassen kann

Jede Kritik, jedes "drüber reden wollen" und erst recht Beschwerden führen zu Rückzug, denn das subjektive Gefühl auf der anderen Seite ist "jetzt bemühe ich mich schon so und jetzt ist es wieder nicht gut genug" bis hin zum Gedaken "sie hat einen Besseren verdient, logische Konsequenz, ich mache den Weg frei dafür".

Der Vorteil ist, ein Ja ist ein Ja und ein Nein ein Nein, und man kriegt kein Ja aus "Höflichkeit" oder "Taktik".

Es gibt (leider bisher nur englischsprachige) Literatur zum Leben mit Aspis, und auch Partnerforen, in denen sowohl Aspis als auch deren PartnerInnen schreiben.

Nur solltest du sehen, dass die meisten Aspis selbst keine Probleme damit haben (für sie ist die Welt "einfach" und nur die "anderen" sind "kompliziert")) und nicht wenige empfinden schon Gespräche über Asperger als lästig bzw. interpretieren die wieder als "nicht gut genug".

Dafür ist die Nähe, wenn sie stattfindet, dann wieder etwas ganz Besonderes

Ich wünsche dir viel Kraft
leo

drachentoeter

Da habe ich mal nachgesehen - ja, ich bin auch ein Aspi!

Die Schilderung über das Wesen deines Freundes kommt mir bekannt vor.
Ich sehe darin aber keinerlei Hinweis auf eine "Erkrankung". Liest man einschlägige Literatur, ist jeder krank.

Ja, er spricht nicht über Gefühle, er zeigt sie nicht in der Öffentlichkeit.
Das kenne ich von mir.

Männer sprechen nicht so gern über Gefühle, außer, sie wollen damit etwas Bestimmtes erreichen. Das soll gut bei Frauen ankommen.

Wenn Frauen mich in der Öffentlichkeit küssen, dann werte ich das als
deutlichen Hinweis auf das Umfeld, zu wem ER gehört. Denn sonst
hat sie es mit dem Küssen nicht so.

Dein Freund hat somit Eigenarten, die dir nicht gefallen. Das ist dein Problem.
Du hättest ihn gern anders. Es ist doch nicht so, dass er mit dir nicht redet,
nur eben das Falsche. Du interessierst dich nicht für sein Hobby. Normal.
Er dafür nicht für deine Welt.

Ja, das passt nicht zusammen, ist aber nicht krankhaft.

Time2bcool

Ganz ehrlich? Ich würde mich im Zweifelsfall immer daran halten, ob das Verhältnis "Geben:Empfangen" ausgeglichen ist. Unberücksichtigt der Störung. Andernfalls wird das ein Opfergang

ist

Hallo

Du sollst diesen Mann nicht "tragen". Du sollst Dich selbst tragen. Gerade dann falls er wirklich Autist sein sollte.

Sei für Dich da und nicht für ihn. Du machst das schon gut das Du Dich mit Freundinnen triffst. Gehe hinaus, lebe Dein Leben und lasse ihm sein Leben. Du kannst ihn nicht heilen, das ist auch nicht Deine Aufgabe.

Kümmere Du Dich um Dein Leben, nicht um sein Leben. Er kümmert sich auch um sein Leben.

Indem Du nicht versuchst für ihn eine gute Partnerin zu sein, sondern für Dich selbst eine gute Partnerin bist.

Es versuchen so viele den Partner zu heilen, zu ändern und so weiter. Das klappt nicht. Nach spätestens 10-20 Jahren geht ihnen die Kraft und Liebe aus. Das beste für eure Beziehung ist es wenn Du für Dich da bist und nichts von ihm erwartest und ihm auch nicht versuchst eine gute Partnerin zu sein.

paula28

Einige gute Tipps wurden hier ja schon gegeben.
Allerdings ist das doch ein gravierendes Problem, falls Dein Partner Autist oder Asperger sein sollte.
Nach einer gewissen Zeit des Zusammenlebens spürt man das, wie man mit so jemand immer wieder an seine eigenen Grenzen kommt. Und sei es einfach "nur" dieses konsequent vorhandene mangelnde/fehlende Einfühlungsvermögen, was dieser Mensch hat.

Wobei ein intelligenter Asperger durch seine Intelligenz im Laufe seines Lebens automatisch versuchen wird, durch viele andere Interaktionen, doch relativ gut in seiner Umgebung und in seinen Beziehungen zurechtzukommen. Dadurch kann er sein Defizit etwas ausgleichen, allerdings nicht beheben!!

Seine Interessenlosigkeit an den vielen Facetten des Lebens beispielsweise schlagen einem allerdings schon sehr aufs Gemüt. Dieser enorme Mangel an Empathie.
Trotzdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass diese "Eigenheiten" immer bleiben. Du wirst sein "Defizit" in Gefühlsdingen immer spüren.

Allerdings, wie leonora schrieb, wenn du sein "Herz" erobert hast, dann spürst du sein Vertrauen, seine Liebe, vor allem beim Sex mit "so jemand", dass du dich wunderst.

Sicher, wie Ist schon sagte, man sollte grundsätzlich immer bei sich bleiben, sich nicht abhängig machen von seinem Partner, seinen Launen. Das ist durchaus ein guter Tipp fürs ganze Leben.

Wenn du mit deinem Freund zusammen bleiben wirst, wirst du seinen Mangel an Einfühlungsvermögen, wie auch immer dies gelagert sein sollte, immer spüren und solltest damit selber "gut" zurechtkommen können. Denn er wird dich darin nicht verstehen und kann dir somit nicht weiterhelfen.

leonora

Ja, nur dass so jemand dann dafür seine ganze Kraft verbracht, z.B. im Beruf und anderen "notwendigen" Sozialkontakten und zu Hause dann endlich mal "frei" haben will - und wenn dann der Partner/die Partnerin jetzt "auch noch" das fordert, dann wird das als Anstrengung bis Zumutung erlebt, als permanente Überlastung

paula28

Ja das ist so.

So jemand versucht sowieso, sich ohne Ende anzupassen, gut zu sein, auf Teufel komm raus. Selbstverständlich will so jemand auch nie seine Beziehung einfach so aufgeben. Er wird dann lieber eine Zeitlang "durch die Hölle" gehen, bevor er kapituliert.
Das ist eben erstaunlich.

Sicher kommt das auf die allgemeine Intelligenz an.
So wie ich das verstanden habe, ist diese bei Autisten angeblich nicht so hoch.(?) Natürlich kann man nicht einen Menschen mit irgendwelchen Diagnosen abstempeln. Aber man merkt es, im Zusammenleben, ob jemand so oder so ist.
Und wenn man einschätzen kann, das jemand nicht "ausreichend intelligent" ist, wird man sowieso das Urteil fällen und selber diese Beziehung beenden. Weil man mit so jemand einfach gar nicht klar kommen kann.

@ GLH
Will dein Freund sich denn von dir trennen?
Was sagt er denn zu Deinen Wünschen und Forderungen, die du an ihn stellst?

GlaubeLiebeHoffnung

Hallo Paula28,

nein , nein, mein Freund möchte sich nicht von mir trennen. enn es nach ihm geht, dann würden wir unser ganzes Leben miteinander verbringen.
Zu meinen Wünschen steht er zweigeteilt: einerseits möchte er sie am liebsten alle erfüllen, andererseits kann er nicht raus aus seiner Haut und ist letztlich stärker, so dass ich meistens nachgeben muss.
Gestern hat er mir eröffnet, dass er gern hätte, wenn ich zu ihm ins elterliche Haus ziehe. Da ich aber grad erst mit jmd zusammengezogen bin, geplant für 2 Jahre, hab ich ihm auch eine Absage erteilt. Ich fände es auch nicht förderlich, wenn wir jetzt zusammenziehen würden.