Durch Liebesgeständnis alles zerstört (Achtung: Lang)

Spätzuender · 29.05.2013, 09:48

Guten Tag,

die Geschichte wird ein wenig komplizierter, ich hoffe ich finde hier gute Ratschläge, da ich im Moment sehr am verzweifeln bin. Zuerst einmal zu mir: Ich bin Mitte 20 und habe bisher noch keine Beziehung erlebt und meine Erfahrung mit Frauen hält sich wohl in Grenzen. Ich hatte zwar Möglichkeiten, doch hat mich das bis jetzt nie interessiert. Bisher hatte ich mein Leben hauptsächlich mit Kiffen und Computer verbracht, obwohl ich behaupten möchte, grundsätzlich kein hässlicher oder unintelligenter Kerl zu sein. Das ich aus dem Elternhaus sehr wenig (keine) Liebe bekommen habe, mag wohl mit eine große Rolle spielen.

Vor etwa 8 Monaten bin ich zufällig an einen alten Bekannten geraten. Dieser hat einen sehr "dubiosen" Bekanntenkreis, durch welchen ich an ein Mädchen mit Borderline (Diagnostiziert inkl. Selbstmordversuch und Psychiatrieaufentalt) geriet und mich - wie sollte es anders sein - komplett vereinahmen ließ. Nennen wir sie Annika. Wir hatten keine Beziehung, vermutlich auch mir geschuldet, da ich sie mit ihren 18 Jahren und ihrer Zahnspange von Anfang an als kleine Schwester betrachtet habe - was ich ihr auch mitteilte. Anfangs hat sie mir unheimlich gut getan - wir sind zusammen weg, sie hat mich neu eingekleidet, Friseur, das komplette Programm eben und ich kam zum ersten mal im Leben aus mir heraus.

Diese Dame sollte jedoch aktuell nicht das Problem sein, denn sie hat eine wunderschöne und hochintelligente Freundin (ebenfalls Borderline, diagnostiziert, auch Psychiatrieaufenthalt hinter sich), welche ich hier Beatrix (20 Jahre alt) nennen werde. Diese war stets für mich da, wenn ich mit der ersteren meine Probleme hatte, bis es schliesslich zum kompletten Kontaktabbruch mit Annika durch unmögliche Aktionen kam und ich zusätzlich diesen dubiosen Freundeskreis verlassen habe.

Folglich habe ich sehr viel mit Beatrix unternommen. Sie ist sehr selbstreflektiert, in Behandlung und hat sich auch im Griff. Dennoch hat natürlich auch sie ein unheimlich vereinnahmendes Wesen und mir von Anfang an sehr viel anvertraut - was auch auf Gegenseitigkeit beruhte. Es ging alles sehr schnell, innerhalb von nur 3 Wochen war ich hals über Kopf in sie verliebt. Wir sind zusammen ins Theater (einer der wunderschönsten Abende meines Lebens) und sie hat mich richtig zum aufblühen gebracht. Ich habe ihr öfter Komplimente gemacht und es gab viele Situationen, wo ich ein Knistern gespürt (mir eingebildet?) habe. Gleichzeitig habe ich sie jedoch jede Sekunde, wo sie nicht da war, abgrundtief vermisst.

Eines Abends hatte ich bereits einige Bier intus (besonders, weil ich sie vermisste, was sie jedoch nicht wusste - sie dachte stets es wäre ihre Freundin daran schuld). Genau an diesem Abend ging es ihr weniger gut und sie wollte von sich aus zu mir - mit den Worten "Ich wäre heute bei keinem anderen Menschen lieber als bei dir". Vielleicht sollte man noch erwähnen, dass viele Ihrer Beziehungen laut ihrer Freundin angeblich dadurch entstanden, dass ihnen Kerle das Herz ausgeschüttet haben.

Auch wenn es keine besonders gute Stimmung war (wir hatten davor noch einige weniger schöne Themen besprochen), musste ich es ihr einfach sagen. Der Alkohol war wohl mit daran Schuld. Also schaute ich sie an und sagte ihr "was wäre, wenn ich mehr als Freundschaft empfinde?". Daraufhin sah ich nur noch ein sehr schmerzverzerrtes Gesicht und sie wurde unglaublich traurig und wäre am liebsten nur noch geflohen. Auf meine Bitte, doch noch da zu bleiben und darüber zu reden, ist sie noch geblieben und hat mir sehr einfühlsam und liebevoll versichert, dass sich nichts zwischen uns ändern wird.

Bereits am nächsten Tag (Ja, ich weiß es im Nachhinein, Fehler Nr. 2) habe ich sie wieder angeschrieben. Sie hat auch sofort geantwortet und versicherte mir, dass ich sie stets anrufen oder anschreiben kann. Sie sagte, sie könne es verstehen, wenn ich erstmal "6 Monate oder so" auf Abstand gehe, doch ich entgegnete ihr, dass ich vorerst nur schreiben und ab und an telefonieren möchte, bis ich die Aufregung abgelegt habe. Sie sagte, sie sei eben nicht "die richtige für mich" und auch, dass sie derzeit überhaupt keine Beziehung suchen würde - das könne sie ja in 5 Jahren machen.

Nun, sie arbeitete derweil an ihrem Abitur und hatte wohl auch einiges um die Ohren. Nichtsdestotrotz ging es ihr in den nächsten Tagen extrem schlecht. Sie ging nicht in die Schule und muss eine sehr schlimme Phase durchlebt haben. Davor hatte sie solche Themen immer offen mit mir besprochen, doch nun merkte ich, dass sie (vermutlich um mich zu schützen) lügt und behauptet, es liege nicht an mir. Dennoch war sie stets für mich erreichbar, wobei ich versucht habe, sie nur einmal die Woche zu kontaktieren.

Leider konnte ich den Kontakt nicht wie davor fortführen, denn das hätte mir sehr geholfen, die Beziehung zueinander aufrecht zu erhalten. Doch dadurch, dass ich sie nur einmal die Woche gesehen habe, wuchs der Kummer und meine Gedanken drehen sich bis jetzt nur darum, wie ich es zerstört habe. Jedes mal, wenn sie kurz da war, konnte ich die Nacht nicht schlafen und war noch einige Tage extrem Down. Die nächsten Wochen - insbesondere während des Abiturs - wurde ich immer mehr ignoriert. Obwohl ich mich nur einmal die Woche meldete, wurde erst einen Tag später geantwortet, mit etwas komischen ausreden. Ich schreibe ihr, sie kommt online, ist sofort wieder offline und schreibt mir am nächsten Tag "Sorry, erst jetzt gelesen".

Nun musste ich am Samstag durch eine Freundin von ihr erfahren, dass sie einen neuen Freund hat, der sogar noch etwas älter als ich ist. Ich habe ein sehr ehrliches Telefonat mit ihr geführt, wo sie dies auf meine Nachfrage bestätigte. Außerdem merkte ich bei jedem treffen, dass sie nach kurzer Zeit relativ hektisch gegangen ist. Sie gestand mir dabei ehrlich, dass dies wohl auch ihrer Krankheit geschuldet ist, dass sie es oft nicht lange bei Leuten aushält und noch viel weniger in größeren Gruppen.

Am nächsten Tag besuchte besagte Freundin sie und eigentlich wollten sie auch einen Abstecher zu mir machen. Nach dem langen und ehrlichen Telefonat vom Samstag war mir jedoch schon klar, dass sie absagen wird. Folglich hat sie mir am Sonntag gesagt, sie können nicht vorbei kommen da ihre Freundin nur kurz da sei und sie noch einige "Frauensachen" zu bequatschen hätten.

Daraufhin habe ich ihr gesagt, dass ich sie sowieso bitten wollten, nicht zu kommen (was auch stimmte). Ich sagte ihr, dass ich nun etwas Zeit für mich brauche und auch noch einiges auf die Reihe bekommen muss.

Ich weiß, dass ich zwingend Abstand brauche und den Kontakt abbrechen muss. Leider geht sie mir kaum noch aus dem Kopf, da ich noch niemals auf so ein intelligentes, bezauberndes, hübsches, talentiertes und einfühlsames Lebewesen gestoßen bin. Ständig kreisen sich meine Gedanken, was hätte sein können, wäre ich nicht so tollpatschig vorgegangen.

Ich weiß, dass mit Borderline nicht zu spaßen ist. Ich hatte auch rückblickend das Gefühl, ihr neuer "Weißer Ritter" gewesen zu sein und mache mir schon Vorwürfe, sie nun in die Arme eines anderen getrieben zu haben, der nun diese Rolle einnimmt. Leider fühle ich mich wie ein Süchtiger, der komplett auf Entzug ist.

Ich versuche mich bereits abzulenken, kontaktiere Freunde, zu denen der Kontakt abgebrochen ist, mache Sport (Kraftsport, Basketball) soweit es nur geht und versuche mir so oft es geht, positive Gedanken zu machen. Manchmal hilft es doch oft habe ich einfach nur noch einen Zusammenbruch.

Seit 2 Wochen habe ich sie nun nicht mehr gesehen und nach dem Telefonat vor einigen Tagen habe ich sie auch auf Facebook unsichtbar gestellt. Ich kann nichtmals mehr ihren Namen oder ihr Bild im Chat ertragen.

Langsam merke ich auch, wie es mir besser geht, umso weniger ich an sie denke und mich ablenke - denn die letzten Monate waren insgesamt, auch mit Annika davor, die absolute psychische Hölle. Mir ist auch bewusst, dass ich womöglich nur auf der "Freundesschiene" war oder - noch schlimmer - nur ein weiterer "Weißer Ritter" war. Mir ist auch bewusst, dass ich mich vermutlich gerade wie ein Teenager bei seinem ersten Liebeskummer aufführe - bei mir ist der Name eben Programm

Ich habe nun angst, dass diese Schmerzen niemals ganz weg gehen. Dass ich weiter im Gedankenstrudel stecken bleibe. Viele Freunde sind schon völlig genervt von mir und in der Familie kann ich seit jeher nicht darüber sprechen. Sie fehlt mir, insbesondere ihre einfühlsame Art. Den Gedanken an ihren neuen Freund versuche ich so weit es geht wegzuschieben, denn daran würde ich komplett kaputt gehen.

Eigentlich bin ich ein sehr netter und einfühlsamer Kerl, schaffe es jedoch leider (oder gerade deswegen) nicht, Gefühle bei Frauen zu erwecken. Ich weiß auch, dass keine Frau einen Mann mit niedrigem Selbstbewusstsein möchte, da es schlicht nicht anziehend ist. Das soll wirklich kein Vorwurf an die Frauen sein alá "warum will keiner so einen lieben Kerl", denn ich weiß, dass das nur Blödsinn ist. Ich glaube, Frauen wollen einfach einen selbstbewussten, ehrlichen, liebevollen und - in den richtigen Momenten - gefühlvollen Mann. Doch besonders am ersten Punkt (Selbstbewusstsein) bin ich völlig am verzweifeln, da es wie ein Teufelskreis ist. Außerdem fasse ich viel zu schnell Vetrauen in eine Frau, was darin endet, dass sie eher mein Kummerkasten (und umgedreht) ist, als dass echte Anziehung entstehen könnte. Ich habe so langsam dieses mulmige, hoffnungslose Gefühl, dass ich ewig alleine bleibe.

Naja, es hat mir jedenfalls schon mal gut getan, es nieder zu schreiben und ich bin für jeden Ratschlag oder ein aufmunterndes Wort dankbar.

bychance · 29.05.2013, 10:42

Hallo Spätzünder,

erstmal: Kopf hoch und tapfer bleiben!

Kompliziert ist die Geschichte aber eigentlich nicht, nur für dich sehr unglücklich.
Ich fand ihr Verhalten dir gegenüber auch nicht wirklich Borderline-spezifisch, sondern relativ normal (hab aber auch keine Erfahrung mit der Krankheit).
Dass sie nach deiner "mehr als Freundschaft"-Anfrage distanzierter wurde, kenn ich auch von mir selbst. Es ist halt eine blöde Situation. Man will dem Gegenüber keine Hoffnung machen, hat Angst, dass er irgendwas falsch interpretiert, hat die ganze Zeit das Gefühl, dass er einen doch irgendwie rumkriegen will. Sowas ist anstrengend und deshalb zieht man sich automatisch immer mehr aus der Freundschaft raus.

Dieses ganze "Ich will keinen Freund" darfst du eh nie ernst nehmen. Wenn ich Single bin, hab ich auch nie Bock auf einen Freund, sondern find mein Leben super. Ich merke erst, dass ich einen will, wenn ich mich verliebe. Und das ist ihr wohl nicht bei dir passiert, sondern bei dem Anderen.

Mach dir also nicht allzuviele Vorwürfe. Klar, war dein Liebesgeständnis nicht unbedingt glücklich. Das nächste Mal versuch lieber direkt, sie zu küssen.

Davon abgesehen stelle ich mir eine Beziehung zu einer Borderline Erkrankten mehr als schwierig vor - vielleicht wirst du auf lange Sicht sogar ganz froh sein, dass dir das erspart geblieben ist.

Halte auf jeden Fall weiterhin die Kontaktsperre durch und halte den Schmerz aus, bis er weg ist - und das wird er irgendwann sein. Wenn du schon erkannt hast, dass dein größtes Problem das Selbstbewusstsein ist, dann hol dir entsprechende Literatur und arbeite daran. Damit tust du was für dich und kannst dich ein bisschen ablenken.

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