Belakor

Hallo.

Habe mal gedacht ich erzähle ein bisschen über meine vergangenen Jahre.

Nun denn...

Meine Kindheit und Jugend ist an sich normal verlaufen. Die Gegend, Freunde und Familie um mich herum haben mich nie auf irgendwelche schiefe Bahnen gesteuert bzw. ich habe selbst rechtzeitig die Bremse gezogen.
Meine Probleme, welche im Prinzip meine komplette Entwicklung beeinflusst haben, sind komplett anderer Natur: Übergewicht.

Es fing mit 12/13 Jahren an und steigerte sich bis zu meinem 16. Lebensjahr auf 135 Kg bei 1,87m Körpergröße. Kinder und Jugendliche sind nunmal sehr auf das äußere fixiert und be-/verurteilen jemanden recht schnell danach - so auch mich.

Soweit ich zurückdenken kann wurde ich herablassend behandelt; von Jungs und eben auch von Mädchen. Im Sportunterricht war ich immer einer der letzten die in die Teams gewählt wurden und kein Mädchen wollte was von mir - bis auf eine. Als ich 14 war, habe ich mich in sie verliebt und bin die Sache etwas forsch angegangen, was mir letztlich eine Abfuhr einbrachte.
Mit vielen Jungs hatte ich Streitereien und mir wurde oft das Bein gestellt, ich wurde herumgeschubst, ausgegrenzt und ich habe mir alberne Klassenclown-Aktionen ausgedacht, um Anerkennung in irgendeiner Form zu bekommen.

Mein Klassenlehrer, gleichzeitig auch Mathe- und Sportlehrer, hat mich in der 9.Klasse zum Schulpsychologen geschickt. Ich war jedoch zu diesem Zeitpunkt derart introvertiert und voller Hass, dass niemand an mich herankommen konnte. Von Zeit zu Zeit wurde das Fass zum Überlaufen gebracht, nachdem ich Monate zuvor ruhig war und kommentarlos eingesteckt hatte. Ich erinnere mich noch sehr gut, dass mich 3 Klassenkameraden festhalten mussten, da ich sonst auf einen anderen losgegangen und mit Sicherheit bis zur Bewusstlosigkeit auf ihn eingeprügelt hätte. Heute bin ich sehr dankbar, dass ich davon abgehalten wurde.

Ein andermal wurde mir im Sportunterricht die Hose heruntergezogen und ich wurde von allen ausgelacht. Ich habe minutenlang herumgeschrien, jedoch habe ich niemanden angefasst. Anschließend bin ich aus der Sporthalle gerannt, wobei mich mein Sportlehrer (inzwischen ein anderer, da ich die 9. Klasse wiederholt habe) davon abhalten wollte. Er hatte nach einem kurzem Gespräch Verständnis für meine Situation und ließ mich letztlich nach Hause gehen. Er war es auch, der mich danach motivierte, Sport zu treiben. Immer wieder spornte er mich an und behandelte mich nicht herablassend, sondern auf Augenhöhe, als würde er in mir Potential erkennen. Zum ersten Mal hatte ich im Zeugnis eine 2 in Sport, zuvor sonst immer eine 5 oder 6.

Um hier die Schulgeschichten abzukürzen: Seit dem zweiten Durchgang der 9. Klasse, das war im Jahr 2009, treibe ich regelmäßig Sport und konnte zusätzlich durch eine Ernährungsumstellung bis Ende 2010 ca. 45 Kg abnehmen. Zudem habe ich auf meine erste Bewerbung bei einem namhaften Chemiekonzern eine Zusage für eine Ausbildung erhalten.

In den Folgejahren habe ich immer wieder alte Klassenkameraden getroffen die kaum gefasst haben, wie ich mich entwickelt habe. Manche standen eine halbe Minute lang sprachlos da oder haben mich nicht erkannt.
Meine nächsten Jahre waren geprägt von Training, Ausbildung und Operationen - denn ich habe mir eine Gynäkomastie (krankhafter, pubertätsbedingter Brustanwuchs bei Männern) in insgesamt 3 OP's entfernen und eine symmetrische Brust formen lassen. Im Großen und Ganzen konnte ich mir durch das Training einen durchtrainierten und muskulösen Körper erarbeiten, zudem habe ich Narben immer gut gepflegt und habe diese auch teilweise übertätowieren lassen. Seit Ende 2010 wiege ich 91 Kg bei 1,94m Größe (KFA aktuell bei ca. 11-12%).

Die ganze Zeit über hatte ich jedoch nie eine Freundin - nicht mal annähernd. Mich haben jedoch Frauen, seitdem ich nun einen anderen Körper hatte, ganz anders angeschaut. Ich wusste und weiß damit bis heute kaum umzugehen, zudem hatte ich lange Zeit psychische Blockaden.

Irgendwie ist es 2012 dann doch geschehen, denn SIE hat sich an mich herangeschmissen und ich war auch dazu bereit, es zuzulassen. Sie hat sich eines Samstagabends, als wir in einer Clique zusammen in der Alstadt feiern waren, bei einem ruhigen Song in einem Club an mich rangedrückt und mich einfach nicht mehr losgelassen.
Am Sonntagabend haben wir dann stundenlang geschrieben, bis sie irgendwann vorgeschlagen hat, dass ich doch zu ihr rüber kommen kann (ca. 3 Km entfernt). Ich war total planlos und nervös, habe mich aber kurz geduscht und bin rüber. Zu dem Zeitpunkt und noch bis einen Monat danach war ich Jungfrau. Wir lagen irgendwann in ihrem Bett und haben geredet, während wir uns langsam annäherten. Ich habe mich kaum getraut sie irgendwo auch nur zu berühren, war komplett verklemmt. Wir waren bis 5 oder 6 Uhr morgens wach und waren letztlich uns am unterhalten, am kuscheln und einmal hat sie versucht mich zu küssen, wobei sie gemerkt hat dass das zu viel für mich ist zu diesem Zeitpunkt. Die Wochen und Monate danach waren unglaublich schön... diese Kennenlernphase, Zärtlichkeiten, der erste richtige Kuss, der erste Sex, das war alles komplett neu für mich - mit 19 damals. Leider war es dann nach ca. 8 Monaten vorbei. Es war ein nötiger Schlussstrich meinerseits, habe aber viel daraus gelernt und denke trotzdem noch gerne zurück.

Nach der Trennung war ich die 1,5 Jahre bis heute viel zu sehr beschäftigt mich abzulenken - egal wie. So bin ich die Bauchstraffung angegangen, habe meine Ausbildung vorzeitig abgeschlossen und mich in meinem Betrieb eingearbeitet, mir ein Auto gekauft und meine Ernährung und das Training sehr verschärft, um mehr Fortschritte zu erzielen. Jedoch habe ich mich die ganze Zeit sehr nach Liebe gesehnt. Ich habe seitdem ein Mal nach einer Party etwas mit einer Freundin gehabt (kein Sex), wobei das unsere Freundschaft zerstört hat. In meinem Freundes-/Bekanntenkreis sind seitdem einige Frauen, aber man trifft sich zum Feiern oder für Unternehmungen als Truppe, aber mehr auch nicht.

Versteht mich nicht falsch - ich will kein Womanizer sein oder werden. Oftmals denke ich über Sinn und Unsinn des Ganzen nach: Wieso sollte ich mein Leben, mich als Mensch oder sonstwas nach meinem Beziehungs- bzw. Sexualleben beurteilen? Bin ich dazu verdammt diesen gesellschaftlischen Zwang nachzukommen irgendwann sesshaft zu werden, meine Erfahrung bis dahin gesammelt zu haben und mich mit Mitte 40 scheiden zu lassen, wie auch meine Eltern? Einerseits quält mich die Einsamkeit oft, wenn ich von der Schicht oder vom Training nach Hause komme und niemanden habe, dem ich meine Aufmerksamkeit und Liebe schenken kann. Jemanden auf Augenhöhe, gleichwertig, mit in etwa den gleichen Wertevorstellungen. Jemand, von dem ich lernen kann und der mir das Gefühl gibt, dass der Weg bis zum Sterbebett mehr sein kann als das, was ich mir im Vorhinein schon als stupiden, gesellschaftlichen Zwang vorstelle.

In diesem Sinne... ich gehe mal ins Fitness-Studio. Musik an, Welt aus.

Würde mich interessieren ob hier jemand vielleicht etwas Ähnliches durchlebt hat.

Gruß Belakor

hoefti

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AlextheMADCAT

Erstmal gratulation zum abnehmen usw. Das sind wichtige Schritte.
Was ich denke was jetzt fehlt ist noch die geistige Entwicklung. Du konzentriest dich sehr auf deinen Körper (was ich bei deiner Geschichte verstehen kann). Nur bleibst du wahrscheinlich tief drinne der Junge der gemobbt wird.
Frauen (außer vielleicht für ne schnelle Nummer) bekommt man allerdings nicht nur über den Körper (willst ja auch nicht nur jemandne zum Poppen^^), sondern du musst auch geistig anders werden.
Nicht Womanizer aber halt dein neues äußeres auch verinnerlichen.
Sage dir selbst was du geschaffst hast, wie weit du gekommen bist. Versuche dies auszustrahlen.

Hört sich nach allgemeinplätzen an ich weiß, aber vielleicht verstehst ja was ich sagen will.
Wünsche jedenfalls noch viel Erfolg weiterhin! hast ja schon gut was geschafft

Zu deinen Fragen: Du sollst dich nicht danach beurteilen. Das halte ich für falsch. Aber warum sich auf der anderen Seite was vormachen. Du willst ne Freundin, du willst Liebe Sex etc.
Ist normal und sollte man auch nciht in Frage stellen find ich.

DMS

Ich will dir hiermit meinen allergrößten Respekt für deine Entwicklung aussprechen!

Tut mir echt leid, dass du so viel durchmachen musstest und anscheinend haufenweise oberflächlichen Idioten begegnet bist.
Einer meiner besten Freunde hatte auch seine 150 kg auf 1,90 m. Auf seiner Beerdigung waren trotzdem locker 200+ Leute. Musste sogar 2 Kränze bestellen weil so viele meiner Freunde namentlich auf der Schleife vertreten sein wollten, dass es sich auf einer vom Platz her nicht ausgegangen wäre.

dunkle jane

und wenn du adonis wirst, das wird deinen seelenhunger nicht stillen. ich habe auch fast 30kg abgenommen aber ich fühle mich nicht anders. mit anfang 20 stellt man sich eh die basic fragen im leben. in 5 jahren denkst du gar nicht mehr dran. aber was meinst du, reicht es eine schöne hülle zu haben wenn die seele verletzt ist?
ich wurde auch immer zuletzt in die teams gewählt aber hatte immer den ehrgeiz es ihnen zu zeigen. ich brach dabei leider ner schulfreundin einen finger, weil ich zu straff warf. ich habe immer um eine 2 in sport gekämpft, weil ich durch mein dick sein eben belächelt wurde. dadurch bekam ich respekt-ok dadurch bekam ich auch keinen freund.

belakor, du hast alles getan um beachtet und geliebt zu werden-optisch-. es ist dir gelungen aber nun merkst du, es interessiert deine seele überhaupt nicht.
man hat immer nur das ganze gesehen, früher dick, heute sportlich. man hätte dir mal nur in die augen schauen sollen. ich finde es schön, dass sich deine psyche meldet, dass sie nicht nachkommt.
durch deinen sport hast du etwas, was dich planbar und machbar glücklicher machen kann. du bist du, egal wie viele muskeln du hast. aber das weißt du und wirst sicher deinen seelenfrieden finden.

YoungGentleman

Das klingt nach einer tollen Entwicklung, körperlich auf jeden Fall!
Meinen Respekt, viele wagen nicht einmal den ersten Schritt gegen ihr Übergewicht, sondern nehmen es einfach so hin aber beschweren sich darüber.

Wie die Anderen richtig andeuten musst du mehr an deinem Inneren arbeiten. Hinsichtlich deiner Mobbing-Vergangenheit wäre vielleicht auch eine Therapie zu erwägen.
Ansonsten solltest du alles daran setzen, mit dir selbst im Reinen zu sein bzw. zufrieden zu sein - ganz ohne Beziehung und Sex, das kommt dann meist später von allein.